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Walbachtal wird zum UrwaldEngelskirchen will es wild wachsen lassen

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Wollen Urwald: Engelskirchens Bürgermeister Gero Karthaus (v.l.), Friedhelm Miebach (Entwicklungsges.), Wilhelm Krah (Ev. Kirche ), Anna Yona und Jochen Schmitt-Thelen (Wildling Shoes).

Engelskirchen – „Engelskirchen ist etwas Besonderes, das sage ich auch jetzt wieder“, betonte Bürgermeister Dr. Gero Karthaus, als er diese Woche ein neues Projekt der Gemeinde vorstellte, das in der Tat ungewöhnlich erscheint. Einen „Urwald für morgen“ möchte die Gemeinde Engelskirchen erschaffen. Auf 150 Hektar im Walbachtal bei der Ründerother Aggertalhöhle soll der Wald wachsen, ohne dass der Mensch forstwirtschaftlich eingreift.

Besonderer Boden sorgt im Walbachtal für Artenreichtum

„Der Boden rund um die Aggertalhöhle besteht aus Kalkstein. Das sorgt für die Entwicklung einer Waldvegetation, die sich durch eine ungewöhnliche artenreiche und seltene Pflanzenwelt auszeichnet“, erläutert Karthaus die Motivation des Projekts. Vor vielen Jahren sei aus diesem Grund im Umfeld der Aggertalhöhle auch das rund 48 Hektar große Naturschutzgebiet ausgewiesen worden. Der Wald, der auf Kalkstein wachse, biete unter anderem ein halbes Dutzend Orchideenarten. Auch viele Tierarten wie die Weinbergschnecke fühlen sich in dieser Naturbesonderheit wohl, führte Karthaus weiter aus.

Deshalb habe die Gemeinde mit der Entwicklungsgesellschaft Engelskirchen den gemeinsamen Entschluss gefasst, im Walbachtal mehr Wildnis zuzulassen und die Natur sich selbst zu überlassen. Auf den Kalksteinflächen wäre wirtschaftlicher Ertrag dann ausgeschlossen. „Für mich ist das eine spannende Antwort auf den Klimawandel. Wir geben dem Wald nicht mehr vor, was er zu tun hat, sondern lassen ihn sich selbst entwickeln. Denn es entstehen auch ohne gezielte Aufforstung neue Pflanzenwelten“, so der Bürgermeister.

Urwald-Projekt in Engelskirchen: Gemeinde will Flächen von Privatbesitzern abkaufen

Im Zielgebiet des Walbachtals bis zum Ortseingang Wallefeld befinden sich zahlreiche Waldstücke in Privatbesitz. Die Gemeinde Engelskirchen werde den Waldbesitzern, deren Grundstücke auf Kalkstein liegen, ein Kaufangebot machen, kündigt Karthaus an.

Elf Hektar Wald habe die Gemeinde bereits erworben. Das Geld wird von der Entwicklungsgesellschaft zur Verfügung gestellt. „Für Privatwaldbesitzer ist das ein gutes Angebot. Viele haben Wald noch von den Großeltern geerbt und keinen richtigen Bezug dazu. Durch das Fichtensterben haben sie zuletzt eher Verlust statt Gewinn gemacht und sind froh, wenn sie den Wald für einen fairen Preis verkaufen können“, sagt der Bürgermeister.

Die Flächen würden zunächst von einem Förster gutachterlich bewertet. Will sich ein Waldbesitzer nicht an dem Projekt beteiligen, sei das natürlich in Ordnung. Und Waldbesitzer, die nicht an die Gemeinde verkaufen, aber künftig auf eine forstwirtschaftliche Nutzung verzichten, sollen dafür eine Entschädigung erhalten.

Engelskirchen will Wald wild wachsen lassen: Einmalig in NRW

In NRW sei ein solches Projekt einmalig, weiß Karthaus. Das geplante Höhlenerlebniszentrum könnte dann inmitten eines Urwalds liegen. Beteiligt sind neben der Gemeinde die Firma Wildling Shoes sowie die Evangelische Kirchengemeinde als Waldbesitzer.

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Wildling Shoes habe zugesagt, Flächen aufzukaufen, die nicht auf Kalkstein liegen und somit nicht von der Gemeinde gekauft werden. Diese Flächen sollen zu Bildungsstätten für Familien werden. „Das ist eine tolle Möglichkeit, den Wald mal anders zu erleben“, betonte Anna Yona von Wildling Shoes. Auch im Umweltausschuss bekam das Projekt schon jetzt breite Zustimmung.