Trotz schwerer ErkrankungNümbrechterin wartet zwei Jahre auf Kardiologentermin
Nümbrecht – „Muss ich erst auf einen Herzinfarkt oder Schlaganfall warten, um in den Genuss einer ärztlichen Untersuchung und Behandlung zu kommen? Muss ich gar sterben?“ Monika L. ist verzweifelt. Ratlos. Und wütend. Vor allem fühlt sie sich im Stich gelassen. Deshalb hat Sie sich an diese Zeitung gewandt und ihre Versuche geschildert, einen Termin in einer kardiologischen Praxis zu bekommen. Denn der 71-Jährigen aus Nümbrecht geht es schlecht.
Schwere Herzrhythmusstörungen machten ihr zu schaffen, ihr Blutdruck steige immer wieder in dramatische Höhen, beschreibt sie ihre Beschwerden. Medikamente, die ihr die Hausärztin verordnete, hätten keine Besserung gebracht. Daraufhin habe sie eine Überweisung mit Dringlichkeitsvermerk zum Kardiologen bekommen.
Kein Termin im oberbergischen Kreis
„Ich habe mich in der vergangenen Woche dann ans MVZ in Wiehl gewandt. Da hieß es, dass nur Privatpatienten und keine Kassenpatienten angenommen werden“, empört sich die Rentnerin. „Kann das denn sein?“ Tatsächlich komme alle zwei Wochen ein Kardiologe in die Praxis, um dort spezielle Untersuchungen ausschließlich für Privatpatienten durchzuführen, so die Auskunft der Praxis.
Monika L. versuchte dann ihr Glück über die Telefonnummer 116 117 bei der Kassenärztlichen Vereinigung in der Hoffnung, dort innerhalb eines Monats einen Termin vermittelt zu bekommen. „Im Oberbergischen Kreis stand kein Termin zur Verfügung. Ich hätte dann nach Wuppertal oder Solingen fahren müssen, aber das ist für mich nicht zu schaffen“, sagt die alleinstehende krebskranke Patientin, die geschwächt ist von Bestrahlungen und die nicht mobil ist, und seufzt. „Ich wüsste nicht, wer mich dahin fahren könnte.“
Kassenpatienten haben das Nachsehen
Und das habe sie dann natürlich auch der Mitarbeiterin gesagt und dann einen Ratschlag erhalten, der in ihren Ohren zweifelhaft klang: Sie könne sich doch in die Notaufnahme eines Krankenhauses begeben. „Aber die ist doch nur für Patienten in wirklichen Notsituationen zuständig“, berichtet Monika L. kopfschüttelnd. „Muss es denn erst so weit kommen, dass ich zum Notfall werde, mitten in der Corona-Pandemie?“
Nächster Versuch: Ein Anruf beim Gummersbacher Herzspezialisten Dr. Martin Kaußen. „Da sagte man mir, ich müsse als Kassenpatienten zwei Jahre auf einen Termin warten. Zwei Jahre! Von einem Nachbarn hörte ich dann, dass er als Privatpatient einen Termin in drei Wochen bekommen hat“, erklärt die Nümbrechterin verbittert und stellt nicht nur sich die Frage: „Ich habe 40 Jahre lang meine Krankenkassenbeiträge bezahlt. Bin ich etwa eine Patientin fünfter Klasse?“
Kardiologie vor Ort
Versorgung in Oberberg
Mit insgesamt sieben niedergelassenen Kardiologen sei die Versorgung im Oberbergischen Kreis aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung ausreichend, sagt Dr. Michael Zimmermann, ehrenamtlicher Beauftragter der Herzstiftung Oberberg. „Aus Sicht der Patienten sieht das aber häufig anders aus.“ Auch an ihn wendeten sich immer wieder Oberberger, denen in einer Praxis gesagt worden sei, sie könnten erst in zwei Jahren einen Termin bekommen. Dabei müsse man aber unterscheiden, ob es sich um eine Routinekontrolle handelt oder um ein akutes Problem. Auch wenn insgesamt die medizinische Versorgung im ländlichen Raum besser sein könnte und es daher zu langen Wartezeiten komme – wenn es dringend ist, müsse niemand Sorge haben, dass er nicht versorgt wird. In dem Fall solle man sich aber nicht direkt an die Facharztpraxis wenden, sondern den Kontakt dem Hausarzt überlassen. Zimmermanns Erfahrung: „Wenn nach dessen Untersuchungen akuter Bedarf vorliegt, bekommt die Patientin oder der Patient unter Umständen sehr schnell einen Termin – wenn es sein muss, auch von einem Tag auf den anderen.“ (ms)
Lange Wartezeiten bei Ärzten
Auch andere Kassenpatienten haben nach Informationen dieser Zeitung die Auskunft bekommen, dass ein Termin erst in zwei Jahren zu haben sei. Auf Anfrage bestätigt Dr. Martin Kaußen, dass es lange Wartezeiten gebe. „Wir stellen ein großes Kontingent an Terminen der Servicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung zur dezentralen Vermittlung zur Verfügung.“ Dahin solle die Patientin sich wenden – aber das hat Monika L. ja bereits getan.
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Und die schnellere Terminvergabe an Privatpatienten? Die machten nur einen geringen Teil von etwa fünf Prozent der Patienten aus, sagt der Arzt, das sei nicht die Ursache für die langen Wartezeiten. „Wir können nicht mehr tun als arbeiten!“ „Was kann ich denn tun, um mein Leben zu retten?“, fragt die herzkranke Rentnerin. „Wenn der Fall so dringlich ist, dann soll ihre Hausärztin den Hörer in die Hand nehmen und mich anrufen“, rät der Kardiologe.