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Wedding-Planner – nur für traurigMartin Ahmann gestaltet ungewöhnliche Trauerfeiern

Lesezeit 3 Minuten

Er ist Musiker, Standesbeamter – und Bestatter: Martin Ahmann sind Trauerfeiern wichtig, bei denen der Verstorbene noch einmal ganz im Mittelpunkt steht, bei denen geweint, aber auch gelacht wird.

Ründeroth – „Ich bin eine Art Wedding-Planner, nur für traurig.“ So charakterisiert Martin Ahmann seine Tätigkeit als Bestatter. Schon der Blick ins Schaufenster des Ründerother Bestattungshauses, das er zusammen mit Oliver Thierjung führt, ist eine Überraschung: Keine betenden Dürer-Hände – stattdessen ein Saxophon, ein Akkordeon, dazwischen eine farbenfrohe Urne mit Musikinstrumenten, eine zweite, die aus dem Abschnitt eines Baumstamms gefertigt ist. „Ich habe hier meine Berufung gefunden“, sagt der 38-Jährige, den die Ründerother auf dem Martinsmarkt auch als Kölsch-Musiker mit Keyboard und mittlerweile rund 50 Hochzeitspaare im Bergneustädter Heimatmuseum als ehrenamtlichen Standesbeamten erlebt haben. Andere sehen ihn regelmäßig als DJ, der „Trance“ mag.

Eine ungewöhnliche Kombination – und ein beruflicher Weg, der ihn als studierten Wirtschaftsinformatiker zunächst zu einem Job als E-Commerce-Manager führte, der „ihm das Geld seines Lebens“ bescherte, ihn aber unglücklich machte, weil ihm der Kontakt zu Menschen fehlte. Bis ihn Bestatter Oliver Thierjung bat, eine Internetseite für ihn zu gestalten. Den kannte er schon als Musiker, denn Musik spielte für Ahmann schon immer eine große Rolle, angefangen von der Blockflöte über eine Jugendband, professionelle Musikproduktionen im eigenen Studio bis zur Band Lyriel, mit der er keltischen Rock spielte. Seit 2016 sind Sänger und Komponist Thierjung und Martin Ahmann nicht nur Kollegen in Sachen Musik.

Neue Song-Arrangements

Aber die Musik spielt auch bei den Bestattungen eine große Rolle. Da denken sich die beiden neue Arrangements für bekannte Stücke aus. Etwa bei der Trauerfeier für einen jungen Mann, bei der Heavy Metal in der Kirche erklingen sollte – zu heavy für die Pfarrerin und die älteren Angehörigen. „Wir haben das Stück dann mit akustischen Instrumenten gespielt.“ Wichtig sei ihm, dass die Trauerfeier immer auch eine Feier sei, wo der Verstorbene noch einmal ganz im Mittelpunkt stehe, wo geweint, aber auch gelacht werde. „Es geht ja nicht nur um die Toten. Ich möchte ein Fels in der Brandung für die Angehörigen sein und ihren Weg erleichtern.“

Dazu gehört es auch, besondere Wünsche zu erfüllen, die sich aus dem intensiven Gespräch ergeben, sei es eine Waldbestattung oder – wie im Fall eines 30-Jährigen, – die Idee seiner Eltern, die Asche aus einen Ballon über dem Meer auszustreuen, weil er die Freiheit und die Weite so geliebt habe. Die Bestattungskultur sei im Wandel, den möchte Ahmann mitgestalten. Noch heute bedauert er, dass der letzte Wunsch seiner Mutter, die auf einer Almwiese ausgestreut werden wollte, vor Jahren als „zu ungewöhnlich“ nicht erfüllt wurde.

Tränen vor Trauer oder vor Glück

Trotz allem – der Bergneustädter möchte auch hin und wieder vor fröhlichen Menschen stehen, daher seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Standesbeamter. „Wenn Tränen fließen, ob vor Trauer oder vor Glück, habe ich einen guten Job gemacht.“ Sich selbst sieht er als heiteren Menschen. Seine eigene Bestattung? Mit Schnitzel statt Streuselkuchen zum Reues, weil er so gern isst, seine aktuelle Lieblingsmusik, seine Asche in einer blauen Urne mit der Aufschrift „Hier könnte Ihre Werbung stehen“. „Da würde ich mich im Grab noch kaputt lachen“, scherzt er.

Trauerreden. Bestattungen. Die alltägliche Konfrontation mit dem Tod, auch von jungen Menschen. Ob seine Tätigkeit ihn verändert hat? „Ich bekomme ständig einen Spiegel vorgehalten mit der Frage, was am Ende zählt.“ Da wird der Vater von zwei Kindern plötzlich ganz ernst. „Zögere nicht, mit anderen zu sprechen, schiebe nichts auf die lange Bank. Versuche nicht, es allen recht zu machen, sondern tu was du kannst, gern und von Herzen, und vor allem: Vergiss nicht zu leben.“