Die Geschichte des Hotel-Restaurants in Nümbrecht-Marienberghausen reicht, wenn man es historisch ganz genau nimmt, 216 Jahre zurück.
FeierSeit mehr als 200 Jahren besteht der Nümbrechter Familienbetrieb „Zur alten Post“
Auf der Straße vor dem Hotel-Restaurant „Zur alten Post“ in der Nümbrechter Ortschaft Marienberghausen steht am Samstag ein großes Zelt. Stühle und Tische säumen den Platz vor der Gaststätte. Die Musikkapelle aus Marienfeld, aus dem benachbarten Rhein-Sieg-Kreis, bereitet sich auf ihren Auftritt im Rahmen eines Beerchhüser Kaffeeklatsches vor. Einige Gäste haben es sich bereits im Biergarten in der Sonne gemütlich gemacht.
Die Feierlichkeiten, die den Charakter eines kleinen Dorffestes haben, sind Teil des Jubiläumsjahres zum 200-jährigen Bestehen der „Alten Post“, erklärt Inhaber Reiner Schmidt. Dabei reicht deren Geschichte, wenn man es historisch ganz genau nimmt, 216 Jahre zurück. Man habe das 200-Jährige schon länger feiern wollen, die Vorbereitungen seien jedoch aufwendig gewesen, und dann kam Corona. „Aber in diesem Jahr ist es endlich so weit“, sagt Schmidt.
„Alte Post“: Mithilfe des Nümbrechter Archivs eine Jubiläumszeitung erstellt
Gemeinsam mit Hartmut Benz hat die Familie eine Jubiläumszeitung erstellt. Auf 14 Seiten können die Gäste die Geschichte des Familienbetriebs in Marienberghausen nachlesen. Dafür hat Benz im Archiv der Gemeinde Nümbrecht nach Informationen zur „Alten Post“ gesucht. Auch im Kirchenbuch wurden Einträge gefunden. Demnach ist die Jahreszahl 1808 als Beginn des Familienbetriebes anzusetzen. Damals eröffnen der Kaufhändler Wilhelm Stöcker und seine Frau, eine Gastwirtin aus Marienberghausen, die „Stöcker-Gaststätte“. „Wir heißen zwar heute alle Schmidt, aber unsere Vorfahren hießen Stöcker“, berichtet Reiner Schmidt.
1949 folgte der erste Eigentümerwechsel. Die ehemalige Dorfkneipe und Postagentur wird jeweils zur Hälfte auf Hermann Stöcker und Witwe Emmi, geborene Stöcker, umgeschrieben und auch zur Fremdenpension. 1953 kostet eines von insgesamt drei Betten im Gasthof „Zur Post“ zwei D-Mark. Hermann Stöcker ist im Hauptberuf Postbote und bis 1955 im Dienst – „bis die Ära der Poststation endete“, heißt es in der Jubiläumszeitung. Bis 1962 führt „Oma Hilde“ Stöcker die Dorfwirtschaft, die ein zentraler Ort für viele Vereine ist, ehe sie von der nächsten Generation – von Lindi und Gerhardt Schmidt – übernommen wird.
Vereinslokal des Männergesangvereins Marienberghausen
Die „Alte Post“ wird zum Vereinslokal des Männergesangvereins Marienberghausen und ist es bis heute. Gerhard Schmidt arbeitet zusätzlich als Modellschreiner bei der Firma Kampf. 1969 bauen er und seine Frau die Dorfkneipe zu einem Hotel um – mit Bundeskegelbahn, Fernsehraum und Seminarraum. Die Kegelbahn lockt zahlreiche Clubs nach Marienberghausen. Dafür wird das Gebäude auch baulich erweitert. Ein Jahr später können sechs Doppel- und drei Einzelzimmer vermietet werden. Heute kann die Familie auf über 50 Jahre Hotelbetrieb zurückblicken, heißt es in der Festschrift.
Nur zwei Jahre später, 1972, werden zwei weitere Doppel- und fünf Einzelzimmer angebaut. Darüber hinaus entsteht ein Tanzsaal. In diesen Saal hat auch ein Klavier der Familie Stöcker seinen Platz gefunden, um das sich viele Geschichten ranken. So spielte der Komponist Engelbert Humperdinck (1854–1921) häufig auf diesem Klavier, wenn er auf einer seiner Wanderungen eine Rast in der Gaststätte in Marienberghausen einlegte. Ob er seine berühmte Märchenoper „Hänsel und Gretel“ an diesem Klavier komponiert hat, ist jedoch eher fraglich. Bis heute steht das Klavier in der „Alten Post“.
„Alte Post“: Dehoga vergibt dem Hotel eine Drei-Sterne-Klassifizierung
1973 wird ein komplett neues Stockwerk gezimmert, 1986 folgt der Bau des großen Saals, der bis heute als Festsaal für Events genutzt wird. Elf Jahre später werden alle 16 Hotelzimmer samt der Badezimmer renoviert und 1999 auch die alte Poststube. Die Dehoga vergibt dem Hotelbetrieb eine Drei-Sterne-Klassifizierung.
Es ist das gleiche Jahr, in dem Reiner Schmidt, der zu dieser Zeit bereits Küchenchef ist, die Leitung des Familienbetriebs übernimmt. Es ist die Übergabe an die dritte Generation.
Gemeinsam mit seiner Familie steckt er viel Herzblut in die „Alte Post“. Während der Pandemie wird erneut renoviert und der Biergarten erweitert. Wegen des zusätzlichen Standbeins Catering sei der Familienbetrieb gut durch die Krise gekommen, denn man sei im To-Go-Geschäft bereits geübt gewesen, berichtet Schmidt. Auch wenn es schwere Zeiten gegeben habe und sich das Essverhalten verändert habe, die Hausmannskost sei das, was bis heute gefragt ist. „Ich koche nur das, was ich selber esse und ich esse viel. Aber ich werde es nie leid sein, einen Rinderbraten zuzubereiten“, sagt Schmidt.
Der 60-Jährige meint aber auch: „Ich bin der letzte, dann ist Schluss mit der Familientradition.“ Seine Kinder packen zwar stets tatkräftig im Familienbetrieb an, werden diesen aber wohl nicht übernehmen. Wie lange Reiner Schmidt noch in der Gaststube und in der Küche stehen wird, steht noch nicht fest. „Das macht man sich natürlich nicht leicht. Ich bin hier aufgewachsen.“
Im Sommer ist im Hotel-Restaurant „Zur alten Post“, Humperdinckstraße 6, in Nümbrecht ein historischer Abend zur Geschichte des Hauses geplant.