Baustoffmangel wird immer ernsterOberberger Betriebe kommen an ihre Grenzen
Oberberg – In den 22 Jahren, in denen Marcus Otto, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, für das Handwerk tätig ist, hat er das noch nicht erlebt. Seit Wochen erhalten die Handwerksbetriebe im Oberbergischen Kreis kaum noch Baustoffe. Hintergrund sind die massiven Marktverwerfungen bei Rohstoffen und Vorprodukten. Die Arbeitsmittel sind rar, die Preise auf dem internationalen Markt als Folge dessen explodiert (wir berichteten).
Das sorgt laut der Kreishandwerkerschaft aktuell dafür, dass immer mehr Handwerksbetriebe ihre Angebote nicht mehr verlässlich kalkulieren und bestehende Aufträge nicht mehr wirtschaftlich erfüllen können. Einige müssen Kurzarbeit ins Auge fassen, berichtet Otto, der sich derzeit täglich und zeitintensiv mit der Thematik auseinandersetzt. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Holz, sondern auch um Stahl, Kupfer und weitere Metalle sowie um Kies, Sand und Gips. Auch bei Kunststoffen für Isolatoren, Dämmstoffe, Rohrleitungen und Farben gibt es Lieferprobleme. Ebenso bei Ventilen, Heizkörpern und Armaturen, zählt die Kreishandwerkerschaft die lange Liste auf. Die aktuelle Lage auf dem Markt beeinträchtige außerdem die dem Handwerk vorgelagerten Wertschöpfungsketten in entsprechenden Hersteller- und Handelsbereichen, so Otto. Für die Betriebe im Oberbergischen ist der Baustoffmangel eine bislang nicht gekannte Herausforderung, die ungeahnte Dimensionen angenommen hat. „Wir nehmen die Thematik sehr ernst“, betont Otto.
Problem betrifft ganz Europa
Doch die Lösung des Problems scheint entfernter zu liegen. Denn nicht nur in Oberberg oder Deutschland kommen Betriebe nicht an Baustoffe, das Problem betrifft ganz Europa. „Teilweise liegen den Marktverwerfungen auch internationale Handelsstreitigkeiten zugrunde“, weiß Otto und fordert einen kurzfristigen politischen Dialog mit den EU-Partnern.
Dass Verträge wegen der Verzögerungen bei der Lieferung von Baustoffen nicht eingehalten werden können, dürfe nicht sanktioniert werden. „Bei öffentlichen Auftragsvergaben müssen Preisgleitklauseln aktuell zu einer Selbstverständlichkeit werden“, sagt Otto. Die Bundesregierung müsse sich um Einvernehmen mit den Ländern und Kommunen bemühen, betont er. Außerdem müssten innerdeutsche und regionale Lieferketten gestärkt werden.
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Finanzielle Entlastung für die Unternehmen könne die Verlängerung der Regelungen zum Kurzarbeitergeld leisten. Überbrückende Liquiditätshilfen für Unternehmen, die bereits begonnene Aufträge aufgrund des Materialmangels nicht abschließen können, seien erforderlich. Marcus Otto weiß: Helfen könnte die Förderung heimischer Baustoffe. Für eine Entschärfung könnte zudem der Ausbau von mittelstädtischen regionalen Sägewerkskapazitäten beitragen. Doch auch hier müsse es erst eine politische „Trendumkehr“ geben.
Für die Betriebe heißt es durchhalten. Sie haben einen Hilferuf an Oberbergs Bundestagsabgeordneten Carsten Bordesser geschickt und hoffen auf eine schnelle Lösung, damit sie ihre Arbeit wieder aufnehmen und Existenzen sichern können.