Wie Psychotherapie hilftIn Marienheide forscht Dr. Reinhard Maß zu dem Thema
Marienheide – Ein allzu fordernder Chef, eine unglückliche Partnerschaft: Wer über längere Zeit in einer schwierigen Lebenssituation feststeckt, kann schlimmstenfalls an einer Depression erkranken. Dass es vor allem in der Hand der Betroffenen liegt, sich aus solchen Lagen und damit aus einer Depression zu befreien, ist in der Psychotherapie zwar bekannt. Doch in einer neuen Studie ist Professor Dr. Reinhard Maß, Psychologe am Zentrum für seelische Gesundheit in Marienheide, jetzt der Frage nachgegangen, wie sehr eine geringe Selbstverantwortung mit einer depressiven Erkrankung zusammenhängt – und wie Psychotherapie den Betroffenen hilft.
Dr. Maß ist Leitender Psychologe der Station „Aaron T. Beck“ (benannt nach einem amerikanischen Experten). In dieser Marienheider Abteilung für Allgemeinpsychiatrie werden schwer depressive Menschen behandelt. Mit ihrer Hilfe hatte Maß bereits in einer früheren Studie nachgewiesen, dass eine vollstationäre Behandlung der Schlüssel zum Überwinden einer Depression ist. Vor zwei Jahren machte Maß diese Ergebnisse bekannt. Auf ihnen hat er nun seine neue wissenschaftliche Arbeit aufgebaut.
„Im Laufe der Jahre haben wir auf unserer Station die Beobachtung gemacht, dass der Erfolg einer Behandlung ganz wesentlich von der Bereitschaft der Patientinnen und Patienten abhängt zu akzeptieren, dass vor allem sie selbst die Verantwortung dafür tragen, wie es ihnen geht“, sagt Maß. Die sogenannte Selbstverantwortung sei bei vielen depressiven Erkrankungen der Schlüssel, erklärt der Psychologe: Wer sich mit schwierigen Lebensthemen nicht auseinandersetzt, weil er Angst hat oder sie nicht als Problem erkennt, riskiert eine schwerwiegende psychische Störung. Wer es aber versteht, belastenden Situationen ein Ende zu setzen und zum eigenen Wohl Grenzen zu ziehen, der kann sich aus einer Depression befreien.
Maß: „Je geringer die Selbstverantwortung, desto stärker ist die Depression.“
Was in der Psychotherapie längst bekannt ist, hat Maß nun systematisch erforscht und dafür einen Bogen mit 30 Fragen entwickelt. Der geht verschiedenen Aspekten der Selbstverantwortung nach: Wie sehr lassen sich Patienten von anderen Menschen beeinflussen? Oder inwieweit handeln sie selbstbestimmt? Wie hoch ist ihr Wunsch, den Erwartungen anderer zu entsprechen? In Zusammenarbeit mit der Medical School Hamburg wurde der Fragebogen in Vorstudien zunächst von gesunden Menschen ausgefüllt. Die Ergebnisse nahm Maß als Richtschnur für seine weitere Forschung in Marienheide. Dort füllten insgesamt 231 schwer depressive Patienten den Fragebogen aus, jeweils zu Beginn und zum Ende ihrer sechs- bis achtwöchigen Behandlung.
„Der Vergleich mit den Gesunden zeigt, dass die Patienten und Patientinnen eine geringere Selbstverantwortung haben“, sagt Maß: „Je geringer die Selbstverantwortung, desto stärker ist die Depression.“ Die vollstationäre Behandlung konnte den Betroffenen helfen: Während ihre Depressivität abnahm, nahm ihre Selbstverantwortung deutlich zu. Die erreichte Selbstverantwortung sei wesentlich für den Rückgang der Depression.
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Dr. Maß: „Das können wir durch Einzelgespräche und Gruppentherapie erreichen.“ Etwa durch Rollenspiele. In der Therapie wird den Patienten aufgezeigt, welche Zusammenhänge zwischen ihrer Depression und der mangelnden Selbstverantwortung bestehen. Doch die nötigen Entscheidungen, um sich aus schwierigen Lebenssituationen zu befreien, muss der Patient selbst treffen.