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OberbergIn fünf Kommunen ist die Bürgermeister-Wahl so gut wie entschieden

Lesezeit 6 Minuten

Im September stehen auch im Oberbergischen Kreis die Kommunalwahlen an.

  1. Die Kommunalwahl im September wirft ihren Schatten voraus.
  2. Mit Ablauf der Frist steht schon jetzt fest, dass sich in fünf oberbergischen Kommunen nur ein Kandidat – jeweils der Amtsinhaber – für das Bürgermeisteramt bewirbt.
  3. Wir haben mit den fünf Kandidaten gesprochen und sie gefragt, wieso sie keine Konkurrenz haben.

Oberberg – Die Frist ist abgelaufen. Damit steht fest, dass sich in fünf oberbergischen Kommunen nur ein Kandidat – jeweils der Amtsinhaber – für das Bürgermeisteramtbewerben. Was sagen die fünf Bürgermeister, die nun ohne Konkurrenz ins Rennen um eine weitere Amtszeit gehen?

Ulrich Stücker (Wiehl): „Gegenkandidaten müssen andere suchen“

In Wiehl haben breite Mehrheiten für einen Kandidaten schon fast Tradition – nicht erst, seit Ulrich Stücker bei der jüngsten Wahl ins Amt kam, sondern schon bei Langzeit-Vorgänger Werner Becker-Blonigen. Dennoch mag sich Stücker nicht so wirklich daran gewöhnen, dass nur er auf dem Wahlzettel steht. „Es widerspricht einfach meinem Demokratieverständnis. Zur Demokratie gehört für mich, dass man unter mehreren wählen kann“, sagt Wiehls Bürgermeister.

Ulrich Stücker

Dennoch sei es natürlich nicht seine Aufgabe, einen Gegenkandidaten für sich zu finden, fügt er schmunzelnd hinzu. Und wird gleich wieder ernst: „Es macht mir schon große Sorge, wenn ich sehe, dass es immer weniger qualifizierte Bewerber für Bürgermeister-Posten gibt.“ Warum das so ist? „Das ist ein Fulltime-Job, an sechs bis sieben Tagen in der Woche.“ Und dann würden die Amtsinhaber in vielen, vor allem großen Städten auch noch massiv unter Druck stehen – „oder im politischen Streit mit den Parteien im Rat völlig zerrieben“, sagt der parteilose Stücker. Auch in Wiehl? Nein, hier sei das bisher nicht so. Und dass es so bleibt, dafür will der einzige Kandidat für den Bürgermeisterposten auch nach der Wahl sorgen. (kmm)

Dr. Gero Karthaus (Engelskirchen): „Manager und bürgernah: Das kann nicht jeder“

Eigentlich, sagt Dr. Gero Karthaus nachdenklich, sei es schon erstaunlich: „Nachdem sich auch die Grünen abgewendet haben, unterstützt mich inzwischen nur noch meine SPD. Und trotzdem bin ich als Kandidat alleine.“ Vielleicht wirkt da noch der letzte Wahlerfolg nach: Mit 74,77 Prozent der Stimmen war Karthaus 2015 im Amt bestätigt worden – „und das, obwohl es zwei Gegenkandidaten gab“, wie er mit hörbarem Stolz betont. Auch wenn er nun allein auf dem Wahlzettel steht – für Engelskirchen ein Novum, wie er festgestellt hat – als wiedergewählt will sich Karthaus noch nicht fühlen: „Die Leute können schließlich auch noch das ,Nein’ ankreuzen.“

Dr. Gero Karthaus

Bei allem Stolz über den Erfolg der eigenen Arbeit gibt auch Karthaus, zugleich Sprecher der oberbergischen Bürgermeister, der Kandidatenschwund zu denken. „Ein Bürgermeister muss zugleich die Fähigkeiten haben, die ein Manager braucht, um ein Unternehmen zu führen, und gleichzeitig bürgernah sein.“ Das könne nicht jeder. Ein Grund, dass sich immer weniger Menschen der Herausforderung stellen, sei die fehlende Anerkennung, die sich auch auf dem Gehaltszettel widerspiegele: „Das Argument ist ja nicht neu, wird damit aber dennoch nicht falsch: Wenn die Bundeskanzlerin das Gleiche verdient wie eine Führungskraft einer regionalen Sparkasse, dann muss man sich nicht wundern, wenn man für öffentliche Ämter nicht die qualifiziertesten Bewerber bekommt.“ (kmm)

Stefan Meisenberg (Marienheide): „Es braucht sachliche Diskussionen“

Dass ihm kein Gegenkandidat den Chefsessel im Marienheider Rathaus streitig machen will, sieht Bürgermeister Stefan Meisenberg „nicht zwangsläufig negativ“. Tatsächlich unterscheide sich der laufende Wahlkampf gar nicht so sehr von dem vor sechs Jahren, findet der Amtsinhaber. Damals hatte sich neben dem parteilosen Meisenberg die SPD-Kandidatin Anke Vetter um das Amt beworben. „Schon da haben wir beide weniger politisch agiert, sondern uns auf die Sachargumente konzentriert“, sagt Meisenberg. Und mit fachlichen Argumenten will er auch nun Wähler für sich gewinnen.

Stefan Meisenberg

Ob die Demokratie ohne Gegenkandidat Schaden nimmt? Daran zweifelt er. Für ihn bedeute Demokratie in erster Linie, unterschiedliche Meinungen zu diskutieren: „Dafür braucht es vor allem sachliche Diskussionen mit den Betroffenen.“ Der Bürgermeister räumt ein, dass er dabei dazulernen musste. Mittlerweile funktioniere die Bürgerbeteiligung deutlich besser als in den ersten Jahren – als die Diskussion in der Gemeinde politisch eskalierte bis hin zu vereinzelten Rücktrittsforderungen und einem erfolgreichen Bürgerbegehren.

Größeren Einfluss auf den Wahlkampf als ein fehlender Gegenkandidat habe die Corona-Krise, meint Meisenberg. Derzeit teilt er seine Ideen größtenteils über soziale Medien wie Facebook und Instagram mit: „Da muss man die Dinge auf den Punkt bringen.“ Wahlplakate und Flyer solle es noch zu einem späteren Zeitpunkt geben. (ag)

Jörg Bukowski (Morsbach): „Die permanente Öffentlichkeit“

Für Jörg Bukowski, Bürgermeister von Morsbach, ist die Tatsache, dass es keinen Gegenkandidaten gibt, „eine Bestätigung für elf Jahre gute Arbeit“. Ein neuer Bürgermeister brauche viel Zeit, um sich einzuarbeiten. „Und dann wird man nur für fünf Jahre gewählt.“ Dabei bräuchten große Vorhaben – zum Beispiel im Städtebau und wie gerade in Morsbach – viel Konstanz, wenn daran weitergearbeitet werden solle. „Dann geht es in die Umsetzung und schon steht plötzlich der nächste Wahlkampf vor der Tür.“ Eine Amtszeit von acht Jahren halte er deshalb für eigentlich effektiver.

Jörg Bukowski

Zudem sei der Posten eines Bürgermeisters in einer kleinen Gemeinde wie Morsbach nicht nur ein politischer, sondern bedeute auch die Leitung einer kommunalen Verwaltung. „In größeren Kommunen mag es sein, dass ein solcher Apparat auch mal von alleine läuft, aber eben nicht bei uns.“ Dass manche Partei inzwischen bei der Suche nach Kandidaten schon weit über die Stadt- oder Gemeindegrenzen nach Bewerbern suchen, lehnt Bukowski nicht grundsätzlich ab.

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Dennoch sagt er: „Falls möglich, sollte man jemanden im Blick haben, den man kennt und der selbst die Kommune kennt.“ Schließlich gehe es um viel Verantwortung. Dass diese abschreckend wirkt, glaubt er nicht. „Es ist vielmehr die permanente Öffentlichkeit. Viel Negatives wird breitgetreten und selbst aus positiven Dingen wird das Negative herausgefischt. Damit muss man umgehen können.“ (höh)

Rüdiger Gennies (Reichshof): „Trotz allem ein sehr attraktives Amt“

Dass keine Partei einen Gegenkandidaten für die Bürgermeisterwahl aufgestellt hat, wertet auch der Reichshofer Bürgermeister Rüdiger Gennies als Anerkennung seiner bislang geleisteten Arbeit. „Wären die Parteien so unzufrieden mit meiner Leistung und der meines Teams, hätten sie wohl alles daran gesetzt, mir das Amt streitig zu machen“, sagt Gennies, der bald seit 45 Jahren im Denklinger Rathaus arbeitet – davon elf Jahre als Bürgermeister.

Rüdiger Gennies

Gerne möchte er seine Arbeit als Bürgermeister fortsetzen, um bereits angeschobene Projekte weiter begleiten zu können – und weitere Ideen zu verwirklichen. Es seien die Sachthemen, für die er die Bürger im Wahlkampf begeistern möchte: „So gesehen, fehlt mir ein Gegenkandidat nicht – wenngleich ein politischer Wettbewerb in der Demokratie üblich ist.“

Ein wenig wundert es ihn aber doch, dass neben ihm niemand anderes ins Rennen für den Chefsessel im Rathaus gehen möchte. „Natürlich verlangt das Amt viel Zeit, es gibt viele abendliche Sitzungen und Termine am Wochenende. Aber trotz allem ist es ein sehr attraktives Amt.“ (ag)