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Große SorgenOberbergs Schuldnerberatungsstellen blicken besorgt auf das neu begonnene Jahr

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Eine Hand hält das Fach eines Portemonnaies auf. Darin sind nur einige Geldmünzen zu sehen.

Wer schon wenig im Portemonnaie hat, hat nun noch größere Sorgen, wie alles zu bezahlen ist.

Die Schuldnerberatungsstellen aus dem Oberbergischen Kreis blicken aktuell mit großer Sorge auf das neu begonnene Jahr.

„Ich soll jetzt für das Gas einen Abschlag in Höhe von 600 Euro bezahlen – statt wie bisher 200 Euro. Mit meiner kleinen Rente ist das unmöglich!“ Die Seniorin, die in Gummersbach bei Heike Hamm von der Caritas Rat und Hilfe sucht, ist außer sich.

Und sie ist nicht die einzige. „Zurzeit kommen viele ältere Menschen, die bisher gerade so zurechtkamen, aber angesichts der auf das Doppelte und Dreifache steigender Energiekosten nicht mehr ein noch aus wissen“, berichtet die Schuldnerberaterin. „Die Zahl der Nachfragen steigt.“

In nahezu jedem Beratungsgespräch geht es um Energiekosten. „Für manche ist die Lage bedrohlich“, bestätigt ihr Kollege Thomas Kröger von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Engelskirchen, und Kristina Schüttler von der Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie in Waldbröl nennt es eine „allgemeine Paniksituation“, die etliche Oberbergerinnen und Oberberger umtreibt.

„Menschen, die kurz vor der Grenze zum Arbeitslosengeld II stehen, sind besonders betroffen, aber auch die, mit denen wir gerade eine Entschuldung geschafft haben, stehen jetzt wieder vor der Tür.“ Überall da, wo es ohnehin schon eng genäht sei, höre sie, dass die Menschen es nicht mehr hinbekämen, alles zu bezahlen, sagt Schüttler. Da werde ein Loch gestopft und dabei das nächste aufgerissen.

Sorge vor der nächsten Abrechnung der Energiekosten

Alleinerziehende Mütter, aber auch Geflüchtete, die dachten, wenn sie den Abschlag zahlen, sei alles erledigt, „die bekommen dann einen schweren Schlag, wenn die Abrechnung kommt“, weiß Kröger.

Hinzukomme die mehr als angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt. „Da sitzt dann zum Beispiel nach einer Scheidung der eine Partner in der 900 Euro teuren Wohnung und kann die Miete nicht mehr bezahlen, aber eine billige Wohnung findet er nicht.“ Früher sei das ein Problem der Städte gewesen, mittlerweile sei es auf dem Land angekommen.

So versuchen die Schuldberatungsstellen zu helfen, wo sie können. Vielleicht hat ja die Rentnerin jetzt Anspruch auf Sozialleistungen? Den Menschen mit einem pfändungsfreien P-Konto nutzt schon die Bescheinigung über die höhere Energiepauschale als zusätzliche Ausgabe über den Grundfreibetrag hinaus. Vielleicht hilft auch ein Haushaltsplan?

„Es ist super, dass darüber jetzt überall gesprochen wird, aber wie das geht, muss man auch vermitteln, und das können wir bei der angespannten Personalsituation nicht auch noch leisten“, schildert Kristina Schüttler und seufzt. „Zurzeit können wir den Gläubigern wie zum Beispiel den Banken auch keine Ratenzahlungen anbieten, weil den Betroffenen einfach nichts übrig bleibt“, ergänzt ihr Awo-Kollege Kröger. Nicht alle stünden am Abgrund. „Aber manchmal weiß ich auch nicht, wie ich den Leuten helfen soll.“

Wachsender Bedarf bei den Tafeln in Oberberg

Auch der Hinweis an die Ratsuchenden, sich wegen Lebensmitteln an Oberbergs Tafeln zu wenden, macht zunehmend Bauchschmerzen, weiß man dort doch auch nicht mehr, wie man den wachsenden Bedarf decken soll. „Wir prüfen, was wir können. Aber nicht alles ist lösbar“, stellt Heike Hamm von der Caritas fest.

Mit gemischten Gefühlen blicken die oberbergischen Schuldnerberaterinnen und Schuldnerberater in das neu begonnene Jahr. Einerseits erwarten sie, dass die Welle der Hilfesuchenden noch weiter ansteigen wird. Heike Hamm rechnet mit „einem Run im kommenden Jahr“. „Wir wissen nicht, was kommt nach der nächsten Energieabrechnung“, ahnt ebenso Schüttler von der Diakonie.

Andererseits glaubt man in den Schuldnerberatungsstellen, dass sich die Lage mit Verzögerung entspannen könnte, wenn die jetzt auf den Weg gebrachten Gesetze umgesetzt werden und damit etwa mehr Menschen Anspruch auf Wohngeld haben. „Wir müssen auch abwarten, was die Gaspreisbremse bringt und hoffen, dass das Arbeitslosengeld II steigt und die Energiepreise beim Bürgergeld berücksichtigt werden“, hofft in Waldbröl Kristina Schüttler.