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Putzen und Schecks ausfüllen90-jährige Lindlarerin von Haushaltshilfe hintergangen

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Gericht

Symbolbild

Lindlar – Wegen mehrfachen Betruges hat die Staatsanwaltschaft eine 59-jährige ehemalige Haushaltshilfe angeklagt. Die Frau soll ihre inzwischen 90-jährige Auftraggeberin aus Lindlar hintergangen haben.

Im Prozess vor dem Wipperfürther Strafgericht konkretisierte die Behörde jetzt ihre Vorwürfe. Demnach sind die Ermittler davon überzeugt, dass die Frau in den Jahren 2018, 2019 und 2020 als Geldbotin für die Seniorin tätig war, in insgesamt 25 Fällen aber zumindest einen Teil des Geldes für sich behielt. Die Anklageschrift geht von Schaden in Höhe von 7500 Euro aus.

1300 statt 600 Euro abgehoben

Die beiden Frauen lernten sich über eine Zeitungsanzeige kennen, zum Jahresbeginn 2017 begann die Angeklagte mit der Arbeit im Haushalt. Schnell wurde das Verhältnis enger. Ab Ende 2018 beauftragte die Seniorin ihre Helferin mit der Besorgung von Bargeld. Weil die alte Dame nahezu blind ist, füllte die Angeklagte die Barschecks aus. Als abzuhebender Betrag wurden regelmäßig 600 Euro vereinbart.

Abschließend unterschrieb die Seniorin. Im Prozess führte die Angeklagte vor, wie sie ihren Zeigefinger auf das Unterschriftenfeld gelegt habe, damit die Lindlarerin wusste, wo sie mit dem Stift ansetzen musste. Laut Staatsanwaltschaft hatte die Frau auf den Schecks allerdings höhere Beträge notiert – meist um die 900 Euro, aber zum Beispiel auch 1300 Euro. Nachdem die Frau die Schecks eingelöst hatte, übergab sie 600 Euro an ihre Auftraggeberin. Die Differenz, so sieht es die Staatsanwaltschaft, behielt sie für sich.

Diese Vorwürfe stritt die Angeklagte im Prozess ab. Gemeinsam mit der Verteidigung hatte sie eine Liste erstellt, der zufolge der Seniorin 600 Bargeld gar nicht gereicht hätten – weil etwa Getränkehändler, Fußpflege, Frisör und der Gärtner bezahlt werden mussten. „Ich zermartere mir den Kopf darüber, wo das Geld abgeblieben ist“, ließ die Frau über ihren Anwalt erklären.

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Als Belastungszeugin war eine Angehörige der Seniorin geladen. Nach zunächst vagem Verdacht, es könne Bargeld abhandenkommen, ging sie der Sache im September 2020 konkret nach. Beim ersten Blick in deren Bargeld-Kasse fand sie 280 Euro, obwohl die Haushaltshilfe erst kurz zuvor 900 Euro abgeholt hatte und die Seniorin das Haus nicht verlassen hatte. Zwölf Tage später holte die Angeklagte erneut 900 Euro. Die Lindlarerin öffnete den ihr übergebenen und verschlossenen Umschlag diesmal aber erst im Beisein ihrer Angehörigen – es befanden sich nur 600 Euro darin.

Haushaltshilfe füllte die Schecks aus

Laut Anklage bekam die 90-Jährige das Geld stets im verschlossenen Umschlag. Eine Bankmitarbeiterin erklärte im Zeugenstand, dass sie sich an die betroffenen Scheckeinlösungen erinnere, die Scheine aber stets im unverschlossenen Umschlag ausgehändigt habe.

Entscheidendes Licht in den Fall, da waren sich alle Beteiligten einig, hätte die Zeugenaussage der Seniorin bringen können. Das Gericht berichtete aber, ein Arzt habe die Reisefähigkeit der Frau mit Blick auf ihre Gesundheit inzwischen abgelehnt. „Der Gesetzgeber hat bislang weder die technischen noch die rechtlichen Voraussetzungen für eine alternative Vernehmung geschaffen“, stellte der Vorsitzende klar.

Angeklagte zu Geldstrafe verurteilt

Nach kurzer Unterbrechung stellte das Strafgericht 23 der 25 angeklagten Fälle ein. Verteidigung und Staatsanwaltschaft erklärten sich einverstanden. Nur die beiden Vorwürfe aus dem September 2020, in die sich die Angehörige eingemischt hatte, blieben bestehen. Wegen zweifachen Betruges verhängte das Gericht gegen die Frau eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 13 Euro. Die Vorwürfe seien nicht restlos aufzuklären, hatte die Anklage vor dem Urteil erklärt.

Auch das Gericht widmete sich in der Urteilsbegründung dem Umstand, dass „der weit überwiegende Teil der Vorwürfe nun unter den Tisch fällt“, so der Vorsitzende. Zwar habe die Frau einen „besonderen Vertrauensbruch“ begangen. Andererseits habe sie einen bislang einwandfreien Leumund, weshalb es auch bei Berücksichtigung der übrigen Taten bei einer Geldstrafe geblieben wäre. „Das Gericht hält diesen Weg deshalb für vertretbar“, hieß es im Urteil. Anklage und Verteidigung erklärten danach den Verzicht auf Rechtsmittel, das Urteil ist damit rechtskräftig.