Er liebt die Ordnung81-Jähriger pflegt Waldbröls öffentlichen Bücherschrank
Waldbröl – Karl-Heinz Wirtz schüttelt den Kopf, dann zurrt er den Knoten zu. Wieder einmal hat der 81-Jährige seine Arbeit getan, wieder mal baumelt Unrat aller Art in einem schwarzen Beutel. Seit bald zwei Jahren macht der Waldbröler sauber: Er kümmert sich um den öffentlichen Bücherschrank am historischen Rathaus der Marktstadt. Dieser ist im November 2011 in ein rotes Telefonhäuschen aus Waldbröls britischer Partnerstadt Witham eingezogen. „Hier muss es einfach schön sein“, findet Wirtz.
Bürgermeisterin bedankte sich persönlich
Weit hat er’s nicht: Seit 2018 lebt der Witwer im CBT-Wohnhaus St. Michael, das ist fast gegenüber. Und täglich macht er sich auf den Weg zu seiner Zelle, sieht nach dem Rechten, fischt Abfälle heraus, sortiert die Bücher und prüft, ob diese überhaupt in den Schrank gehören. „Schmuddelkram kommt hier nicht rein“, betont Wirtz, der als Produktionsleiter einer Großbäckerei in Bergisch Gladbach beschäftigt war. „Für die bearbeite ich heute noch Rezepte“, schildert der Senior. Sein Ehrenamt an den Bücherregalen übt er aber nicht nur aus, weil die Marktstadt sauber bleiben soll. „Ich liebe Bücher“, verrät Wirtz. „Früher hatte ich mal mehr als 3000 zu Hause.“
Ab und an greift der Hüter des Bücherschranks selbst in die Regale und nimmt einen Schmöker mit – Sachbücher bevorzugt. „Vor allem, wenn’s um die Natur geht“, sagt Wirtz. Denn an der frischen Luft ist er gern, täglich spaziert er durchs Stadtzentrum. Karin Greb, Mitarbeiterin im CBT-Seniorenhaus, sagt: „Und weil Herr Wirtz die Ordnung und auch die Sauberkeit liebt, war er eben genau der Richtige für diesen Job.“
Sie hat Karl-Heinz Wirtz im Rathaus vorgeschlagen, der bekam prompt den Job. Seine Arbeit ist ganz im Sinne von Bürgermeisterin Larissa Weber, hatte sie bei ihrer Antrittsrede die Waldbröler jüngst doch zu mehr Engagement aufgerufen. Neulich hielt sie den 81-Jährigen mal kurz von der Arbeit ab: Sie dankte ihm für den unermüdlichen Einsatz und überreichte ihm, natürlich, ein Buch.
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Den Bestand im öffentlichen Bücherschrank schätzt Wirtz auf derzeit gut 400 Stück. Eingerichtet worden ist dieser auf Initiative der Waldbrölerinnen Annette Tillmann, Anja Braun und Christiane Kleinfeld. Der Handwerkerverein richtete die englische Telefonzelle schließlich als Bücherdepot her. Betreut wurde die Ausleihstation zunächst von Mitgliedern des Vereins „Lieber lesen“, des Waldbröler Kultur-Treffs und der Stadtbücherei. Heute ist der Bücherschrank eben in der Obhut von Karl-Heinz Wirtz.
Und der wundert sich, warum dieser so oft mit einem Mülleimer verwechselt wird. Was er darin findet? „Das will keiner in der Zeitung lesen“, sagt der Senior (und hat damit übrigens völlig recht). „Das ist kein Bild für Waldbröl.“ Doch seitdem er den Saubermann gibt, ist dieses Bild seltener geworden.