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Hege und PflegeWarum sich Oberbergs Jäger als Naturschützer sehen

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann mit umgehängtem Gewehr schaut mit einem Fernglas in den Wald.

Auf der Pirsch: Bernd Steinhausen in seinem Revier bei Nümbrecht.

Unterwegs mit Bernd Steinhausen, der sieht sich auch als Naturschützer seines Reviers in Nümbrecht.

„Mein Ziel ist, die Natur für die kommenden Generationen zu erhalten“, sagt Bernd Steinhausen, der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Oberberg. Seit Jahrzehnten ist er begeisterter Jäger, weiß um die Vorurteile mancher Menschen und betont deswegen: „Jäger sind keine Metzger – rund 99 Prozent unserer Arbeit ist die Hege des Wilds.“

Dazu sei vor allem eine ständige, gründliche Beobachtung der Natur und der Veränderungen erforderlich. Steinhausen erklärt: „Durch die Jägerausbildung sind wir auch staatlich geprüfte Naturschützer.“ Die bei weitem häufigste Jagd- und Beobachtungsmethode hierzulande sei der Ansitz auf einer Kanzel (Hochstand), berichtet Bernd Steinhausen.

Jäger Steinhausen steht neben einem Schild am Wegesrand im Wald, er wirbt für Rücksicht auf die Natur und informiert Wanderer.

Jäger Steinhausen wirbt für Rücksicht auf die Natur und informiert Wanderer am Wegesrand.

Die hohe Kunst des Jagens sei jedoch die Pirsch. Voraussetzung dafür sei zu lernen, sich möglichst unbemerkt durch die Natur zu bewegen. Während seines Studiums in British Columbia in Kanada sei er mit dieser Methode in Kontakt gekommen. Steinhausen schmunzelt: „Dort gibt es keine Kanzeln und auf diese Weise bin ich kein Kistenhocker geworden.“

Auf der Pirsch in Nümbrecht, zwischen Berkenroth und Oberelben

Es ist ein Freitagmorgen, in aller Frühe. Steinhausen ist auf Pirsch in seinem Revier in Nümbrecht, zwischen Berkenroth und Oberelben. Zu Beginn geht es an den Rand einer Kahlschlagsfläche, die inzwischen mit jungen Birken bewachsen und mit massenhaft Brombeergestrüpp zugewuchert ist.

Sich unter den Eichen und Buchen lautlos zu bewegen ist nicht leicht, weil der Boden derzeit mit Eicheln und Bucheckern bedeckt ist. Nach einigen Minuten bewegt sich ein weißer Fleck in knapp 200 Metern Entfernung am anderen Ende der Lichtung: „Das ist der Spiegel einer Ricke“, bemerkt Steinhausen fachmännisch.

Beim Blick durch das Fernglas wird deutlich, dass das Reh den Jäger ebenfalls bemerkt hat und ihn, nachdem es sich umgedreht hat, reglos beobachtet. Nach einiger Zeit springt auch ein Kitz hervor und beide verschwinden hinter dem nächsten Brombeerbusch.

Durch die Jägerausbildung sind wir auch staatlich geprüfte Naturschützer
Bernd Steinhausen

Steinhausen erläutert, dass eine waidmännische Jagd in diesen Verhältnissen nahezu unmöglich ist. Denn dafür müsste zunächst das Kitz geschossen werden, damit es nicht allein ohne die Mutter bleibt.

Problematisch sei durch den inzwischen hohen Bewuchs auf den Kahlschlägen jedoch, dass die Tiere praktisch nicht zu sehen seien. Durch den Wegfall der Nadelwälder habe sich die Einstandsfläche in etwa verdoppelt, sodass kaum noch Rehe auf den Wiesen äsen würden.

Bernd Steinhausen plant, mit dem Mulchmäher Schneisen durch das Brombeerdickicht zu schlagen: „Ich habe die Hoffnung, dass die Tiere dann dort austreten.“ Wenige hundert Meter weiter kommt Steinhausen in eine ziemlich nasse Bachaue.

Zunahme der invasiven Nil- und Kanadagänse in Oberberg

Gut, dass seine Schuhe wasserfest sind. Kurz vor einem Teich trifft er auf einen Fuchs, der gemächlich in den nahen Waldrand schnürt. Der Jäger berichtet, dass es wichtig sei, Füchse nur dann in der „Ranzzeit“ im Winter zu schießen, wenn sie Einzelgänger sind: „Im Familienverbund merken das die anderen, die Tiere werden sehr vorsichtig und die Reproduktionsrate geht enorm nach oben.“

Auf diese Weise habe er lediglich zwei bis drei Jungfüchse pro Wurf. Wo das nicht beachtet werde, könnten es auch schon mal sieben bis acht Welpen sein. Der Teich ist allerdings erschreckend leer. „Früher war er voll mit Enten“, erzählt Steinhausen.

Das sei auf die Zunahme der invasiven Nil- und Kanadagänse zurückzuführen, die die Gelege der heimischen Arten zerstören: „Ich weiß nicht, was das für Auswirkungen haben wird.“ Die Bejagung der Gänse sei schwierig, da sie nur vom 16. Juli bis zum 31. Januar geschossen werden dürfen.

Er erinnert sich, dass in den 1970er Jahren aus Sorge vor der Tollwut nicht nur Füchse, sondern vor allem massenhaft Dachse in ihren Bauten vergast worden sind: „Es hat rund 40 Jahre gedauert, bis sich die Dachspopulation wieder erholt hat.“

Auf dem Rückweg begegnet Steinhausen noch weiteren Rehen am Waldrand und einem Feldhasen auf der Wiese. Ziel ist nun ein Wäldchen, das er vor gut 20 Jahren mit einer Mischung aus Wald- und Obstbäumen gepflanzt hat und das prächtig gediehen ist – eine hervorragende Einstandsfläche für das Wild, die im Sommer auch Schatten bietet.

In den 1970er Jahren wurden Dachse in ihren Bauten vergast

Daneben hat Steinhausen auch mehrere Wildäcker angelegt, die natürliches Futter und Rückzugsmöglichkeiten für viele Tierarten bieten: „Wenn die Wiesen bis zu sieben mal im Jahr gemäht und die Wälder als Monokulturen angelegt werden, reduziert sich die Artenvielfalt.“

Ein Feldhase sitzt im hohen Gras in der Sonne.

Ein Feldhase zeigt sich am Ende der Pirsch.

So befürwortet Steinhausen auch die Rückkehr früher heimischer Wildarten, wie Wisent oder Rothirsch. „Selbst mit einem Bären käme ich klar“, ergänzt er schmunzelnd. Zum Wiederaufbau der Biodiversität versucht er, in seinem Revier möglichst naturbelassene Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen.

„Der Kontakt zur Natur ist für Menschen enorm wichtig“, betont er. Deshalb sei die Jagd für ihn auch Lebenselixier: „Da kann ich abschalten, vergesse die Zeit und komme zurück zu den Ursprüngen.“