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„Wald in Not“Waldbesitzer in Lindlar müssen Jahrzehnte im Voraus planen

Lesezeit 3 Minuten

Im Peffeköfer Holz wachsen Kastanienbäume. Werner Sülzer und Peter Steeger (r.) haben sie gepflanzt.

  1. Erst bleibt der Regen aus, dann kommen die Schädlinge. Die Folgen des Klimawandels sind im Wald besonders deutlich zu sehen.
  2. In unserer Serie „Wald in Not“ beleuchten wir die Auswirkungen auf die Forstwirtschaft.

Lindlar – Knietief haben sich die Reifen der Holztransporter in den Waldweg eingegraben. Hier oben im Peffeköver Holz wurde Fichte geschlagen und abtransportiert. Im großen Stil, denn der Borkenkäfer hatte hier regelrecht gewütet. Inzwischen sind die Überseecontainer mit dem Fichtenholz längst auf dem Weg nach China.

Der Regen hat den Boden aufgeweicht und Werner Sülzer zieht deswegen gerade die Gummistiefel an, als Peter Steeger mit dem Quad den Berg hinauf kommt. Hier, im Grenzgebiet von Wipperfürth und Lindlar, haben sich beiden Forstleute im Nebenberuf für diesen verregneten Nachmittag verabredet.

890 Edelkastanien angepflanzt

Sie haben benachbarte Waldstücke in der Gemarkung Breun und sind auch außerhalb des Waldes befreundet. Heute wollen sie gemeinsam in einer von Sülzers Schonungen nach dem Rechten sehen. Auf Peter Steegers Expertise und Rat hin, hat Sülzer sich schon vor rund drei Jahren zu einem Wagnis entschlossen: „Statt weiter ausschließlich auf Fichte und Douglasie zu setzen, habe ich 890 Edelkastanien angepflanzt“, berichtet Sülzer. Bislang ist er überzeugt von der Wahl. „Trotz Trockenheit haben die sich prächtig entwickelt“, so Sülzer.

Die Fichte galt über Jahrzehnte als Brotbaum des Bergischen Landes, doch inzwischen müssen Waldbesitzer durch Dürre und Schädlingsbefall umdenken. Sie suchen nach neuen Baumarten, die mit den Folgen des Klimawandels besser klarkommen. Umdenken, das bedeutet im Wald vor allem auch, viel Zeit mitzubringen: „Wer Wald hat, denkt in Zeitkategorien von Generationen“, sagt Sülzer und zeigt auf die jungen Bäume. Während sie an lichten Stellen schon mehrere Meter in die Höhe geschossen sind, reichen sie ihm am Rand der Schonung gerade mal bis zur Hüfte.

Kastanienbaum kann 500 Jahre alt werden

Dass Kastanien heute überhaupt eine Option für die Wälder des Bergischen Landes sind, ist tatsächlich eine direkte Folge des Klimawandels. Durch wärmere Sommer und mildere Winter wachsen die Bäume auch in unseren Breiten. Ursprünglich kommen sie aus Südfrankreich und Italien. Vereinzelt kamen sie wohl schon mit den Römern über die Alpen. Im Peffeköver Holz haben nun Sülzer und Steeger rund 890 Stück gesetzt. Die Edelkastanie ist eine der Baumarten, deren Anpflanzung vom Land NRW gefördert wird.

In welchen zeitlichen Dimensionen hier im Wald zu denken ist, erklärt Peter Steeger: „Wenn man die Bäume wachsen lässt, können sie gut 500 Jahre alt werden“. Zwar wachsen die Edelkastanien recht schnell in die Höhe – rund ein Meter pro Jahr – doch nach knapp sieben Jahren hört das schnelle Wachstum in die Höhe auf. Schlagreif werden die Bäume erst nach rund 60 Jahren.

Mehr Ertrag auf lange Sicht

Eine Investition, die sich schnell rechnet, ist das also nicht. „Da werden frühestens unsere Enkel oder Urenkel etwas von haben“, sagt Sülzer. Das Kastanienholz sei langfristig aber rentabler als die Fichte. Wird ein Kastanienwald 20 Jahre gut gepflegt, erreichten die Bäume 10 bis 13 Kubikmeter Volumenzuwachs pro Jahr und Hektar. „Fichte hat nur die Hälfte“, rechnet Sülzer vor.

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Für ihn als Privatwaldbesitzer bedeutet nachhaltige Waldwirtschaft auch, in die Zukunft zu denken. „Wir importieren rund 19 Mio Kubikmeter Holz nach Deutschland“, so Sülzer. Vor allem Bauholz werde aus Polen, Litauen und Tschechien, aber auch aus Übersee importiert. „Besser wäre es, wenn wir weniger Holz transportieren und mehr Holz produzieren würden“, betont Sülzer.

Doch dazu brauche es eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes. Er rechnet damit, dass es drei Generationen brauche, bis ein ökologisch stabiler Wald Ertrag abwerfe. Die Edelkastanien im Peffeköver Holz jedenfalls werden noch Jahrzehnte wachsen müssen. Bis dahin dürfte es aber zumindest für die Spaziergänger einen angenehmen Nebeneffekt haben: Die Kastanien der Bäume sind essbar und gelten als Delikatesse.