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SommergesprächSPD-Chef Konzelmann: Wieder näher ran an die Leute

Lesezeit 5 Minuten

Bezahlbarer Wohnraum ist für Thorsten Konzelmann ein Thema, mit dem die oberbergische SPD punkten könnte.

Oberberg – Wo steht Oberbergs Politik zwei Jahre vor den Kommunalwahlen? Darüber reden wir in unseren „Sommergesprächen“ mit den Vorsitzenden der Parteien, die im Kreistag mit einer Fraktion vertreten sind. In der zweiten Folge spricht Harald Knoop mit Thorsten Konzelmann (SPD).

Wie würden Sie den aktuellen Zustand der SPD Oberberg beschreiben?

Nach dem sehr schwierigen Jahr 2017 mit den verlorenen Landtags- und Bundestagswahlen ist der Abwärtstrend jetzt zumindest abgefedert. Die Verbindungen nach Düsseldorf und Berlin sind seitdem aber nicht mehr so eng und unmittelbar. Vor allem der unerwartete Verlust des Bundestagsmandats wiegt schwer.

Die SPD

Thorsten Konzelmann (49) ist seit 2007 Vorsitzender der SPD Oberberg. Der ausgebildete Diplom-Verwaltungswirt ist schwerpunktmäßig als Politiker tätig, unter anderem als Mitglied des Kreistags und als Fraktionsvorsitzender in Gummersbach.

Die SPD Oberberg holte 27,9 Prozent der Stimmen bei den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014. Mit 16 Mitgliedern bilden die Sozialdemokraten die zweitgrößte Fraktion im Kreistag. (kn)

Wirkt sich das auf die Mitgliederzahl aus?

Trotz alledem hatten wir seit Januar vergangenen Jahres 137 Parteieintritte. Die kamen in drei Wellen: als Schulz-Effekt mit der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz, nach der Bundestagswahl und als es um die große Koalition ging.

Wie viele von denen, die im Zuge des „Juso-Aufstands“ gegen die Groko eintraten, sind noch dabei?

Die meisten. Bei den Mitgliederversammlungen erlebe ich deutlich mehr junge Leute als früher. Diese Verjüngung ist sehr erfreulich und führt zu lebhafteren Diskussionen. Die Herausforderung ist, die jungen Leute in der Partei zu halten und sie zur Mitarbeit zu gewinnen.

Wieso kann Ihre Partei denn aktuell so überhaupt nicht von dem Streit zwischen CDU und CSU in Berlin profitieren? Stattdessen gewinnen die Grünen in den Umfragen. Warum?

Wir werden einfach nicht mehr als erste Alternative wahrgenommen. Durchaus verständlich: Schließlich haben wir in den vergangenen 20 Jahren ja auch 16 Jahre mitregiert. Das ist auch einer der Gründe, warum auch ich dieses Mal so vehement gegen eine Neuauflage der großen Koalition war.

Insgesamt ist es still geworden um die Genossen in Oberberg.

Ja, das liegt aber auch sehr an den fehlenden Mandaten im Landtag und im Bundestag. Ein Großteil der Aufmerksamkeit für die Partei definiert sich darüber. Wir haben aber auf einer Klausurtagung in diesem Jahr Ideen entwickelt, die sich teilweise bereits in der Umsetzung befinden. Dies alles wird dazu führen, dass wir bald viel deutlicher wahrgenommen werden.

In Bergneustadt versuchen ihre Parteifreunde für mehr Gerechtigkeit bei der Grundsteuer B zu sorgen, in Waldbröl wollten sie die Bürger vor zu hohen Steuern bewahren. Abgesehen von der Realisierbarkeit der Vorschläge – hätte sich der Kreisvorsitzende da nicht zu Wort melden müssen?

Die Grundsteuer B ist eine kommunale Steuer und damit in erster Linie auch eine kommunale Angelegenheit. Als Gummersbacher Fraktionsvorsitzender hätte ich Erklärungen der Kreispartei dazu als Einmischung in kommunale Spezifika betrachtet.

In der Kreisverwaltung werden gerade zwei der vier Dezernentenstellen frei. Meldet die SPD Oberberg Ansprüche an, bei der Neuvergabe berücksichtigt zu werden?

Das ist Sache des Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, aber ich bin sicher, dass das Thema wird.

In zwei Jahren sind wieder Kommunalwahlen. Eines Ihrer selbst erklärten Ziele war, die Kampagnenfähigkeit der Kreispartei wieder herzustellen. Wie steht es darum?

Es ist noch nicht wieder so wie vor 20 Jahren, aber dank der gestiegenen Mitgliederzahlen bin ich etwas zuversichtlicher. Wichtig ist auch in den Zeiten sozialer Medien die direkte Ansprache der Menschen. Wir waren im Bund in den vergangenen Jahrzehnten fast immer an der Regierung beteiligt und trotzdem haben sich die sozialen Unterschiede verschärft. Da sind die Menschen zu Recht enttäuscht von uns.

Wie wollen Sie das denn ändern?

Wir müssen wieder näher an die Leute ran, denn die Menschen unterscheiden zwischen der Partei in Bund oder Land und aktiven SPD-Mitgliedern vor Ort, die sich für kommunale Belange einsetzen. Die direkte Ansprache ist wichtig, dann lassen sich auch die Wahlergebnisse wieder verbessern.

Mit welchen Themen, die nicht auch von anderen Parteien schon besetzt sind, wollen sie 2020 punkten?

Zum Beispiel mit der Forderung nach bezahlbarem Wohnraum. Das wird auch in Oberberg immer mehr Thema. Denkbar wäre eine Wohnraumoffensive zusammen mit den Ortsvereinen in allen Kommunen.

Und mit welchen Personen? Schon jetzt ist in Oberberg nur noch ein Bürgermeister in der SPD. Ansonsten haben Sie oft parteilose Kandidaten unterstützt – auch bei der Landratswahl.

Uns geht es gerade auf der kommunalen Ebene vor allem darum, jemanden zu finden, der vor Ort geerdet ist und der auch sozialdemokratische Politik vertritt. Natürlich müssen wir verstärkt auch in den eigenen Reihen suchen. Aber das ist nicht zwingend. Ich persönlich glaube zum Beispiel, dass wir bei der Landratswahl 2015, als wir Jörg Bukowski unterstützt haben, trotzdem sehr viele SPD-Wähler damit mobilisieren konnten. Das zeigt ja auch sein Wahlergebnis.

Trotzdem bleibt ein Problem: Oberbergische Arbeiter wählen heute konservativ, links-liberale Beamte die Grünen. Bleibt da noch eine Nische für die SPD?

Das glaube ich schon. Auch wenn das stimmt: Die Gewerkschafter in unserer Partei zum Beispiel sagen, dass wir wieder mehr in die Betriebe gehen müssen. Die jungen Leute dort wählten tatsächlich eher AfD als SPD. Für uns als Sozialdemokraten ist das kein Selbstläufer, diese Menschen zurückzugewinnen. Es ist ein hartes Stück Arbeit.