Eisenbahnfreunde nutzen ein Schienengefährt, mit dem Ingenieure beim Bau des Gotthard-Basistunnels in der Schweiz Kontrollfahrten machten.
SchienenverkehrDraisine aus dem Gotthard-Tunnel fährt in Waldbröl

Annika Jung und ihr Vater Michael Scholz bei der Abfahrt mit der Fahrraddraisine. Es ging bis zum Industriegebiet und zurück.
Copyright: Michael Kupper
„Das hat richtig Spaß gemacht“, sagt die elfjährige Nümbrechterin Annika Jung bei ihrer Rückkehr von einem Ausflug mit der Fahrraddraisine. Gemeinsam mit ihrem Vater Michael Scholz hat sie am Sonntagnachmittag kräftig in die Pedale getreten und ist vom alten Waldbröler Bahnhof über die historische Schienenstrecke durch den Tunnel unterhalb des Boxbergkreisels in Richtung Industriegebiet gefahren, drei Passagiere auf der Rücksitzbank. Dort wurde die Draisine gedreht und dann ging es zurück. Schelmisch ergänzt das Mädchen: „Ein bisschen gemein war es schon, dass ich bergauf strampeln musste und die anderen durften abwärts fahren.“
Draisine aus dem Gotthard-Tunnel
Früher seien bei einem solchen Foto- und Infotag meist nur Diashows angeboten worden und es wurde von der Bahngeschichte in Waldbröl erzählt, schildert Jörg Seidel, Schriftführer des Förderkreises zur Rettung der Wiehltalbahn und ergänzt schmunzelnd: „Nur Schienen anschauen ist aber ziemlich langweilig.“ So sei gelegentlich zu diesem Anlass auch eine Fahrraddraisine gemietet worden. Seit vergangenem Jahr besitzt der Verein allerdings eine eigene, die auch eine spannende Geschichte hat.
Nur Schienen anschauen ist aber ziemlich langweilig.
Ein Mitglied des gut 250-köpfigen Vereins hatte auf einer Internetplattform ein Verkaufsangebot entdeckt. „Das Gerät hat eine Beleuchtungsanlage – und das ist für eine Draisine recht ungewöhnlich“, erklärt Seidel. Es habe sich herausgestellt, dass diese für Kontrollfahrten eines Ingenieurbüros beim Bau den neuen Gotthard-Basistunnels, dem längsten Eisenbahntunnel der Welt, vor rund 20 Jahren gebaut wurde. Nach dessen Fertigstellung im Jahr 2016 ging sie in den Besitz eines Leipziger Eisenbahnbetriebsleiters über, der damit Strecken im Westerwald kontrollierte.

Jörg Seidel erläuterte den Besuchern historische Fotos.
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Die Draisine ist aber nicht nur ein Spaßgerät, sondern sie wird von den Eisenbahnfreunden auch zum Erhalt der Strecke über Wiehl bis nach Osberghausen genutzt. Grundsätzlich sei die jetzt wieder auf der ganzen Länge von mehr als 23 Kilometern befahrbar. Die Sanierung der Brücke in Denklingen sei beendet und zum Schutz einer Halle, ebenfalls in Denklingen, wurde eine Zwangsschiene eingebaut. Allerdings fehle es an einer Abnahme der Strecke zwischen Waldbröl und Wiehl, sodass der „Bergische Löwe“ nur bis Wiehl fahren könne.
Zudem sei der Streckenabschnitt in weiten Bereichen zugewachsen. „Im Moment schneiden wir uns von Waldbröl bis nach Wiehl durch“, erzählt der Gummersbacher Stefan Almer, im Hauptberuf Lokführer. Die Draisine erleichtere solche Arbeiten enorm: „Sonst mussten wir alles zu Fuß erledigen und auch das ganze Werkzeug mitschleppen.“ Aktuell ist er mit einem Kollegen im Bereich der Reichshofer Ortschaften Denklingen, Brüchermühle und Sengelbusch unterwegs: „Früher sind wir gar nicht so weit gekommen und deshalb sind da schon kleine Bäume gewachsen.“
Wege des regen Interesses an Fahrten mit der Draisine bietet der Förderkreis in diesem Jahr weitere Fahrten an, die dann bis Hermesdorf gehen und rund eine Stunde dauern. Anmeldung: bahnhofwaldbroel@gmail.com.