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Andere Aufgaben vernachlässigt?Pandemie bestimmt den Politikalltag in Oberberg

Lesezeit 3 Minuten

Im Fokus steht beim Oberbergischen Kreis seit zwei Jahren für Landrat Jochen Hagt vor allem die Arbeit des Gesundheitsamtes.

Oberberg – Wenn man es genau nimmt, hätte der Kreis gar keine Zeit für so eine Pandemie: Immer mehr Aufgaben, deshalb auch viel zu wenig Platz rund ums Kreishaus. Dazu der Klimawandel, der im Wald der Region und mit den Ausläufern der Flutwellen jetzt schon ein Ausrufezeichen gesetzt hat. Dazu eine industriell geprägte Wirtschaft, für die die Umstellung auf Klimaneutralität und E-Mobilität eine Herausforderung ist. Vor allem, wenn man Arbeitsplätze erhalten will. Dazu die Chance, mit der Regionale 2025 Weichen in eine trotzdem funktionierende Zukunft stellen zu können.

Dann das: Wer ein Gefühl bekommen möchte, wie einschneidend die Ereignisse der Pandemie für die Kreisverwaltung waren, muss sich nur den Stellenplan ansehen: Wann zuletzt wurden so viele Arbeitskräfte eingestellt – ohne Widerrede? Wem das nicht reicht: Selbst die Bundeswehr musste eingreifen! Von jetzt auf gleich rückte das Gesundheitsamt ins Zentrum des öffentlichen Interesses.

Oberberg mit Corona-Rekordzahlen

Das war schon im Frühjahr 2020 – und es ging nicht mehr weg. Es blieb bis ins Jahr 2021, als Oberberg gleich zu Beginn mit der höchsten Inzidenz in NRW in die Schlagzeilen geriet. Und es blieb bis zu seinem Ende, als das lange wieder so war. Seit zwei Jahren bestimmt die Pandemie mit allen ihren Wellen und ihre Bekämpfung die Arbeit im Kreis.

Hat es ein Ereignis, das die Arbeit einer Verwaltung so einschneidend und auf Dauer verändert hat wie Corona, die der für seine Bekämpfung zuständigen Kreisverwaltung, schon gegeben? Selbst jene, die schon seit Jahrzehnten dabei sind, sagen – wenn sie Zeit dafür haben – kurz und knapp: Nein.

NS-Vergangenheit Oberbergs noch in Aufarbeitung

Dabei hat es andere Dinge gegeben, die auch für Schlagzeilen sorgten. Wie der Doppelhaushalt des Kreises, den die Opposition aus SPD, Grüne und Linke zu Fall bringen konnte, weil nicht nur sie der Meinung war, dass eine Ausgleichsrücklage des Kreises nie besser zugunsten der Kommunen zu verwenden war. Nach einem Coup in Lindlar, wo die Kreistagsmehrheit durch Stimmen aus den eigenen Reihen unterlag, und einem langen Hin und Her kam es letztlich zu einem Kompromiss.

Und dann gab es noch alte Geschichten. Nicht nur die Diskussion um Otto Kaufmann in Nümbrecht zeigte, dass die NS-Vergangenheit des Oberbergischen vielleicht doch längst noch nicht so ausreichend aufgearbeitet ist, wie sie es sein sollte. Der Bergneustädter Lothar Gothe, der über Einwohneranregungen nicht müde wurde, genau das zu betonen, erhielt zwar erst jüngst vom Kreistag eine Abfuhr. Als Reaktion bekam er aber zuletzt Schützenhilfe von der Oberbergische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ), die den Kreistag für die Abfuhr stark kritisierte. Spätestens danach steht fest: Die Feststellung, dass Oberberg sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen sollte, um Gegenwart und Zukunft zu bewältigen, ist keine Einzelmeinung.

Corona-„Spaziergänge“ als Debattenthema

Und dann ist da noch die Frage der Sicherheit. Die kam – trotz aller Ordnungspartnerschaften zwischen Kreis und Kommunen, die auch für das subjektive Gefühl sorgen sollen – Ende des Jahres ganz neu auf die Tagesordnung. Wieder war der Grund Corona: Die „Spaziergänge“ gegen eine Impfpflicht sorgen seit Dezember für hitzige Debatten – nicht nur in der Bevölkerung, sondern bis tief in die Polizei. Während einige offen Sympathie bekunden und wenige sogar als Privatleute mitlaufen, ärgern sich andere Polizisten maßlos darüber. Auch weil andernorts aus den Reihen dieses Protestes beinahe zeitgleich Kollegen gewaltsam angegriffen wurden.

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Eines klärt leider nie einer auf, was auch zu Missverständnissen bei Teilnehmenden führt: Die Tatsache, dass die Maskenpflicht, seit sie gilt, nicht konsequenter durchgesetzt wurde , ist nur letztlich für die Polizei nicht mehr als eine Deeskalationsstrategie. Der Begriff „friedlich“, der von manchem gerne als Kumpanei missdeutet wird, ist zumindest für eine Vielzahl der eingesetzten Beamten und vor allem für ihre Führung hingegen nicht mehr als ein erleichterter Seufzer.