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Wechselvolle GeschichteDie letzten Geheimnisse von Schloss Homburg – Blick in die Historie

Lesezeit 9 Minuten
Die Zeichnung von L. Cajetan zeigt Schloss Homburg um 1850.

Schloss Homburg um 1850.

Einstmals eine mittelalterliche Burg, heute ein Museum: Schloss Homburg blickt zurück auf eine wechselvolle Geschichte.

Ende August erscheint der 15. Band der „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“. Es ist ein Sonderband zum 100. Jubiläum der Oberbergischen Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins. Wir stellen einige besonders interessante Beiträge in Auszügen vor.

Ungeachtet der maßgebenden Neugestaltung der Außenanlagen, die einen modernen architektonischen Akzent setzen, dominieren mittelalterliche und frühneuzeitliche Bauteile das Gesamtbild der rheinischen Höhenburg Schloss Homburg. Wie bei zahlreichen rheinischen Burgen mangelt es bislang an einer fachübergreifenden interdisziplinären Untersuchung zur baulichen Entwicklung der Anlage.

Immerhin trug der spektakuläre Baubefund der Fundamente eines mächtigen hochmittelalterlichen Wohnturms, der im Zuge einer archäologischen Grabung 1999 auf dem oberen Burgplateau freigelegt wurde, zu einer entscheidenden Revision der bisher in der Literatur rezipierten Baugeschichte bei.

Eine Rekonstruktion stößt auf Schwierigkeiten

Einer bauhistorischen Untersuchung beziehungsweise der Rekonstruktion des Bestandes der Gesamtanlage sind durch den Verlust einzelner Bauteile im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts Grenzen gesetzt. Als nicht weniger problematisch erweist sich die bislang weitgehend vernachlässigte Archivalienforschung. So beklagte bereits Edmund Strutz in einem 1969 veröffentlichten Beitrag, dass insbesondere die „Archivalien aus der Zeit der Selbstständigkeit [der Herrschaft Homburg 1635-1743] zum größten Teil untergegangen sind“.

Folgt man den Ausführungen von Edmund Renard, wurde ein großer Teil der Homburger Überlieferung bereits vor der 1840 erfolgten Überführung nach Berleburg bei einem „Volksauflauf in Homburg im Jahre 1813“ vernichtet. Außer dem Fürstlich Sayn-Wittgenstein'schen Archiv auf Schloss Berleburg finden sich insbesondere im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden zahlreiche aussagekräftige Schriftquellen zu Schloss und Herrschaft Homburg.

Die Forschungsliteratur zu Schloss Homburg

Einen guten Einstieg zur Beschäftigung mit der Geschichte von Schloss und Herrschaft bieten noch immer die älteren Monografien von Karl Heckmann und Peter Wilhelm Hüssen. Ausgewählte Quellen zur Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts hat 1993 Eric Barthelemy zusammengetragen.Wertvolle Hinweise zur Rekonstruktion des mittelalterlichen und des frühneuzeitlichen Baubestandes liegen bereits in mehreren kleineren Beiträgen vor, die auf die Ergebnisse der zwischen 1999 und 2013 durchgeführten Grabungen des LVR-Amtes für Archäologie Bezug nehmen.

Wenig Aufmerksamkeit hat bislang die frühneuzeitliche Rechnungsüberlieferung erfahren. Die Rentei-Rechnungen des ausgehenden 16. und des beginnenden 17. Jahrhunderts vermitteln nicht nur ein anschauliches Bild des Baustellenbetriebs auf Schloss Homburg, sondern bieten zahlreiche Informationen zum Um- und Ausbau des Schlosses. Mit einem 1999 im Zuge archäologischer Untersuchungen entdeckten runden Wohnturm des 11./12. Jahrhunderts, der von einer hölzernen Befestigung durch Palisaden umgeben und durch einen Graben gesichert war, gehört Schloss Homburg zu den bedeutenden Burgen des Bergischen Landes.

Erstmals wird die Burg im 13. Jahrhundert erwähnt

Ungeachtet des zeitlich weiten Interpretationsspielraums der vagen Einordnung des Baubefundes, in die Zeit zwischen 1025 und 1160, wird man die Gründungsanlage nicht zuletzt auch wegen des in der Salierzeit verbreiteten Bautyps des Wohnturms als Mittelpunkt der Anlage etwa 100 bis 200 Jahre früher als die Ersterwähnung in den Schriftquellen im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts ansetzen müssen. In der älteren Literatur wurden die Anfänge des Schlosses Homburg bislang in die Zeit um 1270 gesetzt. Die erste urkundliche Nachricht, die einen direkten Hinweis auf die Existenz der Burg bietet, datiert in das Jahr 1276, als Graf Gottfried I. von Sayn aus dem Hause Sponheim (1247-1284) die Burg (castrum) König Rudolf von Habsburg zu Lehen auftrug.

Ungeachtet seiner Bedeutung als „Wahrzeichen des Homburger Ländchens“, als modernes Regionalmuseum sowie als bau- und architekturgeschichtlich bedeutende Burg- und Schlossanlage im Bergischen Land ist die Bau- und Nutzungsgeschichte des Schlosses bislang noch nicht monografisch behandelt worden. Dies mag nicht zuletzt dem unbefriedigenden Forschungsstand zur baulichen Entwicklung der Anlage geschuldet sein.

Spektakuläre Baubefunde

Trotz spektakulärer Baubefunde, die insbesondere die bislang in der Literatur vertretene Datierung der Anfänge der Burg in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts beziehungsweise in die 1270er Jahre in Frage stellen und eine frühere, vermutlich ins 12. Jahrhundert zu setzende Gründungsanlage belegen, ist die bauliche Entwicklung bislang in weiten Teilen erst unzureichend erforscht worden.

Als problematisch erweisen sich vor allem Überlieferungslücken für die Frühe Neuzeit, da Teile des Sayn-Homburgischen Archivs bereits im 19. Jahrhundert verloren gegangen sind. Dies tangiert insbesondere die Rechnungsüberlieferung für die Frühe Neuzeit, so dass die auf mehrere Archivstandorte (u. a. Hessisches Hauptstaatsarchiv und Fürstlich Sayn-Wittgenstein-Berleburgsches Archiv) verteilte Schriftgutüberlieferung nur teilweise Einblicke in die bauliche Entwicklung erlaubt.

Abbrüche im 19. Jahrhundert

Eigenständige Schlossbaurechnungen, wie sie für andere Objekte vorliegen, sind für Schloss Homburg bislang nicht bekannt. Darüber hinaus wurde der Baubestand durch Abbrüche im 19. Jahrhundert erheblich reduziert. Umfangreiches Planmaterial, das zur Rekonstruktion des frühneuzeitlichen Baubestandes herangezogen werden könnte, ist nach bisherigem Forschungsstand nicht überliefert.

Aufgrund archäologischer Untersuchungen von Teilbereichen der Anlage in den Jahren 1999 bis 2013 sowie der in dem vorliegenden Beitrag ausgewerteten Renteirechnungen und sonstigen Schriftguts erlauben folgende Beobachtungen zur baulichen Entwicklung des Schlosses: Dem hochmittelalterlichen Baubestand der Gründungsanlage des 12. Jahrhunderts gehört ein runder Wohnturm von etwa 12,50 Metern Durchmesser an, der von einer Umwehrung von Palisaden und einem Graben umgeben war.

Die Datierung von Homburg macht Probleme

Die Datierung des bislang als „Bergfried“ angesprochenen Rundturms im Winkel zwischen Saynischem und Wittgensteinischem Haus hängt im Wesentlichen davon ab, ob man die in den Schriftquellen bezeugte Notiz, dass der „große Turm“ 1508/09 abgebrochen worden ist, auf den hochmittelalterlichen Wohnturm bezieht. Der an die beiden Gebäude grenzende Rundturm wäre dann gegebenenfalls erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts als „Neubau“ entstanden und hätte von Beginn an die Funktion eines Treppenturmes erfüllt.

Es bietet sich jedoch auch eine alternative Interpretation der zeitlichen Abfolge an: Ausgehend von einer Datierung des unteren Teils dieses Turmes in das Mittelalter und einer späteren Umnutzung als „Treppenturm“, würde man den „Bergfried“ einer zweiten Bauphase zuordnen, die in die Mitte beziehungsweise das dritte Viertel des 13. Jahrhunderts datiert und die Aufgabe des Wohnturms und eine grundlegende Neugestaltung der Burg mit Hauptturm, Ringmauern, Flankentürmen und einem herrschaftlichen Wohngebäude (Teile des Saynischen Hauses) voraussetzt.

Die Burg wird aufgeteilt

Spätestens im Zuge der Teilung der Burg unter die Stifter der beiden Hauptzweige des Hauses Sayn (Engelbert und ältere Johann-Linie) im Jahr 1294 dürfte die deshalb so genannte „Ganerbenburg“ zwei Haushaltungen beherbergt haben, was wiederum bauliche Veränderungen nach sich gezogen haben dürfte. Ferner wird man für das Spätmittelalter mit einem weiteren Ausbau der Burg (Zwingeranlage) rechnen können, ohne jedoch einzelne Bauteile zeitlich näher zu datieren.

Die bereits im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts nachweisbare bauliche Vernachlässigung gemeinschaftlich zu unterhaltender Bauteile der Burg durch die Grafen von Sayn bzw. ihre Vettern aus dem Hause Sayn-Wittgenstein lässt die geringe Bedeutung der offenbar nur selten von den Landesherren aufgesuchten Burg erahnen. Größere finanzielle Aufwendungen, die sich in der Renteirechnung von 1590 nachweisen lassen, belegen, dass Graf Heinrich IV. von Sayn (1588-1606) bauliche Veränderungen an seinem Teil des Schlosses Homburg vornehmen ließ und sich sein umfangreiches Bauprogramm nicht ausschließlich auf seine Landesburgen Hachenburg, Friedewald und Freusburg beschränkt hat.

Rechnungen weisen Bautätigkeit auf Schloss Homburg nach

Im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts lassen sich in den Rechnungen 1611, 1614 und 1615, nachdem die Herrschaft Homburg in den alleinigen Besitz der Linie Sayn-Wittgenstein-Berleburg übergegangen war, weitere umfangreiche Baumaßnahmen nachweisen. Nach der Entstehung einer Eigendynastie mit Sitz auf Schloss Homburg ab 1635 wird man von dem weiteren Ausbau des Schlosses zu einer kleinen barocken Residenz ausgehen können.

Insbesondere nach dem Dreißigjährigen Krieg erfolgte der Ausbau des Schlosses, der erst 1742/43 mit dem Ableben des letzten Grafen Friedrich Karl von Sayn-Homburg zu einem Abschluss gelangt ist. Nach der Übernahme durch das 1792 in den Fürstenstand erhobene Haus Sayn-Wittgenstein-Berleburg diente Schloss Homburg noch kurzfristig bis 1748 als Witwensitz und später bis zur Mediatisierung der Herrschaft Homburg 1806 als Verwaltungsmittelpunkt der kleinen Herrschaft.

Zügig fortschreitender Verfall

Der zügig fortschreitende Verfall des Schlosses setzte nach 1825 ein, nachdem das Schloss von 1816 bis 1825 als Sitz des Landratsamtes des Kreises Homburg gedient hatte. Es folgten Teilabbrüche und um 1880 wurden die noch genutzten Gebäude der Hauptburg (Saynsches Haus) verlassen. Der fürstlich Sayn-Wittgensteinsche Förster hatte seine Dienstwohnung in einem Nebengebäude bezogen.

Fürst Richard von Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1882-1926) leitete schließlich 1905/06 erste Sicherungsmaßnahmen ein und von 1910 bis 1913 erfolgte durch den Architekten Heinrich Stark aus Berleburg eine grundlegende Restaurierung des Schlosses, das wenig später das Heimatmuseum des Oberbergischen Kreises aufnehmen sollte.

Die letzten baulichen Veränderungen, die den zeitgemäßen Ausbau des Schlosses zu einem modernen Museum und Kulturzentrum des 1970 aus dem Besitz des Fürstenhauses Sayn-Wittgenstein-Berleburg in das Eigentum des Oberbergischen Kreises übergegangenen Schlosses zum Ziel hatten, gelangten 2014 mit der Neugestaltung von Teilen der Außenanlage durch das Kölner Architekturbüro van den Valentyn zu einem Abschluss.


Wie alles begann: Aus Holstein wurde Homburg

Als problematisch erweist sich die Frage nach den Initiatoren der Burggründung. Unklar ist, ob als Gründer die erstmals 1139 urkundlich in Erscheinung tretenden Grafen von Sayn infrage kommen, die vermutlich im ausgehenden 12. Jahrhundert, begünstigt durch die Übernahme der Vogtei über das Bonner Stift St. Cassius, im oberbergischen Raum Fuß gefasst hatten. Um 1180 gründeten sie am Unterlauf der Sieg, unweit von Siegburg, Burg Blankenberg, die ihrerseits Keimzelle einer Talsiedlung (Altstadt) bildete.

Später erhielt sie zusammen mit der Neustadt Stadtrechtsprivilegien und wurde durch eine eigene Stadtmauer in die umfangreiche, mehrteilige Befestigungsanlage des Ensembles von Burg und Stadt einbezogen. Bis zum Ableben des Grafen Heinrich III. von Sayn 1246/47, mit dem das ältere Grafenhaus erlosch, bildete Blankenberg den bevorzugten Herrschaftsmittelpunkt des sich zu einem beeindruckenden Territorium verdichtenden Besitzes der Dynastenfamilie.

Nach 1247 wurde das Gros des gewaltigen Erbes unter seine vier Neffen aufgeteilt. Unter ihnen erscheint 1256 Heinrich von Heinsberg als Lehnsherr der Burg Holstein, die sich zu dieser Zeit in der Verfügungsgewalt des Ministerialengeschlechts der Flecke von Holstein befand. Der bedeutendere Anteil des oberbergischen Besitzes war im Zuge der Erbregelungen an Johann von Sponheim (1225-1266) gelangt, der 1253 Nümbrecht und Eckenhagen erhalten hatte. Sehr wahrscheinlich trat Heinrich seine Rechte an Burg Holstein vor 1265 an Johann von Sponheim ab. Gemäß eines in diesem Jahr zwischen Johanns Söhnen Heinrich (1265-1284) und Gottfried (1247-1294) geschlossenen Teilungsvertrags, erhielt Gottfried die Burgen Sayn, Hachenburg, Weltersburg, Freusburg und Holstein.

Bei einem Nebeneinander von zwei Wehranlagen wäre es unverständlich, warum ausgerechnet die Höhenburg Homburg keine Berücksichtigung findet.
Albrecht Brendler

Aus dieser Regelung schließt Albrecht Brendler, dass Holstein mit der Homburg identisch ist: „Bei einem Nebeneinander von zwei Wehranlagen wäre es unverständlich, warum ausgerechnet die Höhenburg Homburg keine Berücksichtigung findet“. Gottfried, der bereits 1254 den Titel eines „Grafen von Sayn“ führte, stiftete die jüngere Linie Sayn aus dem Hause Sponheim. Ihm gelang es, etwa die Hälfte des ursprünglichen Territorialbesitzes der älteren Grafen von Sayn in seiner Hand zu vereinen. Besitzschwerpunkte bildeten der nördliche Westerwald mit Burg und die später mit Stadtrechten versehenen Siedlung Hachenburg sowie die oberbergischen Besitzungen mit Nümbrecht, Waldbröl und Morsbach.

Zum Herrschaftsmittelpunkt des oberbergischen Besitzes des Grafen Gottfried von Sayn avancierte die – folgt man der Argumentation von Albrecht Brendler – noch Holstein genannte Homburg, die von ihren Lehnsinhabern, den Brüdern Heinrich und Dietrich genannt Flecke 1270 an den Grafen von Sayn abgetreten wurde.

Dr. Jens Friedhoff ist Historiker, Kunsthistoriker und Archivar und leitet das Stadtarchiv Hachenburg (Westerwald).