Während die meisten Oberberger noch schlafen, begeben sich elf Jugendliche um 6 Uhr morgens auf eine Wiese mit hohem Gras. Sie lernen, wie man Rehkitze aufspürt und richtig schützt.
Mit der Drohne auf KitzsucheJugendliche trainieren in Nümbrecht Rettung junger Rehe
Samstagmorgen, 6 Uhr. Mancher liegt zu dieser Uhrzeit wahrscheinlich noch im Bett, doch auf dem Kronenberg oberhalb der Nümbrechter Ortschaft Winterborn findet sich eine Gruppe junger Frühaufsteher: Elf wache Kinder und Jugendliche im Alter zwischen neun und 14 Jahren nehmen im Ferienspaß-Programm der Gemeinde Nümbrecht am Schnupper-Einsatztraining der Rehkitzrettung teil.
Zu Beginn wird die neugierige Gruppe von Uschi Menge-Voss und Lucia De Giovanni begrüßt und in die Thematik eingeführt. Die beiden Ehrenamtlerinnen sind Teil des Vereins „Werde RehkitzretterIN“. Unterstützt werden sie von Jäger Thomas Rodenkirchen. Die Gruppe trifft sich an einem passenden Ort: einer großen Wiese. Auf solchen Wiesen finden sich um diese Jahreszeit nämlich vermehrt frisch geborene Rehkitze.
Im hohen Gras sind die Kitze kaum zu finden
Im hohen Gras sind sie vor natürlichen Feinden geschützt, doch es droht eine andere Gefahr: die Mähmaschine des Bauern. „Da gibt es einen Konflikt: Der Bauer möchte von Anfang Mai bis in den Juli seine Wiesen mähen, weil das Wetter gut ist“, erklärt Thomas Rodenkirchen. Gleichzeitig liegen in dieser Zeit häufig Rehkitze im hohen Gras.
Da kommen die Rehkitzretter ins Spiel: Die Ehrenamtler treffen sich, meist am frühen Morgen, und durchkämmen in Absprache mit den Bauern Felder und Wiesen nach jungen Rehen und anderen Wildtieren. Dabei bekommen die Helfer Unterstützung aus der Luft: „Die sogenannte Fußgruppe wird von einer Drohne begleitet“, erklärt Menge-Voss. Diese Drohne ist mit einer Wärmebildkamera versehen. Mit ihr erkennt der Pilot aus der Vogelperspektive die Wärmesignatur des Rehkitzes und kann so seine Kollegen per Walkie-Talkie in dessen Richtung führen.
Zum Lernen werden Plüschtiere mit Wäremflasche eingesetzt
Das ist heute auch die Aufgabe für den Retter-Nachwuchs. Eine Gruppe begibt sich ins hohe Gras der Wiese, die zweite Gruppe lotst ihre Kollegen unter Leitung von Uschi Menge-Voss – sie steuert die Drohne – zu den Wärmesignaturen. Was die Kinder nicht wissen: Vorab wurden auf der Wiese zwei Plüsch-Rehkitze mitsamt einer Wärmflasche versteckt. So finden die Kids zwar heute nicht ihre ersten Kitze, können aber am Plüschtier die Praxis erleben.
Eifrig machen sie sich ans Werk. Schon bald ist auf dem zur Drohne gehörenden Bildschirm die erste Wärmesignatur zu erkennen. Schnell wird klar: Es ist keines der beiden Plüsch-Rehe, sondern ein Hase, der sich im hohen Gras versteckt. „Er bewegt sich“, bemerkt die Drohnengruppe begeistert. Und tatsächlich: Es raschelt, und an der Gruppe vorbei, flitzt besagter Hase ins Unterholz. Lebendige Natur am Samstagmorgen.
Mit Hilfe der Drohne werden die Tiere gefunden
Schließlich finden die Kids mit ein wenig Hilfe auch die versteckten Rehkitze. „Rehkitz gefunden!“, schallt es aus dem Walkie-Talkie. Ordnungsgemäß nähern sich die jungen Retter den Plüschtieren, fassen sie vorsichtig mit Handschuhen und Gras in den Händen an. Sonst würden sie eine Duftspur auf dem Rehkitz hinterlassen, diese könnte die Mutter verwirren. Dann werden die Plüschkitze vorsichtig in einen sogenannten Kitzkorb aus Plastik verfrachtet, der mit Gras ausgelegt ist.
Mit ihrem Fund im Schlepptau kehren die jungen Retter zum Sammelpunkt zurück. Kursleiterin Menge-Voss ist zufrieden: „Die Kinder waren noch wissbegieriger als im vergangenen Jahr“, bemerkt sie. Für sie und ihren Verein wächst bei solchen Veranstaltungen schließlich der Nachwuchs heran: Denn ab 14 Jahren darf man laut Vereinssatzung an einer Rehkitzrettung teilnehmen.