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Dunkle Dörfer und dunkle KirchenHier spart Wipperfürth Strom und Gas

Lesezeit 4 Minuten
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Stadtsilhouette von Wipperfürth. 

Wipperfürth – Die Preise für Gas und Strom laufen aus dem Ruder, das tut auch der Stadt richtig weh. Auf Antrag der SPD-Fraktion beschäftigte sich der Haupt- und Finanzausschuss mit der Frage, wie und wo die Stadt Energie einsparen kann.

Die Fraktion der Grünen hat beantragt, die Straßenlaternen nachts komplett oder teilweise abzuschalten. Darüber muss am Donnerstag der Bauausschuss entscheiden. Eine komplette Abschaltung würde jährlich rund 220.000 Kilowattstunden Strom einsparen. CDU und SPD reagierten skeptisch.

Fachleiter Marius Marondel erklärte, dass die Stadt drei Notstromaggregate bestellt hat. Eines ist für die Feuerwache vorgesehen, ein zweites für eine mögliche Sammelstelle in Notlagen. Das dritte Aggregat ist ein mobil einsetzbares Gerät.

Im Schwimmbad, bei der Beleuchtung und der Raumtemperatur soll gespart werden

Im Hallenbad wurde die Wassertemperatur von 29 auf 27 Grad Celsius gesenkt, die Sauna wurde geschlossen. Ein Austausch des vorhandenen Blockheizkraftwerks, eine moderne Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, eine Fassadenerneuerung und ein neuer Heizkessel würden laut Verwaltung langfristig weitere Einsparpotenziale bringen.

Auch beim Thema Beleuchtung spart die Stadt. So sollen die Evangelische Kirche am Markt und die Pfarrkirche St. Nikolaus nachts nicht mehr angestrahlt werden, das soll jährlich rund 1000 bis 1500 Kilowattstunden Strom einsparen. „Diese Maßnahme ist mit der Kirchengemeinde abgesprochen“, so Bürgermeisterin Anne Loth. Die Strahler für das Alte Stadthaus und den Marktplatz sowie die Bodenstrahler Krakenburg wurden bereits abgeschaltet.

Die farbige Beleuchtung der Fußgängerbrücke an den Ohler Wiesen ist ausgesetzt. Denn die Beleuchtungsanlage ist kaputt, ein Ersatz würde 60.000 bis 80.000 Euro kosten, darauf will die Stadt verzichten.

19 Grad Raumtemperatur müssen reichen

Die Weihnachtsbeleuchtung – sie besteht ausschließlich aus LED-Lampen – soll täglich zwei Stunden kürzer brennen, eine Stunde morgens, eine Stunde nachmittags und abends. Das soll jährlich rund 90 Kilowattstunden einsparen. Die Raumtemperaturen in allen öffentlichen Gebäuden – also auch den Schulen – sollen im Winter auf 19 Grad heruntergefahren werden. Die Verwaltung hat darüber hinaus alle Kitas, Schulen und Vereine gebeten, beim Einsparen von Energie aktiv mitzuwirken und Fragen zu weiteren Einsparpotenzial zu beantworten.

Was spart das tastächlich?

6300 Tassen Kaffee können sich die Wipperfürther mit Hilfe des gesparten Stroms bei der Weihnachtsbeleuchtung kochen. Geplant ist, dass die LED-Lichterketten vom 1. Advent bis zum 6. Januar täglich zwei Stunden weniger brennen sollen. Das soll insgesamt 90 Kilowattstunden Strom sparen.

1000 Kilowattstunden Strom sollen mindestens eingespart werden, wenn die Kirche St. Nikolaus und die evangelische Kirche am Markt ein Jahr lang nicht mehr nachts angestrahlt werden. Mit diesem Strom könnte in 1000 vierköpfigen Familien in Wipperfürth an einem Tag das Mittagessen gekocht werden.

Die Rechnung basiert auf den Angaben zu Durchschnittsverbrauch des Preisvergleichsportals Verivox. (lb)

BEW-Geschäftsführer Jens Langner gab in einem Vortrag einen Überblick zur Versorgungslage beim Erdgas. Aktuell komme über die Pipeline Nord Stream 1 gar kein russisches Erdgas mehr nach Deutschland. Die fehlenden Mengen können nur zum Teil von anderen Ländern (Niederlande und Norwegen) und durch Flüssiggas kompensiert werden. Im Vergleich zum Vorjahr sei die BEW-Netzlast zwar um 16,5 Prozent gesunken (Zeitraum Januar bis August), doch rund die Hälfte davon sei auf den milden Winter zurückzuführen. „Im Winter kann es beim Gas zu Versorgungsengpässen kommen“, betonte Langner. Deshalb müsse unbedingt weiter Energie eingespart. Ein Appell, der auch an die Kunden geht.

Die extrem hohen Gaspreise treiben auch die Preise für Strom nach oben. Gaskraftwerke liefern derzeit zehn bis 15 Prozent der deutschen Strommengen. Bei gleichförmigen Gütern wie Gas und Öl, aber auch Stahl und Weizen, gilt ein ökonomisches Prinzip, wonach der Marktpreis den Grenzkosten entspricht.

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Solange auf Strom aus Gas nicht verzichtet werden kann, richtet sich der Strompreis nach den hohen Gaspreisen aus. Davon profitieren auch Anbieter, die preiswerter Strom produzieren können, etwa aus nachhaltigen Quellen, aus Atomenergie oder aus Kohle. Eine Übergewinnsteuer, wie es sie in anderen Ländern gibt, sei deshalb aus seiner Sicht durchaus überlegenswert, so Langner. Außerdem könnten die Kunden durch ihr Verbrauchsverhalten dafür sorgen, dass Gas für die Stromerzeugung nicht mehr benötigt werde.

Regina Billstein (SPD) wollte wissen, wie die BEW mit Kunden umgehe, die ihre Rechnung nicht mehr bezahlen können. „Wir bieten in solchen Fällen Ratenzahlungen und individuelle Vereinbarungen an“, so Langer, „das klappt allerdings nicht immer“.