ZeitreiseWorüber die Lokalzeitung früher an Weihnachten berichtet hat
- Weihnachten ist immer mit Erinnerungen verbunden.
- Und war früher nicht immer alles anders?
- Das haben wir uns auch gefragt: Worüber hat die Lokalzeitung früher an Weihnachten berichtet?
- Torsten Sülzer hat sich im Archiv umgesehen.
Oberberg – Vor 60 Jahren
Donnerstag, 24. Dezember 1959
„Geben ist seliger denn Nehmen“ lautete die Überschrift über einem langen Artikel im oberbergischen Lokalteil. Die Redaktion hatte Weihnachtsbesuche gemacht, bei „drei Familien, denen in diesem Jahre unter besonders tragischen Umständen Leid widerfahren ist“. Wörtlich hieß es in dem Bericht: „Eine bescheidene Gabe sollte dabei nicht mehr als ein äußeres Zeichen dafür sein, dass sie über der Freude der Festtage nicht vergessen sind“.
Wen überraschte die Zeitung mit einem Besuch? „Die Mutter der in Abbenroth tödlich verunglückten beiden Kinder und des schwerverletzten kleinen Siegfried, einen der Feuerwehrmänner, die seinerzeit bei Ausübung ihres opfervollen Berufes durch einen leichtsinnigen Fahrer schwer zu Schaden kamen, und die Familie des unter Tage ums Leben gekommenen jungen Bergmannes von Stockshöhe.“
Auf der Titelseite gab es ein Foto von drei Männern in einem kleinen Raum. „Weihnachten auf See“, stand darüber. Berichtet wurde von deutschen Hochseefischern, die Weihnachten auf ihren Trawlern auf hoher See verbringen müssen, „da der Fischfang keine Unterbrechung duldet“.
Nach dem Fest berichtete die Zeitung unter der Überschrift „Täglich fast 400 000 Sendungen im Knotenpostamt Dieringhausen“ von dem Phänomen, dass der Umschlag an Postsendungen über Weihnachten „zehnfach über normal“ lag.
Vor 50 Jahren
Mittwoch, 24. Dezember 1969
„Vor hundert Jahren nahmen sich Geschenke recht bescheiden aus“ war ein Artikel überschrieben, in dem es um den Anzeigenteil einer Vorweihnachts-Ausgabe der „Gummersbacher Zeitung“ aus dem Jahre 1869 ging. Die „Kauf- und Schenkwut“, die der Autor 1969 seinen Zeitgenossen vorwarf, habe 100 Jahre zuvor nicht bestanden, schrieb er. „Recht bescheiden war selbst vor dem Fest des Schenkens der Anzeigenteil, und nur wenige Anzeigen waren zu finden, die außer dem alltäglichen Bedarf besondere Geschenke zu Weihnachten anboten. (...) Über den Rahmen des täglichen Gebrauchs hinaus ging eigentlich nur das Angebot an ,Uhren und Goldwaren’ und das Angebot der Firma Carl Heuser Fr. Sohn., die auf ihr Depot in Genfer Taschenuhren zum Preis von 4 bis 22 Thlr. aufmerksam macht.“ Für den Gabentisch sei eher viel Lektüre angeboten worden, etwa von der Buchhandlung Friedrich Luyken, etwa „Bilderbücher, mit und ohne Text, Jugendbücher, Erzählungen, geschichtliche Werke, Reisebeschreibungen, Märchen etc.“.
Überregional gab es einen Bericht über eine junge Deutsche und wie sie Weihnachten in einem Kibbuz in Israel verbracht hatte.
Nach dem Fest berichtete die Zeitung, dass am Morgen des 24. Dezember rund 200 Liter Öl durch die Kanalisation ins Klärwerk Oberwette geflossen war. Es wurde abgeschöpft und verbrannt.
Vor 40 Jahren
Montag, 24. Dezember 1979
Vom ersten Weihnachtsfest in der neuen Heimat, das die 120 Aussiedlerfamilien im Durchgangswohnheim Waldbröl erlebten, war Weihnachten 1979 im Lokalteil zu lesen. „Zwar meinte eine aus Oberschlesien stammende Frau, dass hier für sie seit ihrer Ankunft jeden Tag Weihnachten sei, aber auch sie und ihre Familie haben sich von den vielen vorweihnachtlichen Aktivitäten anstecken lassen.“ Eine Aussiedlerin aus der Sowjetunion berichtete, dass dort die Weihnachtstage normale Werktage gewesen seien. „1937/38 konnten wir zu Hause nur hinter verdunkelten Fenstern feiern“, erinnerte sie sich an die Stalin-Zeit.
Überregional war zu lesen: „Weihnachtsbäume waren früher tatsächlich vorwiegend Tannenbäume. Nach und nach kamen immer mehr Fichten hinzu, weil Tannen mit der Zeit rar werden und deshalb teuer sind. Nach neuesten Beobachtungen scheinen Kiefern gute Chancen zu haben, in größerem Umfang Weihnachtsbäume zu stellen. Sie sind lichter als Fichten, lassen sich deswegen besser schmücken.“
Nach dem Fest griff die Redaktion die Frage auf, warum Menschen die Heilige Nacht in einer Gaststätte verbringen. Unter der Überschrift „So viele Leute ohne Zuhause“ war dort eine Heiligabend-Reportage aus Diskotheken und Kneipen zu lesen, mehr als ein Dutzend Gäste zwischen 17 und 51 Jahren kamen zu Wort. Dort hieß es: „Georgios Alewridis hält seine griechische Gaststätte im Zentrum von Bergneustadt seit zwölf Jahren an Heiligabend geöffnet. Zunächst für die zahlreichen Ausländer ohne Familie. Mehr und mehr setzten sich seine Gäste an diesem Abend aber aus jungen Deutschen zusammen.“ Das Lokal sei voll besetzt, ist zu lesen.
Drei junge Deutsche wollen diese Art des Weihnachtsfestes ausdrücklich als „Alternative“ verstanden wissen. Sie seien allerdings früher am Abend „erst dem Formalismus zu Hause gerecht geworden“.
Vor 30 Jahren
Samstag, 23. Dezember 1989
Die oberbergische Lokalpresse wird nicht nur im Oberbergischen gelesen. Am Tag vor Heiligabend 1989 gab’s gleich mehrere Beispiele aus aller Herren Länder. Elisabeth Bruno etwa im süditalienischen Lecce berichtete, dass die Zustellung der Tageszeitung manchmal Monate dauerte. Der gebürtige Ründerother Rudolf Berger verfolgte die Nachrichten aus der alten Heimat in Hall in Tirol. Anton Suess aus der Ukraine hatte es erst nach Wiedenest und dann nach San Francisco verschlagen, wohin er sich die oberbergische Zeitung schicken ließ. „Sie bringt fast jeden Tag das oberbergische Leben zu mir nach Frisco, danke!“ Und Rosemarie und Detlef Backhaus, die 1989 schon auf einen 24 Jahre währenden Aufenthalt in Schweden zurückblickten, berichteten, dass nicht nur die Zeitung mit den Berichten vom VfL Gummersbach der heiße Draht nach Oberberg war, sondern auch die alten Weihnachtsbräuche: samt Baum, Christstollen und Weihnachtsgans mit Knödeln und Rotkohl.
Überregional gab es eine ganze Seite über einen „Besuch bei Übersiedlern, die erst kürzlich aus der DDR kamen“. 330 000 Menschen waren im Jahre 1989 aus Ost- nach Westdeutschland gekommen. Unterkunft fanden sie in Übergangswohnheimen – oder in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach-Niederseßmar, die kurzerhand zu einer Außenstelle des Übergangslagers Unna-Massen wurde. Dort, in Zimmer 505 der Akademie, lebten Udo und Marion Fricke mit den Söhnen Steffen und David. Die Familie war eine Woche nach dem Mauerfall ’89 im voll beladenen Trabi gen Westen getuckert und in Gummersbach gelandet. Im Artikel war von Wünschen (Eine eigene Wohnung!) und Hoffnungen („Einen Job finde ich schon irgendwo!“) zu lesen – und von der enormen Hilfsbereitschaft der Gummersbacher. Von Anfang an habe das Telefon nicht stillgestanden, wird Akademie-Leiter Dr. Klaus Hansen zitier, „die Oberberger schleppten Kleidung, Spielzeug, Süßigkeiten an“.
Nach dem Fest berichtete die Zeitung von einer „Tragödie bei Hilfsaktion“, so die Überschrift. Eine Gruppe von zehn Drabenderhöhern war am Tag vor Heiligabend mit fünf Kleinlastern nach Osteuropa aufgebrochen, um dringend benötigte Medikamente – 9,4 Tonnen – nach Rumänien zu bringen. Doch bei einem Verkehrsunfall in Ungarn wurde ein 21-jähriger Drabenderhöher lebensgefährlich verletzt. Er war im ungarisch-rumänischen Grenzgebiet ausgestiegen, um einen folgenden Konvoi vor den spiegelglatten Straßenverhältnissen zu warnen und dann erfasst worden.
Nach Weihnachten wurde der 21-Jährige in die Uni-Klinik Köln verlegt.
Vor 20 Jahren
Freitag, 24. Dezember 1999
„Weihnachten auf den Hirtenfeldern“ lautete die Überschrift in der Heiligabend-Nummer 1999: „Morsbacher Arzt Basil Rischmaui hält enge Beziehungen zu seinem Heimatort Bethlehem“. Dort wurde der evangelische Christ arabischer Herkunft 1940 geboren. In dem Bericht hieß es: „Kürzlich hat er eine Reise zusammen mit seiner Frau Eva, ebenfalls gebürtig aus Bethlehem, und der Oberbergischen Posaunenvereinigung ins Heilige Land organisiert und geleitet. Dabei wurde unter den Klängen der oberbergischen Musiker und im Beisein von Kölns ehemaligem Oberbürgermeister Norbert Burger in Bethlehem auch ein Marktplatz eingeweiht.“
Überregional ging der Blick Richtung Vatikan: „Papst stößt die Tür zum Heiligen Jahr auf“, lautete die Überschrift. Berichtet wurde: „Millionen Menschen in aller Welt werden an den Fernsehern miterleben, wie Johannes Paul II. heute das Heilige Jahr eröffnet. Der Papst erhofft sich von dem Jahr eine Erneuerung der Kirche, aber auch die Tourismus-Manager rechnen mit einem guten Geschäft.
Nach dem Fest berichtete die Zeitung, dass die Deutsche Welle den Gottesdienst am Morgen des Heiligen Abends live aus dem Oberbergischen – nämlich aus der Nümbrechter Schlosskirche – übertragen hatte. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Manfred Kock, hielt die Predigt, während Pfarrer Wolfgang Becker den Weihnachtsgottesdienst zelebrierte.