Die NRW-Landesregierung plant die Einrichtung von voraussichtlich fünf Gesundheitsregionen. Der Oberbergische Kreis rechnet sich Chancen aus.
FördergeldOberberg will NRW-Gesundheitsregion werden
Der Kreis will eine von voraussichtlich fünf Gesundheitsregionen des Landes NRW werden. Eine erfolgreiche Bewerbung, die Landrat Jochen Hagt bereits in seiner Haushaltsrede im Herbst als Ziel formuliert hatte, wird im Kreishaus inzwischen ganz konkret vorbereitet.
Dabei stehen Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach und seine Mitarbeiter vor dem Problem, dass sich die regierenden Parteien in Düsseldorf (übrigens genauso wie die in Berlin) in den Koalitionsverträgen zwar grundsätzlich auf die Einrichtung solcher Gesundheitsregionen geeinigt haben, mehr bislang aber noch nicht passiert ist. Allgemein geht der Gesundheitssektor aber davon aus, dass sich 2023 zumindest auf NRW-Ebene etwas bewegen wird. „Wir müssen das Eisen jetzt schmieden, denn jetzt ist es heiß“, betont Schmallenbach. Oberberg wolle sich im Kampf um Fördergeld rechtzeitig in Stellung bringen.
„Oberberg fair sorgt“ hat bereits den Bund überzeugt
Als Speerspitze der hiesigen Bemühungen sieht der Dezernent das Projekt „Oberberg fair sorgt“ – das Modellkonzept soll insbesondere die medizinische Versorgung pflegebedürftiger Seniorinnen und Senioren verbessern. Es wurde durch den Innovationsfonds des Bundes finanziert und endet – die abschließende Auswertung einmal außen vor gelassen – am 30. Juni dieses Jahres.
Daran will Schmallenbach möglichst ohne Unterbrechung anknüpfen, gerade personell. „Deshalb stehen im Kreishaushalt Gelder für entsprechende Stellen bereit, damit wir nicht alles abbauen müssen, was wir vorher mit ,Oberberg fair sorgt’ aufgebaut haben“, erklärt der Kreisdezernent. Dieser Etat sei so kalkuliert, dass man das Projekt notfalls selbst bis zum Jahresende 2024 durchfinanzieren könnte. „Ein starkes Signal an das Land, das wir bereit stehen“, findet Ralf Schmallenbach.
Unterstützung bei der Bewerbung verspricht man sich in Oberberg von dem Verein Gesundheitsregion Köln-Bonn, zu dessen Gründungsmitgliedern der Kreis zählt und der trotz des Namens nichts mit den offiziell durch die Landesregierung anzuerkennenden Landstrichen zu tun hat. Innerhalb dieses Vereins gelte „Oberberg fair sorgt“ bereits als Vorzeigeprojekt, betont der Dezernent. Man könne auf einen starken Partner im Land zählen.
Darüber hinaus besteht indes auch bundesweites Interesse an dem Konzept. Kürzlich erhielt Schmallenbach eine Einladung zum Parlamentarischen Abend in Berlin, um vor insgesamt 200 Gesundheitsexperten verschiedener Fraktionen und Verbände die Details beim Probelauf, den Einsatz der Fallmanager und den Umgang von Ärzten und Patienten mit der digitalen Plattform vorzustellen.
Schmallenbachs Fazit: „Das Publikum war rundum erstaunt, dass sich ein Landkreis auf den Weg macht, um medizinische Versorgung und Pflege für seine Bürgerinnen und Bürger zu verbessern – das hat in der Republik offenbar Seltenheitswert.“ Natürlich nutzte der oberbergische Dezernent den Berlin-Trip, um weitere Kontakte zu knüpfen, die bei künftigen Bewerbungen auf Landes- oder Bundesebene hilfreich sein könnten.
Oberberg will sein Modell bundesweit bekannt machen
Im Frühjahr wird der Kreis zudem auf mehreren nationalen Kongresse vertreten sein, um ausführlich über sein Modellprojekt zu informieren. „Priorität hat für uns zunächst aber die Bewerbung beim Land“, stellt Ralf Schmallenbach klar. Zusammen mit seinem Team aus dem Kreishaus wartet der Dezernent praktisch nur noch auf den Startschuss für das Bewerbungsverfahren aus Düsseldorf.
„Oberberg fair sorgt“
Der direkte Draht zu einem Arzt, ein eigener Fallmanager, der ausreichend Zeit mitbringt, eine bessere Versorgung zu Hause und damit die Vermeidung von Krankenhausaufenthalten : Das sind die Grundideen des Pionierprojekts „Oberberg fair sorgt“, das am 1. April 2021 an den Start gegangen ist und durch den Bund mit elf Millionen Euro gefördert wird.
Zielgruppe sind pflegebedürftige Oberberger und Oberbergerinnen, die älter als 65 Jahre und bei der AOK versichert sind. Die Teilnehmer willigen im Gegenzug ein, dass ihre medizinischen Daten auf einer digitalen Plattform gespeichert und ausgewertet werden. Ursprünglich rechnete der Kreis mit 850 Teilnehmern – unter dem Strich waren es 322 Männer und Frauen aus der Region, die sich gruppenweise für eine zwölfmonatige Versorgungsphase meldeten. Allerdings fiel ein Großteil der Projektzeit auch in die Hochphase der Pandemie. „Wir werden das Fördergeld deshalb nicht komplett brauchen“, berichtet Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach.
2022 wurde das Projekt mit dem Telemedizin-Preis ausgezeichnet. Der letzte Patienten-Durchgang ist am 1. Juli 2022 gestartet, die Versorgung endet damit am 30. Juni dieses Jahres. Danach benötigt die Universität zu Köln neun weitere Monate für die Auswertung der Daten, als offizielle Schlusstag des Projekts ist deshalb der 31. März 2024 angesetzt.
Der Kreis würde die Versorgung nach den entwickelten Maßstäben gerne verlängern – zum Beispiel als Gesundheitsregion NRW. Ralf Schmallenbach rechnet mit etwa 30.000 Menschen, die profitieren könnten. (sfl)