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Wie eine WundertüteSo lief die Neujahrsnacht für Sicherheitsdienste aus Oberberg

Lesezeit 3 Minuten
Claudia Waltereit in der Leitstelle vor zahlreichen Monitoren und technischem Gerät.

Aufzugsstörungen, Alarmanlagen und Überwachungsvideos laufen bei Claudia Waltereit in der Leitstelle der Firma Theißen zusammen.

Angestellte der Sicherheitsdienste wissen nie, was in der Neujahrsnacht auf sie zukommt. Wir haben sie begleitet.

Silvester, 16 Uhr: Während die Nachbarschaft allmählich die Raclette-Pfännchen auf Temperatur bringt, starten mehrere Dutzend Frauen und Männer ihre Autos, die meisten von ihnen ganz in Schwarz gekleidet. Zu ihren Familien werden sie erst im nächsten Jahr zurückkehren. Was sie in der Zwischenzeit erwartet, ist noch völlig unklar – denn die Silvesterschicht ist für die Mitarbeiter der oberbergischen Wach- und Sicherheitsdienste immer eine große Wundertüte.

Die 35-köpfige Truppe von Christian Nowsky muss besonders früh ran, dafür haben die Frauen und Männer der Gummersbacher Skylines Security aber einen prominenten Einsatzort: Bis 4 Uhr früh sollen sie das Geschehen auf der Kölner Domplatte in geordnete Bahnen lenken. Regeln gibt es dort genug: Böllerverbotszonen sind ebenso ausgewiesen wie Bereiche, die für Autos tabu sind.

Die Polizei ist mit Hundertschaften im Einsatz, dazwischen die Gummersbacher. Deren Hauptaufgabe wird es sein, die Besucherströme zu lenken, um Chaos zu verhindern, verrät Nowsky. Seine Angestellten werden in der ersten Nacht des neuen Jahres fast den doppelten Stundenlohn bekommen.

Die einen feiern lieber Weihnachten, die anderen Silvester.
Sascha Theißen, Geschäftsführer vom Oberbergischen Überwachungsdienst

„Man muss schon was zahlen, um geschultes Personal in ausreichender Stärke stellen zu können“, räumt Christian Nowsky ein. Ein Selbstläufer sei die Rekrutierung für den Jahreswechsel keineswegs, vor allem weil mit der Disco in Gummersbach-Friedrichsthal noch ein zweiter Einsatzort besetzt werden muss.

Ein paar Kilometer weiter nördlich in Windhagen rüsten sich die Mitarbeiter von Sascha Theißen für den Jahreswechsel – mit viel Routine. Theißen führt den Oberbergischen Überwachungsdienst, den Großvater Otto bereits 1934 gegründet hat, in dritter Generation.

Butenberg steigt mit blauer Dienstjacke in sein Auto. Links die Fassade der Firma.

Wenn andere feiern, beginnt die Schicht. Für Revierfahrer wie Thorsten Butenberg ist das Normalität – nicht nur an Silvester.

Trotzdem: „Was die Silvesternacht bringt, kann man nie wissen“, betont Sascha Theißen, in dessen Auftrag insgesamt 25 Menschen Dienst schieben – etwa in der Alarmanlagen-Leitstelle, an den Pforten oberbergischer Unternehmen oder als Revierfahrer zur Abschreckung gegen Einbrecher.

Seit kurz vor Weihnachten gilt bei Theißen eine Urlaubssperre, der Dienstplan für die Feiertage fülle sich aber regelmäßig „auf freiwilliger Basis“, berichtet der Unternehmer. „Die einen feiern lieber Weihnachten, die anderen Silvester. Das gleicht sich seit Jahren gut aus, so haben wir immer genug Mitarbeiter.“

Einzelne Rakete kann sehr gefährlich sein

Für die gelten unterschiedliche Arbeitszeiten, je nach Einsatzort. Von 19 bis 7 Uhr ist zum Beispiel ein gängiges Schichtmodell. Einen Wechsel in der Nacht gibt es jedenfalls nicht. Höchstens die Rückkehr der Feuerwerksraketen nach zwei stillen Pandemie-Jahreswechseln bereiten Theißen Sorgen. „Die Schallwellen können durchaus eine Alarmanlage auslösen.“ Mit einem Schmunzeln erinnert er sich an ein Gebäude, das seinen Sicherheitsdienst einige Silvesternächte in Folge beschäftigte.

„Über dem Überwachungsobjekt gab es ein China-Restaurant und regelmäßig löste um 0.15 Uhr der Alarm aus.“ Irgendwann fanden Theißens Leute heraus, dass die Chinesen das neue Jahr gerne krachend begrüßten – natürlich mit China-Böllern, allerdings solchen der Original-Variante mit richtig viel Wumms.

Gerade Gebäude und Bereiche mit besonders hoher Brandlast hält auch der Wach- und Sicherheitsdienst Lütke aus Gummersbach-Strombach im Blick, der mit 25 Angestellten für Silvester aufgestellt ist. Eine einzige glühende Rakete könne mancherorts sehr gefährlich werden, erklärt Prokurist Sven Trommershausen und nennt Schrottplätze und große Recyclingbetriebe als Beispiel – wegen austretender brennbarer Flüssigkeiten.

Insgesamt ruhige Nacht

Diese Adressen fahren seine Leute in der Neujahrsnacht entweder besonders oft an oder sie bleiben sogar in der sensiblen Zeit zwischen 22 und 4 Uhr vor Ort. Ist es nicht ein besonders trostloser Auftrag, zum Jahreswechsel einen Schrottplatz zu bewachen? „Wir haben den Auftrag, die Objekte zu schützen und das tun wir“, kontert Trommershausen.

„Außerdem legt unsere Branche immer dann los, wenn der Großteil der Bevölkerung frei hat und feiert.“ Am Neujahrstag melden die drei Sicherheitschefs eine ruhige Nacht, mit nur wenigen Störungsmeldungen, Einbruch-Fehlalarmen und einer Hand voll besonders angetrunkener, aber friedlicher Feiergäste – die Silvesternacht ist für sie rückblickend eine ganz normale Nacht gewesen.