„Sparta ist unser Hawaii“Reichshofer will Extremsport-Weltmeister werden
Sein großen Traum, einmal bei der WM in Griechenland zu starten, hatte Extremsportler Sven Dyballa (38) aus Reichshof-Oberagger schon beerdigt: Es fehlte das Geld. Dann kam ein Zeitungsbericht und eine edle Spende und am Samstag ist es soweit: Dyballa startet in Sparta. Frank Klemmer sprach mit Dyballa vor der WM über den Weg dorthin.
Was bedeutet Ihnen der Start in Sparta? Welche Stellenwert hat diese WM für Ihren Sport?
Sparta ist für uns, was für die Triathleten der Ironman in Hawaii ist. Nicht nur, weil diese Rennserie den Namen Spartan Race trägt. Hier gehen Sportler aus 60 Nationen an den Start, 3000 in der Eliteklasse, 10 000 weitere in dem offenen Rennen. Die WM ist zwar nur eine von dreien in unserem Sport, es gibt auch andere Rennserien und große Herausforderungen wie das härteste Rennen, den „Tough Guy“ in England, wo ich auch schon dabei war.
Was macht das Event in Sparta so besonders?
Mit den drei Rennen über 8, 18 und 28 Kilometer, die innerhalb von 24 Stunden zu absolvieren sind, ist Sparta schon etwas Besonderes, die Anhöhen um die Stadt herum und natürlich die Atmosphäre mit der Parade der Athleten am Freitag auf der Promenade an der Leonidas-Statue vorbei. Es war schon immer mein Traum, dort mal mit dabei zu sein. Ich habe das ganze Jahr darauf hingearbeitet. Und ich glaube nicht, dass ich diesen Aufwand noch einmal betrieben hätte, wenn es nicht geklappt hätte. Ich hätte mir andere Ziele gesetzt.
Das heißt: Jetzt oder nie. Sie hätten Ihren Traum also begraben?
Es ist bei uns halt etwas anderes als bei den Triathleten: Die machen ihren Qualifikationswettkampf und können ihre Vorbereitung und ihr Training dann komplett auf den Höhepunkt Hawaii ausrichten. Bei uns dauert die Qualifikationsphase im Prinzip das ganze Jahr. Man verzichtet auf Urlaub, trainiert neben der Arbeit 14 Stunden in der Woche, muss viele Wettkämpfe bestreiten, um sich überhaupt zu qualifieren – und erst Anfang September weiß man, ob man sich wirklich qualifiziert hat. Das ist auch noch mal was anderes als bei einigen Kollegen in meinem Sport: Die sind Mitte 20, Sportstudenten oder Fitnesstrainer. Ich habe eine zehnjährige Tochter, mein Leben dreht sich nicht nur um den Sport.
Umso ärgerlicher wäre es gewesen, wenn Sie den Start verpasst hätten – nicht aus sportlichen Gründen, sondern weil das Geld fehlte. Wie schwer ist es, Sponsoren zu finden?
Das ist schon Klinkenputzen ohne Ende. Bis auf einige Spitzensportler, die in Teams organisiert und viele Sponsoren haben, ist es nicht einfach, Unterstützer zu finden. Und durch die aktuelle wirtschaftliche Situation wird es nicht einfacher für die Unternehmen, einen Extremsportler wie mich zu unterstützen. Daran wäre es ja auch fast gescheitert – und die Gründe dafür verstehe ich sogar.
Auf Umwegen zur WM
Eigentlich war der Traum von der WM im griechischen Sparta für Sven Dyballa und Ira Haack schon abgehakt. Nachdem das oberbergische Extremsportler-Paar Anfang September vom Spartan Race Trifecta-Weekend in Oberndorf in Tirol zurückgekehrt war, wich die Freude über die dort geschaffte Qualifikation für die Weltmeisterschaft schnell dem Frust: Weil ein möglicher Sponsor kurzfristig absprang, konnten Dyballa und Haack die Kosten für die Reise und den Start in Griechenland nicht mehr aufbringen. Die Weltmeisterschaft, für die sie das ganze Jahr trainiert hatten, schien plötzlich unerreichbar.
Am 18. September berichteten wir unter der „Ohne Sponsor geht's nicht zur WM – Trotz Qualifikation: Extremsportler verpassen ihren Saisonhöhepunkt“ über Dyballas Dilemma. Wenige Tage später meldete sich daraufhin jemand in der Redaktion, der das so nicht hinnehmen wollte. Wenn man bedenke, um welche Summen es sonst im Sport gehe, könne es doch nicht sein, dass eine WM-Teilnahme an so einem Betrag scheitere.
Die Spenderin, die nicht genannt werden will, nahm über die Redaktion Kontakt zu Sven Dyballa auf. „Wir haben uns einmal getroffen und gesprochen – und kurze Zeit war das Geld da. Es war unfassbar“, sagt der Extremsportler, der sein Glück immer noch nicht wirklich fassen kann. (kmm)
Wie sind Sie überhaupt zu diesem Sport gekommen?
Ich habe eigentlich immer Sport gemacht. In Bergneustadt, wo ich herkomme, habe ich 16 Jahre lang Handball gespielt. Dann war ich sechs Jahre lang Zeitsoldat.
Dann kannten Sie ja Hindernisparcours schon . . .
(lacht) Stimmt. Der eigentliche Grund, danach Hindernisrennen zu machen, war aber, dass ich für Mannschaftssport einfach keine Zeit mehr hatte. Und dann kam 2014 das Spartan Race in Bielstein, mein erstes Rennen überhaupt. Für mich schließt sich in Sparta auch ein Kreis: Mit Spartan Race habe ich angefangen, jetzt bin ich bei der Weltmeisterschaft.
Haben Sie es jemals bereut, sich für diesen harten Weg zu entscheiden?
Es war nicht immer einfach. Vor allem im vergangenen Jahr als ich bei meinem Heimrennen in Bielstein schwer verletzt habe, hatte ich lange daran zu knabbern. Ich habe auch lange gebraucht, um wieder fit zu werden. Umso großartiger ist es, dass ich jetzt wirklich bis nach Sparta geschafft habe.
Mal ganz abgesehen vom Geld: Wie sehen Sie denn die Wertschätzung für Ihre Leistung? Bekommt das überhaupt jemand mit?
Die Leute um mich herum wissen natürlich, was ich mache. Ja, Hindernisrennen sind populär, aber sie sind und bleiben eine Randsportart. Aber ich selbst darf mich eigentlich nicht beschweren: Ich war schließlich in den vergangenen Jahren unter den Nominierten bei der Sportlerwahl Ihrer Zeitung mit dabei. Zum Vergleich: Damit bin ich einer von nur vier Extremsportlern in ganz Deutschland, die das in ihrer Region geschafft haben.
Und was passiert nach Sparta?
Nichts anderes, als wenn ich Sparta verpasst hätte: Ich werde mir neue Ziele setzen. Aber erstmal werde ich jetzt diesen Höhepunkt genießen. Mit der WM setze ich den letzten fünf Jahren eine Spitze auf.