Viele UnterstützerVerein in Wiehl kümmert sich um die Kinder psychisch Kranker
Wiehl – „Rund 3,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen mit einem psychisch kranken Elternteil auf“, sagt die frühere Krankenschwester Sandra Karsten. „Sie fühlen sich alleingelassen und entwickeln Schuld- und Schamgefühle. Gleichzeitig übernehmen sie die Rolle der Eltern. Ihre Kindheit geht verloren.“
Karsten weiß, wovon sie spricht: Sie hat 18 Jahre lang in der Psychiatrie unter anderem am Waldbröler Krankenhaus gearbeitet und dort festgestellt, dass keiner nach den Kindern der Kranken fragte. Dies zu ändern, hat sie sich auf die Fahnen geschrieben. Mit Rolf Trapp hat sie im März den Verein „Lebensfarben – Hilfen für Kinder und Jugendliche“ gegründet. Denn bisher fielen diese durchs soziale Hilfenetz.
Bisher keine Regelfinanzierung
Voraussetzung dafür, dass der Verein am 1. Mai die praktische Arbeit aufnehmen konnte, war eine Förderzusage der Karl-Bröcker-Stiftung aus Lippstadt. Die Stiftung einer vor 20 Jahren verstorbenen Freundin habe sich der Zukunft der Kinder verschrieben, erklärt die Innenarchitektin Susanne Brandherm. Zwei Jahre kann Lebensfarben mit dem Geld arbeiten und damit sowohl die Büroräume als auch die Halbtagsstelle von Sandra Karsten als Case-Managerin finanzieren. Denn für ein solches Angebot habe es bisher keine Regelfinanzierung gegeben, erklärt die Vorsitzende und Geschäftsführerin. Und dass, obwohl laut Jugendamtsleiterin Andrea Stawinski psychische Erkrankungen in Deutschland zunähmen.
Zu den Geldgebern gehört auch die KSK-Stiftung, während Kooperationen mit dem Wiehler Jugendamt, der Oberbergischen Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderter und der Koordinationsstelle Gemeindepsychiatrischer Verbund die praktische Arbeit unterstützen. „Diese basiert auf drei Säulen“, erklärt Trapp. Der frühere Betriebswirt engagierte sich bis vor kurzem in der Sterbe- und Trauerbegleitung, bis ihn Karsten auf die Situation von Kindern psychisch Kranker aufmerksam machte.
Kontakte in Schulen knüpfen
Die erste Säule ist ein Patenschaftsmodell. Bis Anfang Dezember werden acht Ehrenamtler zu künftigen Paten geschult. Die von der Wiehler Sozialstiftung geförderte Ausbildung gliedert sich in Einheiten, in denen sie den Umgang mit psychisch Kranken lernen. Einmal in der Woche sollen Paten zwei bis drei Stunden mit deren Kindern verbringen und bei Freizeitaktivitäten und Gesprächen das Vertrauen gewinnen. Es gehe darum, Sicherheit und Zuwendung sowie das Gefühl zu vermitteln, nicht allein zu sein. Denn laut Sandra Karsten stellten sie eigene Bedürfnisse zurück, was sie auf Dauer überfordert. Ziel sei es, noch in diesem Jahr die ersten fünf Kinder zu betreuen.
Das Case-Management bildet die zweite Säule und regelt die Kooperation mit den Ämtern. „Die Vernetzung vieler Dienststellen hilft beim Auffinden passender Hilfe, da es um eine bedürfnisorientierte Versorgung geht“, führt Karsten aus. Die Prävention ist schließlich die dritte Säule.
Die heute 21 Vereinsmitglieder gehen in Schulen, um Kontakt zu auffälligen Jugendlichen zu knüpfen. In Gruppen können diese über ihre Situation sprechen und erfahren, dass auch andere solche Probleme haben. Die Eltern sollen ebenso eingebunden werden.
Zu den Unterstützern des Projekts gehört zudem der Vermieter der Vereinsräume: Karl Friedrich Soest hat diese auf eigene Kosten renoviert. Der Verein teilt sich das Büro an der Mühlenstraße 7 mit zwei Geschäftsleuten. Dort findet der nächste Info-Abend am 15. Januar um 15 Uhr statt.