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Teures FutterAuch der Bergneustädter Biobauer hängt an den Lieferketten

Lesezeit 3 Minuten

Henning Gauer setzt jetzt schon auf selbst produziertes Futter, aber eben nur zum Teil.

Bergneustadt – Bio-Landwirt Henning Gauer macht sich Sorgen. Er vermisst in diesen Tagen vor allem ein öffentliches Bewusstsein: ein Bewusstsein für die längst vorhandene Klimakrise und dass sich in der Landwirtschaft dringend etwas ändern muss. Ein Bewusstsein aber auch, welche Auswirkung der Krieg in der Ukraine derzeit auch auf die Futtermittel für die Tiere auf den landwirtschaftlichen Betrieben hat, auch wenn es Bio-Betriebe sind.

50 Prozent eigenes Futter,

50 Prozent wird geliefert

„Der überwiegende Teil des Getreides für die Futterindustrie kommt aus dem Ausland. Jede Veränderung in den Lieferketten ist also eine Katastrophe“, sagt Gauer. Auch auf dem Bio-Gut Rosenthal in Bergneustadt sind die Folgen spürbar: 550 Euro pro Tonne hat Gauer bislang für das Hühnerfutter bezahlt. In der kommenden Woche werden es 700 Euro sein.

Auf dem Bio-Gut Rosenthal in Bergneustadt muss Biobauer Henning Gauer für das Futter der Tiere in der aktuellen Krise einiges drauflegen. Sortiert werden die Eier unter anderem von Mitarbeiterin Lina Guterding.

Dabei steht der Biohof in Bergneustadt noch wesentlich besser da als viele konventionelle Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland. Denn als Mitglied des Verbands Bioland, dem deutschlandweit rund 10 000 Betriebe angehören, die eine ökologische Landwirtschaft betreiben , sind Gauer und seine Mitarbeiter verpflichtet, 50 Prozent des Futters für die Tiere auf dem Hof selbst zu produzieren.

Acht Hektar Ackerfläche und Getreide vom Partner

In Halver besitzt Gauer eine acht Hektar große Ackerfläche, auf die er Mist fährt und Getreide für seine Tiere anbauen kann. Futter wird außerdem über einen Kooperationsbetrieb erwirtschaftet, der ebenfalls den Mist des Hofs erhält, Acker damit düngt und Getreide für den Hof in Bergneustadt erwirtschaftet.

Die anderen 50 Prozent des Futters erhält aber auch Gauer aus Futtermühlen, die von großen Ackerbaubetrieben beliefert werden. Und die beziehen ihr Getreide aus dem Ausland – und zu einem großen Teil aus der Ukraine, auf deren Äckern derzeit jedoch alles andere als geerntet wird. „Der Krieg macht deutlich, wie abhängig wir uns von anderen gemacht haben und wie sehr wir auf Kante genäht sind“, sagt Gauer.

2000 Hühner brauchen 1,8 Tonnen Futter pro Woche

Bevorratung gebe es keine. Das Futter braucht der Landwirt aber. Denn 130 Gramm frisst ein Huhn am Tag. Bei 2000 Hühnern auf dem Hof sind das allein 1,8 Tonnen Futter pro Woche. Auf einem Hektar Acker können nur vier bis fünf Tonnen angebaut werden. Die Lösung sei jedoch keineswegs ein „imperialistisches Denken“, meint der Biobauer.

Unter anderem 2000 Hühner sind auf dem Biogut zu Hause.

Auch andere würden von dem Getreideanbau und von den Lieferketten leben. Aber: „Unser Lebensstil vernichtet unsere Lebensgrundlage. Wir müssen endlich wach werden. Viele machen sich keine Gedanken darüber, dass Mittel, die billig sind, gegen wenig Bezahlung hergestellt und importiert wurden.“

Bloß kein Fischmehl ins Futter

Was Gauer gerade gar nicht passt: Aus der Not heraus, lasse die Europäische Union zu, dass ökologische Landwirtschaftsbetriebe ihrem Futter einen fünfprozentigen Anteil an konventionellen und somit nichtökologischen Futterkomponenten wie beispielsweise Fischmehl beigeben dürfen. „Wir machen das nicht, denn wir stehen zu 100 Prozent Bio“, so der Landwirt. Veränderungspotenzial, um die Landwirtschaft noch ökologischer und auch regionaler zu machen, sei da, meint Gauer. Dass es auch in der ökologischen Landwirtschaft noch viele Baustellen gibt, sei ihm aber durchaus bewusst. „Wir müssen zum Beispiel unsere Lkw auch immer noch mit Diesel betanken, weil es noch nicht anders geht“, erklärt er.

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„Wie können wir CO2 binden statt es in die Atmosphäre zu lassen? Was können wir gegen das gefährdete Grundwasser tun?“ Das sind nur zwei von vielen Fragen, die sich der Landwirt stellt. Einen kleinen Schritt in Sachen nachhaltigere Energieerzeugung hat er selbst kürzlich getan: Er hat eine Photovoltaikanlage auf dem Dach seines Bio-Guts installieren lassen.