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Oberberger berichtenFestessen – eine Sache der Tradition

Lesezeit 4 Minuten

Geschichten aus der Küche erzählen Bundestagsabgeordneter Carsten Brodesser, VFL-Handballer, der Bürgermeister und Waldbröls Rathauschefin.

Oberberg – Kartoffelsalat mit Würstchen oder doch eher Weihnachtsgans? Gerade am Heiligen Abend ist die Essensfrage für viele Oberberger wichtig. Wir haben bei einigen nachgehört, welche Festessen bei ihnen in diesen Tagen auf den Tisch kommen.

Fisch aus Island für Vidarsson

An Heiligabend wabert ein strenger Geruch durch die Wohnung des Gummersbacher VfL-Handballers Ellidi Vidarsson. Dann packt sein Bruder, der aus Island zu Besuch kommt, kæst skata aus. „Das heißt auf Deutsch Gammelrochen“, sagt der Kreisläufer. „Der Fisch ist sauer eingelegt, stinkt und kommt stets am 24. Dezember auf den Tisch.“ Ob er das lecker findet? „Nein, eigentlich nicht“, gibt der 23-Jährige zu. „Viele jüngere Leute mögen das heute nicht mehr so, aber es ist eben Tradition.“ Mit von der Heiligabend-Spezialität kosten dürfen seine Landsmänner und Mannschaftskollegen Hakon Dadi Styrmisson und Odinn Thor Rikhardsson, der auf der Rechtsaußenposition bis zum Jahresende den verletzten Stammspieler Lukas Blohme ersetzt.

VfL-Handballer Tibor Ivanisevic und Ellidi Vidarsson.

Ungewiss ist, ob die drei Handballer dem Besuch der 13 isländischen Weihnachtsmänner entgehen, „am 26. Dezember haben wir ein wichtiges Spiel gegen den HSC Coburg“, sagt Vidarsson. „Deshalb fahren wir nicht nach Island.“ Die isländischen Weihnachtsmänner sind in Wirklichkeit Trolle, die die Häuser heimsuchen, vom 12. Dezember an erscheint in jeder Nacht ein anderer, erzählt der 23-Jährige. „Sie stehlen Lebensmittel!“ Sie heißen zum Beispiel Rauchwursträuber, Kesselkratzer, Schüssellecker. Der Türschlitzschnüffler hat es am 23. Dezember auf frisches Weihnachtsbrot abgesehen. „Früher waren die Weihnachtsmänner schrecklich, heute sind sie netter und stecken den Kindern auch mal kleine Geschenke in die Strümpfe.“ Falls die Räuber im irreführend roten Gewand nicht alles verschleppt haben, gibt es zu Weihnachten Lamm, „aber nicht so wie ihr einen Lammbraten kennt, es wird viele Tage geräuchert, bis es schwarz ist.“

Zweierlei Fondue für Bundestagsabgeordneten Brodesser

Nicht ganz geruchslos geht es am Heiligabend auch beim CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Carsten Brodesser in Lindlar zu, wenn sich die Familie am Tisch versammelt. „Da machen wir immer Käse- und Fleischfondue, das haben schon meine Eltern und auch die Schwiegereltern so gehalten.“ Bei aller Tradition gibt es Innovationen: „Wir probieren es auch schon mal mit Entenbrust. Das spritzt so, dass man hinterher die ganze Wohnung mit Essigwasser ausräuchern muss.“ Am 1. Weihnachtstag wollen die Brodessers sich in einem Lindlarer Restaurant verköstigen lassen, am 2. Feiertag lassen sie sich davon überraschen, was der Schwager kocht.

Bürgermeister Thul schlemmt mit Gänsekeulen von Mutter

Eigentlich würde Bergneustadts Bürgermeister Matthias Thul an Heiligabend auch mal gern selbst kochen, verrät er. Aber er darf nicht. Seine Mutter lässt es sich nicht nehmen, die Gänsekeulen mit Rotkohl selbst zuzubereiten, „obwohl sie gar kein Gänsefan ist“, erzählt der 41-Jährige, in dessen Familie drei Generationen unter einem Dach leben. „Sie macht sich immer enorm viel Mühe, ich würde ihr gern was abnehmen. Aber sie ist die Chefin, wenn es ums Essen geht.“

Bürgermeister Matthias Thul.

Deshalb seien bisher auch aller Versuche gescheitert, die Mama zu Weihnachten zu einem Restaurantbesuch zu überreden oder ihr gar den Kochlöffel aus der Hand zu nehmen. Er selbst kocht am liebsten so wie seine Oma, erzählt er, „gerade versuche ich herauszufinden, wie sie den Teig für frische Kartoffelklöße gemacht hat.“

Bei der Rathauschefin gibt es Truthan zum Fest

Auch Larissa Webers Mutter besteht darauf, an Heiligabend für die ganze Familie zu kochen. „Dieses Jahr Truthahn mit Rosenkohl und Schupfnudeln“, vermutet die Waldbröler Bürgermeisterin. „Auf keinen Fall gibt es bei uns Kartoffelsalat und Würstchen!“ Zu Weihnachten kommt dann ein Braten auf den Tisch, vielleicht Wild. „Das ist mein Lieblingsessen. Das gab’s auch in meiner Kindheit in Kasachstan, obwohl dort offiziell nicht Weihnachten gefeiert wurde.“

Waldbröls Rathauschefin Larissa Weber.

Alles wurde damals selbst produziert, sie hatten einen großen Garten und kochten Obst und Gemüse ein, hielten selbst Schweine, die Oma hatte Kühe, „wir mussten eigentlich gar nicht einkaufen gehen“, erzählt sie. Wer bei Webers an Weihnachten in der Küche steht? „Ich!“, erklärt die Bürgermeisterin und lacht. „Mein Mann meint, uns würde ein von ihm gekochtes Essen nicht schmecken. Aber er kauft ein!“

VFL-Torhüter Ivanisevic schwört auf Fisch und Rouladen

Tibor Ivanisevic, Torhüter beim VfL Gummersbach, feiert gleich zweimal Weihnachten, und das, obwohl er eigentlich 40 Tage lang fasten müsste. „Ich bin Sportler, ich muss viel essen“, scherzt der Handballtorwart aus Serbien. Das wird sich kaum vermeiden lassen, wenn er an Heiligabend zu Besuch bei der Familie eines Mannschaftskollegen die oberbergischen Weihnachtsbräuche kennen lernt. Das orthodoxe Weihnachtsfest Anfang Januar möchte er dann bei seiner Familie in Serbien verbringen, da kommt er ums Fasten nicht herum, „aber ich faste nur einen Tag!“ Am 5. Januar geht es in den Wald, um eine junge Eiche zu fällen, an der noch das trockene Laub hängt. Sie wird vor dem Haus oder vor der Kirche verbrannt, danach gibt’s Fisch.

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Am 6. Januar dann wird es bei den Ivanisevics üppig mit gefüllten Rouladen, Speck und einem ganzen Lamm, das über der Glut gegart wird. Dazu teilen sich alle ein Weihnachtsbrot , in dem eine Münze versteckt ist. „Wer sie findet, hat das ganze Jahr lang Glück!“