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Serie

Mein ältester Schatz
Gudrun Sternickels Schätzchen erinnert an Reichshofer Institution

Lesezeit 4 Minuten
Gudrun Sternickel aus Wildbergerhütte mit ihrem ältesten Schatz, einem Barhocker aus dem ehemaligen„Atrium“ .

Dieser Barhocker aus der Kellerbar „Atrium“ in Reichshof-Wildbergerhütte ist ein stummer Zeuge zahlloser Kneipennächte. Gudrun Sternickel hat für das Erinnerungsstück einen Platz im Wohnzimmer reserviert.

Heute berichtet Gudrun Sternickel aus Reichshof-Wildbergerhütte in unserer Sommerserie über ihr altes Schätzchen aus dem ehemaligen Atrium.

Für andere mag der Barhocker, der seinen Ehrenplatz im Wohnzimmer hat, einfach ein Sitzmöbel sein. Gudrun Sternickel hingegen verbindet mit dem guten Stück jede Menge Erinnerungen, denn der Hocker gehörte einst zum Inventar der Kellerbar „Atrium“ in Reichshof -Wildbergerhütte.

Und da, unter dem Hotel zur Post, hat sie zwischen dem Ende der 1980er Jahre und dem Jahr 2007 so manche schöne Stunde und so manchen schönen Abend verbracht. „Die Bar, auch Absturz-Keller genannt, war weit über die Grenzen von Wildbergerhütte bekannt“, berichtet Gudrun Sternickel, „es kamen sogar Leute aus Siegen“.

Immer supertolle Musik

Warum sie so gerne dort war? Es war das Gesamtpaket, wie sich im Gespräch schnell herausstellt: die Räumlichkeiten urig, die anderen Gäste und die Mitarbeiter angenehm, „wenn man jemanden nicht kannte, dann kam man schnell ins Gespräch. Und es lief immer supertolle Musik. Anfangs legte ein DJ auf, später kam die Musik vom Band“.

Zunächst ging die heute 62-Jährige, die seit Mitte der 80er Jahre in Wildbergerhütte lebt, meist mit Freundinnen hin, später mit ihrem heutigen Ehemann. „Manchmal bin ich auch alleine los, man kannte eigentlich immer jemanden.“ Der Grund: Es ging sowieso jeder hin. „Egal, wo man herkam, vom Dorffest, vom Schützenfest, von einer Party – bevor man nach Hause ging, man musste immer noch kurz ins Atrium: mal eben gucken, ob noch was los war.“ Und die Chance war groß, dass man nicht enttäuscht wurde.

Einer holte dann beim Bäcker nebenan Brötchen. Manchmal haben wir noch zusammen gefrühstückt.
Gudrun Sternickel über Nächte, die bis morgens gingen.

Das erklärt auch, warum es im Atrium gerne mal später wurde. Richtig was los, erinnert sich Gudrun Sternickel, war sowieso erst ab Mitternacht. Eine Etage höher war die Diskothek Atlantis, später umbenannt in Wildwechsel. „Wenn dort gegen 3 Uhr Schluss war, kamen die Besucher oft noch runter ins Atrium. Die Leute standen dann in Dreierreihe an der Theke.“

An das berüchtigte Absacker-Getränk kann sich die frühere Stammgästin noch sehr genau erinnern: „Es gab das Schweinehäubchen, das war Wodka mit Kirschsaft. Gefährlich war aber auch der Zombie, ein Cocktail mit vielen Zutaten. Der schmeckte zwar wie Saft, aber mehr als einen hat man wegen der Alkoholmenge besser nicht getrunken.“

Und dann war da noch der Metzger, der manchmal, wenn der Morgen längst graute, einen Schwung warmer Fleischwurst vorbeibrachte. „Das war immer super, einer holte dann beim Bäcker nebenan Brötchen. Manchmal haben wir dann noch zusammen gefrühstückt“, erinnert sich die Wildbergerhütterin.

Gudrun Sternickel und der Barhocker aus dem Atrium.

Gudrun Sternickel mit ihrem Barhocker aus dem Atrium.

Die Atrium-Ära endete im Jahr 2007 abrupt, als das Gebäude über der Kellerbar abbrannte und auch das Atrium zerstört wurde. „Es wurde nicht wieder eröffnet. Aber ein Teil der Bestuhlung war erhalten geblieben.“ Ein Bekannter von Gudrun Sternickel, der einige der Sitzmöbel in seine Kellerbar stellte, hat ihr den Hocker später geschenkt. „Seitdem steht er in einer Ecke in unserem Wohnzimmer und wird in Ehren gehalten. Ich werde ihn niemals weggeben“, ist sich die Reichshoferin sicher.

Ein echter Schatz

Denn dass sie selbst oft auf genau diesem Hocker gesessen hat, den sie als Erinnerung heute ihr Eigen nennt, darf als sicher gelten. „Es gab schließlich nur acht oder zehn davon.“

Wie gesagt: Für andere mag der Barhocker aussehen wie einer von vielen. Aber die vielen Erinnerungen machen ihn für unsere Leserin zu einem echten Schatz. Und mal ehrlich: Hätten wir nicht alle gerne genau so ein altes Schätzchen aus einer früheren Stammkneipe?


Der Sommerwettbewerb

In unserem Sommerwettbewerb 2024 haben wir Sie gemeinsam mit der Volksbank Oberberg   nach ihren ganz persönlichen Schätzen gefragt. Aus mehr als 170 Bewerbungen hat unsere Redaktion 20 Schätze ausgewählt, deren Geschichte wir in der Zeitung erzählen.   Nach den Sommerferien bestimmt eine Jury, welche Teilnehmer es auf die drei vorderen Plätze schaffen und welche auf die Ränge vier bis 20. Am 8. Oktober werden die Finalisten in der Volksbank in Wiehl geehrt. (r)