Weil sie in diesem Jahr das Laubhüttenfest nicht in Israel feiern konnten, baute Familie Reinecke die Laubhütte in ihrem Garten auf.
Jüdisches Sukkot-FestDie Laubhütte im Nümbrechter Garten
Eigentlich wollte sie vergangene Woche mit Ehemann, Tochter und Sohn nach Israel fliegen, um dort das jüdische Laubhüttenfest, Sukkot, zu feiern. „Wir waren bei Freunden in Jerusalem eingeladen“, erklärt die Nümbrechterin Marion Reinecke. „Aber das hat sich leider zerschlagen, weil jetzt auch Jerusalem teilweise von Drohnenangriffen betroffen ist.“ Zudem verfügt ihre Wohnung dort nicht über einen Schutzraum.
Nümbrecht statt Jerusalem
Zum Sukkot gehören auch Einladungen, und davon hatten die Reineckes auch welche aus Mateh Yehuda, dem Partnerlandkreis der Gemeinde Nümbrecht. „Es wird eine Woche gefeiert und man hat immer Gäste“, erklärt die Nümbrechterin. „Sie essen in der Laubhütte, die ganz Religiösen schlafen in der Laubhütte; in Israel kann man das, hier natürlich nicht“, erklärt sie mit Hinweis auf deutliche klimatische Unterschiede zwischen Israel und dem Oberbergischen.
„Weil wir nun nicht fliegen konnten, haben wir ganz spontan eine Laubhütte bei uns im Garten aufgebaut“, sagt die stellvertretende Vorsitzende der Oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Wobei das Sukkot-Feiern erwartunsgemäß anders ablief als in Israel. „Dunkel, kalt, draußen sitzen und essen konnte man nicht“, so Marion Reinecke, „der eigentliche Sinn und Zweck konnte gar nicht erfüllt werden.“
Zwar hatten die Reineckes Gäste, wie es sich anlässlich dieses Festes gehört, „wir hatten unsere Familie da, und die ist groß“. Aber in erster Linie ging es in diesem Jahr auch um etwas anderes: darum, einen gedanklichen Bogen nach Israel, nach Jerusalem, nach Mateh Yehuda zu schlagen. Auch deshalb fanden zwei gelbe stilisierte Schleifen Platz an der Nümbrechter Laubhütte, als Zeichen der Solidarität und der Verbundenheit mit den von Hamas-Terroristen verschleppten israelischen Geiseln.
Eigentlich ist das Laubhüttenfest ein fröhliches Fest. Wie ist dann aber die Stimmung in Zeiten wie diesen? „Das Feiern ist uns schwer gefallen“, erklärt die Nümbrechterin, „aber unsere älteste Tochter hat gesagt: Im Judentum liegen Freude und Trauer sowieso eng beieinander“. Und wenn sich in Israel alle bemühen, irgendetwas Positives zu finden, und sei es, dass man zusammen sein kann und nicht alleine ist, dann könne man das in Deutschland auch.
Den Bogen nach Israel spannten die Reineckes telefonisch, per Textnachrichten oder per Videotelefonat, und nicht nur sie, denn sonst reisen Menschen aus aller Welt zum Sukkot nach Israel. Auf diesem Weg standen die Nümbrechter auch mit Menschen in Tel Aviv in Kontakt: Dort standen auf dem „Platz der Geiseln“ auch Laubhütten.
Eine Laubhütte stand übrigens zum Abschluss der Interkulturellen Woche in diesem Jahr auch in Gummersbach in der Fußgängerzone (wir berichteten). Der Freundeskreis Nümbrecht/Mateh Yehuda hatte sie dort aufgestellt, um nach dem interreligiösen Gottesdienst zu Dialog und Austausch eingeladen.
Das Laubhüttenfest
Das jüdische Laubhüttenfest Sukkot (Sukkot ist Hebräisch für Hütte) dauert mehrere Tage. Es beginnt fünf Tage nach dem höchsten Feiertag der Juden, dem Versöhnungstag Jom Kippur. Es fand in diesem Jahr vom 16. bis 23. Oktober statt. Die provisorisch errichteten Laubhütten verfügen nicht über ein festes Dach, sondern werden lose mit Zweigen oder Stroh bedeckt.
Die Reineckes haben zum Sukkot ein Jahr nach dem terroristischen Überfall durch die Hamas auf Israel Jahr folgende Worte gefunden: „Wie in der Shoa haben die Menschen Mühe, daran zu glauben, worüber sie sich vorher sicher waren. Der Aufenthalt in einer Laubhütte gibt uns das starke Gefühl, den Elementen und Feinden ausgesetzt zu sein, mit sehr begrenztem Komfort und umso größerer Unsicherheit. Aber wenn wir in den Himmel schauen, heben wir den Kopf und warten auf die Wolke Gottes, darauf, dass HaShem uns beschützt und dem Volk Israel Frieden bringt.“ HaShem ist ein Name für Gott.