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Die Rettung vor der MahdOberberger retten Rehkitze von Feldern – trotz Corona

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Ein gerettetes Rehkitz.

  1. Immer wieder sterben junge Rehe im hohen Gras und auf den Feldern - die Mahd der Landwirte wird dann zur Todesfalle für die Bambis.
  2. Im Kreis Oberberg haben sich glücklicherweise zahlreiche Tierfreunde gefunden, die als Retter unterwegs sind.
  3. Und auch die aktuelle Corona-Situation wird gut gemeistert - dank Sondergenehmigung.

Oberberg – Wer Kitze retten will, der ist oft früh auf den Beinen. 6 Uhr ist es an diesem Morgen, als 15 Tierfreunde erstmals durch das Jagdrevier Überdorf streifen. Das liegt zwischen Nümbrecht-Oberstaffelbach, Marienberghausen, Elsenroth und Wiehl-Drabenderhöhe. Dort sind die Wiesen und Weide saftig grün, die Halme stehen dicht und hoch. Landwirt Werner Hurschmann aus Nümbrecht hat angekündigt, die Klingen kreisen zu lassen. Die Zeit drängt, Meter für Meter arbeitet sich die Gruppe um Gründerin Angelika Bonsch langsam durch das Grün und hält die Augen offen nach Rehkitzen, die sich darin ducken und verstecken.

Im Mai 2019 hat Bonsch die Initiative „Werde Kitzretter“ gestartet, heute sind 60 Oberberger in einer WhatsApp-Gruppe organisiert. „Und 20 von ihnen stehen immer bereit, um auch mal sehr kurzfristig auszurücken“, sagt die Wiehlerin stolz. Denn die Landwirte planen die Mahd selten lange voraus. „Aber sie sind heute viel kooperativer als vor einem Jahr und informieren uns inzwischen viel früher, und zwar mindestens 48 Stunden vor der Mahd“, betont Manfred Hochsattel von der Kreisjägerschaft Oberberg.

Die Tierfreunde halten Ausschau nach jungen Rehen, die der Mahd zum Opfer fallen könnten.

Mehr als 40 Kitze, sagt Bonsch, haben sie und ihre Helfer seit dem Beginn aufgespürt. Die Landwirte sind verpflichtet, vor dem Mähen den Jagdpächter zu benachrichtigen und dann Wiesen und Koppeln nach Jungtieren abzusuchen, die vom Muttertier kurz nach der Geburt dort abgelegt worden sind. Tun sie dies nicht, machen sie sich strafbar, hohe Geldbußen drohen. Doch noch immer erleiden viele Jungtiere den qualvollen Tod unter den Mähmessern – Schätzungen liegen bei mehr als 100.000 toten oder verletzten Tieren im Jahr. Denn: Der Instinkt zur Flucht ist trotz der Gefahr noch nicht ausgeprägt, die Kitze bleiben liegen und rühren sich nicht. „Liegend ist so ein Tier so groß wie eine Brezel“, erklärt Angelika Bonsch und hält das Backwerk in die Höhe. Im April hat Landrat Jochen Hagt den Kitzrettern eine Sondergenehmigung erteilt, sodass sie trotz des Versammlungsverbots ausschwärmen durfte – natürlich mit Schutzmasken und immer auf Abstand. „Den halten wir für eine effektive Suche ohnehin ein“, erklärt Bonsch.

Zu Corona-Zeite darf natürlich auch die Schutzmaske nicht fehlen.

So stehen sie und ihre Mitstreiter in einer Reihe, in dieser Linie bewegen sich alle langsam vorwärts. In den Händen halten die Retter Holzstöcke, die genau anderthalb Meter lang sind und somit jedem zeigen, wie groß der Abstand zum Anderen immer zu sein hat – ein Geschenk von Oberbergs Jägern an die Gruppe, die überdies gerade Spenden sammelt, um davon Technik für die Suche zu kaufen, zum Beispiel eine Drohne mit Wärmebildkamera. Zudem helfen die Hölzer bei der Suche in den kniehohen Gräsern. In fünf Jagdrevieren ist die Gruppe inzwischen unterwegs. Drei davon liegen in Oberberg, eines im Nachbarkreis Rhein-Sieg. „Aber es gibt inzwischen Anfragen bis nach Köln“, berichtet die Wiehlerin.

Ist ein Tier gefunden, greifen die Jäger zu und tragen es, mit Handschuhen und in Grasbüschel eingepackt, an eine sichere Stelle abseits der Wiese. Manfred Hochsattel: „Dort ruft das Kitz nach der Ricke, das ist das sogenannte Kitzfiepen.“ Erst vor wenigen Tagen haben die Retter ein Zwillingspärchen gefunden. „Die Tiere waren keine drei Tage alt“, weiß der Derschlager. Nicht nur das wird die Ründerotherin Ines Hufen nicht vergessen, auch eine andere, erfolglose Suche auf einer etwa 40 Hektar großen Wiede ist ihr in – schmerzhafter – Erinnerung: „Nach dieser Suchaktion konnte ich vor Müdigkeit kaum noch stehen.“ Aber Tiere vor dem Tod zu bewahren, das sei ihr nun mal eine echte Herzensangelegenheit.

In aller Früh gehen 15 Tierfreunde ein Jagdrevier ab, die Augen immer auf das hohe Gras gerichtet.

Das ist bei der Nümbrechterin Uschi Menge-Voss nicht anders. Seit dem Beginn unterstütze sie die Initiative, in diesem Jahr nun auch an der frischen Luft. „Ich bin ohnehin gern draußen – umso besser, wenn ich solche Arbeit verrichten kann.“

Doch an diesem Tag wird sie nicht belohnt: Im Revier Überdorf findet sich kein Kitz, wenige Tage später aber sind es dort dafür gleich zwei Jungtiere.