Hinter all dem steckt Thomas Brehmer (66), der das Unternehmen 2003 gemeinsam mit seiner Frau Anke gründete.
Made in OberbergDie Brehmergroup in Nümbrecht-Elsenroth schreibt mit KTM Firmengeschichte
Das Motorrad ist das Hobby von Thomas Brehmer. Er teilt es mit seiner Frau Anke und hat die Leidenschaft an Sohn Robin weitergeben. Wenn ab Oktober bei der Brehmergroup in Elsenroth mit der Produktion extrem komplexer und funktional sicherer Bedienelemente für Europas größten Motorradhersteller KTM begonnen wird, ist das die größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte der Brehmergroup. Damit ist KTM nach BMW und Triumph der dritte große Motorradhersteller, der auf Schaltsysteme von Firmengründer, Erfinder und Geschäftsführer Thomas Brehmer vertraut.
Die Motorräder sind aber nicht das Segment, mit denen die Brehmergroup, die 2023 in Elsenroth im Gewerbegebiet Alte Ziegelei das neue Firmengebäude eingeweiht hat, den größten Umsatz macht. Es sind Bedienteile, oder wie es in der Firmenpräsentation heißt, „Lösungen nach Maß für Baumaschinen, Lkw, Traktoren, die Rüstungsindustrie oder den Sicherheitsbereich“.
Hinter all dem steckt Thomas Brehmer (66), der einst elektrische Energietechnik studierte und das Unternehmen, das heute die drei Standbeine Mechatronics, Classics und Innovations hat, 2003 gemeinsam mit seiner Frau Anke gründete.
Nach der Bundeswehr ging es für ihn und seine Frau zunächst nach Schwaben, ehe Thomas Brehmer eine Stelle als Konstrukteur bei der damaligen Gummersbacher Firma Merit antrat. 1986 begann Thomas Brehmer Schalter zu konstruieren. Das erste Projekt, das er zur Patentanmeldung bekam, war ein Rückfahrlichtschalter, der sicher immer funktioniert und kostengünstig war, wie sich der Wiehler erinnert. 1989 wurde er Abteilungsleiter Entwicklung. Mit der Zeit verfolgte die Merten-Gruppe eine andere Strategie und man schickte Thomas Brehmer und den damaligen Geschäftsführer auf die Reise, um einen Käufer für das Unternehmen Merit zu finden.
Brehmer und seine Frau machten sich in ihrem Haus in Wiehl selbstständig
1996 war der Verkauf an den Automobilzulieferer Delphi vollzogen. Anfang der 2000er Jahre passte es nicht mehr zwischen dem Chef-Ingenieur und dem Großkonzern. Brehmer machte sich mit seiner Frau in seinem Haus in Wiehl-Kleinfischbach selbstständig. Mit seinem Ex-Kollegen aus Nürnberg, dem Handelsvertreter Gustl Schwantzer, wurden potenzielle Kunden in ganz Deutschland besucht.
Die beiden vertrieben vor allem Schaltersysteme, die von einem Großkonzern wie Delphi nicht mehr hergestellt wurden, weil sie in den kleinen Mengen, mit sehr vielen Kunden, nicht lukrativ genug waren. Brehmer wendete sich an die Firma KUNT in Istanbul, die für Merit Dreh- und Zündschalter hergestellt hatte. Es erfolgte die Gründung der Firma KAT. Da Thomas Brehmer diese Produkte kannte, legte er viele Verbesserungen fest, die der Markt gerne annahm. Es entstanden Schutzrechte und neue Produkte wie elektronische Wegfahrsperren oder Batterietrennschalter.
Made in Oberberg: Brehmer weitete den Radius immer weiter aus
„Zwei Drittel der Kunden waren alte Merit-Kunden, die Produkte für beispielsweise ihre gebrauchten Gabelstapler suchten und nicht fanden“, blickt der 66-Jährige zurück. Er brachte das türkische Unternehmen ans Laufen und mit „den Erlösen konnte ich meine Familie ernähren“. Heute hat KAT 400 Mitarbeiter und ist längst etablierter Automobilzulieferer bei den großen Herstellern der Automobilindustrie und weiterhin der strategische Partner der Brehmergroup.
Gemeinsam mit dem Nürnberger Kollegen weitete Brehmer den Radius aus, fand beispielsweise über Belgien einen Produzenten in China, der eine Scheibenwaschpumpe für einen Linde-Gabelstapler produzieren konnte. Die Brehmergroup liefert nun seit 15 Jahren diese Pumpe an Linde. 2006 zog das Unternehmen aus Kleinfischbach nach Oberwiehl um und entwickelte als Dienstleister nun auch immer mehr mechatronische Produkte für die Fahrzeugindustrie, wozu unter anderem die von Thomas Brehmer patentierte Griffheizung fürs BMW-Motorrad gehörte.
Die Firma Brehmer entwickelte immer mehr Produkte für große Firmen
Die Firma Brehmer investierte, wuchs und entwickelte immer mehr Produkte für große Firmen. 2012 wurde die Firma umformiert als Brehmer GmbH & Co. KG und gehörte 2014 zu den 50 am schnellsten wachsenden Unternehmen in Deutschland in dem spezifizierten Bereich. Dabei war es erst vier Jahre her, dass die Finanzkrise die Familie Brehmer und ihre zehn Mitarbeiter hart getroffen hatte. „Wir mussten 2009 Kurzarbeit anmelden und ich beschloss, dass wir uns in Zukunft breiter aufstellen müssen“, sagt der 66-Jährige.
Das Unternehmensspektrum wurde stark erweitert und klarer geordnet. Neben den Baumaschinen kamen die Militär- und Sicherheitstechnik hinzu. Der Zertifizierungsgrad wurde erhöht, die Firma ein eigenes, unabhängiges, akkreditiertes Umweltsimulationslabor. Dazu gehörte aber auch das „Luxus“-Segment, bei dem für die großen Hersteller Audi, BMW, Mercedes, Porsche, VW für Old- und Youngtimer Ersatzteile „reverse engineerd“. Dies geschieht mittels eines von Brehmer festgelegtem „Entwicklungsprozess“.
Brehmergroup: Vielzahl von internationalen Partner
Eine Vielzahl von internationalen Partner werden dann mit der Fertigung dieser Produkte beauftragt. Die Mitarbeiter im Brehmergroup-Team sorgen mit speziellen Prüfmitteln, aber vor allem mit ihrer Sorgfalt und Zuverlässigkeit dafür, dass nur 100 Prozent geprüfte „Originalersatzteile“ Elsenroth verlassen. Der Standort Oberwiehl alleine wurde zu klein und es folgte die Erweiterung nach Elsenroth, wo das neue Gebäude am 15. Juni 2023 offiziell eingeweiht wurde.
Vor rund zehn Jahren ist Sohn Robin mit eingestiegen. Er ist für den kaufmännischen Bereich zuständig und voll verantwortlich. 85 Mitarbeiter hat die Brehmergroup heute bei einem Umsatz von 16,5 Millionen Euro. In zwei Jahren, so rechnet Robin Brehmer, sollen es auch durch das KTM-Projekt 100 Teammitglieder bei einem Umsatz von 30 Millionen Euro sein. Dem Ziel „die Nummer 1“ für Bedienelemente am Lenker der Premium-Motorradhersteller in Europa zu werden, „kommen wir dann schon sehr nah“, sagt Thomas Brehmer.
Ein Besuch im Yamaha Hauptquartier in Japan fand kürzlich auch schon statt. Außerdem ist der weitere und kontinuierliche Ausbau der Brehmerclassics GmbH geplant. Seit Juni beliefert die Firma alle Originalausrüstungshersteller wie Audi, BMW, Mercedes-Benz, Porsche und Volkswagen mit einer eigenen Classic-Abteilung.
Wenn es um das Erproben neu entwickelter Produkte fürs Motorrad geht, legt Thomas Brehmer selbst immer noch Hand an. So fuhr er im Frühjahr zum 24-Stunden-Rennen nach Le Mans, um die neu entwickelten Bedienelemente am Motorrad zu testen und sich den Einsatz von Florian Alt anzuschauen, den die Brehmergroup als Sponsor unterstützt. Bei Dauerregen und kalten Temperaturen fuhr er bis Le Mans.
Als er dort ankam, war das französische Team von Florian Alt bereits früh mit technischen Problemen ausgeschieden. Nach einer Übernachtung machte sich der Firmenchef wieder auf den Rückweg. „Wenn wir etwas entwickeln, dann muss ich auch sehen, wie das Produkt bei Regen und Dunkelheit funktioniert“, sagt er zu dem 1500-Kilometer-Ausflug. Auch nach Spa, wo im Rahmen der Langstrecken-Weltmeisterschaft das Acht-Stunden-Rennen stattfand, ist er mit dem Motorrad gefahren und fachsimpelte mit Teams und Fahrern.
Mit Sohn Robin ist er 2017 im Reinoldus Langstecken-Cup gefahren und gemeinsam sind die beiden auch heute noch auf Rennstrecken zu finden. Dabei gibt es nicht immer was zu testen. „Es ist ein tolles Team, das sich hier entwickelt hat und wir sind froh, so viele gute und motivierte Mitarbeiter gefunden zu haben“, blickt Thomas Brehmer mit Stolz auf die Firma, für die er vor 21 Jahren in Kleinfischbach mit seiner Frau den Grundstein legte.