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Voller Einsatz in EngelskirchenThomas Nonte kämpft nicht nur für den Klimaschutz

Lesezeit 5 Minuten

Zu zweit: In Engelskirchen erhält Dr. Thomas Nonte Verstärkung von Ronja Völkl. Beide kümmern sich nicht nur um Klimaschutz.

Engelskirchen – Plastikmüll in den Weltmeeren, ein anhaltend hoher Kohlenstoffdioxid-Ausstoß und eine Menschheit, die nur langsam begreift, dass sie sich ihrer Lebensgrundlage beraubt: „Wir laufen sehenden Auges in die Selbstzerstörung“, sagt Dr. Thomas Nonte.

Natürlich sympathisiert der Klimaschutzmanager der Gemeinde Engelskirchen mit der Jugendbewegung, die bei den „Friday for Future“-Großdemos ein sofortiges Handeln fordert. Einen Affront nennt er Äußerungen von Politikern, die den Protest als Schulschwänzen abtun, statt sich mit den Argumenten der auseinanderzusetzen.

Zusammenarbeit mit Nachhaltigkeitsmanagerin

Aber: Seine Überzeugung, dass Klimaschutzmaßnahmen überfällig sind, hat der Engelskirchener bei seiner Arbeit in den vergangenen Jahren hintenan gestellt. Aus gutem Grund: Seit 2013 kümmert sich Dr. Nonte darum, dass sich die Gemeinde klimafreundlicher aufstellt. Damit ist er einer der dienstältesten Klimaschutzmanager in NRW – und einer der wenigen in Oberberg. Einige Kommunen hatten mal einen, aktuell gebe es nur noch die Manager in Nümbrecht und Lindlar, sagt Nonte.

Von der Großchemie in den Klimaschutz

Dr. Thomas Nonte hat weder Nachhaltigkeit noch Klimaschutz studiert. Diese Fächer gab es noch nicht, als er die Schule abgeschlossen hatte. In Köln aufgewachsen, studierte er in Aachen Maschinenbau, da war auch Wärme- und Energietechnik ein Schwerpunkt. 1991 promovierte er in Stahlkunde.

Über viele Jahre arbeitete Nonte in der Großchemie, für BASF leitete er zum Schluss die europaweite Technik – nicht gerade eine Branche, die gemeinhin mit Umweltschutz in Verbindung gebracht wird. Nonte widerspricht: „Damals steckte BASF für jede investierte Mark eine weitere in den Umweltschutz – wenn das nur jede Firma machen würde!“ Anfang der 2000er Jahre machte er sich als Berater für die Industrie selbstständig, war in viel unterwegs. Das ging nicht mehr, als seine Schwiegermutter zum Schwerstpflegefall wurde. Als Engelskirchener Bürger brachte er sich ab 2011 im Klimabeirat und bei der Aufstellung des Klimaschutzkonzeptes mit ein. 2013 wurde ihm die neue Stelle des Klimaschutzmanagers angetragen. (ag)

Dass seine Gemeinde den Klimaschutz ernst nimmt, zeige seine neue Kollegin: Mit der studierten Nachhaltigkeitsmanagerin Ronja Völkl arbeitet der 60-Jährige seit kurzer Zeit zusammen. Beide teilen sich ein Büro im Kellergeschoss des Rathauses. Als Klimaschutzmanager müsse man das Rad nicht neu erfinden, Ideen gebe es genug, sagt Nonte: „Mein Job ist es vielmehr, zu prüfen, ob diese Ideen für unsere Gemeinde umsetzbar sind, Menschen dafür zu gewinnen und Widerstände zu brechen.“

Geldbeutel schonen

Schnell habe er bemerkt, dass es wenig zielführend ist, beim Besuch in Einrichtungen und Firmen als „Klimaschützer“ aufzutreten. Bis vor einiger Zeit habe er seinen Jobbezeichnung oft verschwiegen und statt mit Klimaschutz mit Einsparpotenzialen argumentiert: „Tatsächlich ist Klimaschutz nur ein Nebeneffekt, wenn es darum geht, Ressourcen verantwortungsvoll zu nutzen – und damit auch den Geldbeutel zu schonen.“

Beispiel Spülmaschine: Als Nonte sein Amt antrat, standen in vielen Kitas Industriespülmaschinen, die zwar schnell, aber unter großem Einsatz von Energie, Wasser und Reinigungsmittel arbeiteten. In Gesprächen mit den Einrichtungsträgern gelang es Nonte, diese Energiefresser gegen normale Spülmaschinen austauschen zu lassen. Was die Verantwortlichen überzeugt habe, sagt Nonte, sei vor allem die Kostenersparnis gewesen – denn ein solcher Austausch rechne sich bereits nach eineinhalb Jahren. Ähnlich sei das bei einem Invest in LED-Lampen: „Nach spätestens zwei Jahren amortisiert sich das.“

Partner für Mobilitätskonzept

Kleine Veränderungen wie diese standen in Nontes ersten drei Jahren auf der Aufgabenliste: Er arbeitete das Klimaschutzkonzept ab, vor allem in gemeindeeigenen Gebäuden wurde er aktiv. Er initiierte etwa eine zentrale Wärmeversorgung auf dem Rathausgelände, sorgte für mehr Fotovoltaik auf den Dächern.

Derzeit arbeitet er mit Kollegin Völkl am großen Thema Mobilität. Nachdem er für die Gemeinde ein Mobilitätskonzept erstellt hat, geht’s darum, Partner für die Umsetzung zu finden und Fördertöpfe anzuzapfen. Die Maßnahmen haben ein Gesamtvolumen von mehr als 15 Millionen Euro. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie Menschen aus den Dörfern versorgt und möglichst ohne Auto mobil gehalten werden können.

„Wir sprechen nicht mehr nur über Klimaschutz“

Viele Aspekte spielen da hinein: Elektromobilität, Busanbindung, Bürgerbus, Car-Sharing, Radwege, Fahrradabstellplätze, der Nahversorger in jedem Ort. „Eigentlich sprechen wir hier nicht mehr nur über Klimaschutz, sondern darüber, wie sich eine Gemeinde für die Zukunft ganz neu aufstellt.“ Auch dabei sei Umweltschutz nur ein „Abfallprodukt“, sagt der Klimaschützer: „Es geht um Konzepte für eine älter werdende Gesellschaft, aber auch um Argumente, um Familien aus überlasteten und teuren Großstädten zu uns aufs Land zu locken.“

Klimaschutz sei ein höchst komplexes Thema – und eines, das vielen Menschen Angst mache. Viele hätten die Sorge, dass sie ihren Lebensstandard aufgeben müssen, um die Natur zu schonen. Ein Irrglaube, meint Nonte: „Falls es der Menschheit gelingt, ihren Strom nur noch aus der Kraft von Wind und Sonne zu gewinnen, können wir noch so verschwenderisch sein und schaden der Umwelt nicht.“

Sich selbst schützen

Bleibt die Frage, wie das erreicht werden kann. Selbst wenn Engelskirchen in Zukunft die klimafreundlichste Kommune überhaupt ist – wird das dem Planeten nützen? Nonte: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass jeder einzelne Mensch seinen Beitrag leisten kann und vor allem muss.“ Denn in der ganzen Diskussion hätten die Menschen eine Sache gründlich missverstanden, sagt Nonte: „Wir müssen nicht den Planeten schützen – dem macht es nichts aus, wenn die Temperatur um ein paar Grad ansteigt. Wir Menschen müssen uns vor dem Klimawandel fürchten und uns selbst schützen – damit wir weiterleben können.“