Der Handballkreis Oberberg blickte am Samstag in Oberbantenberg zurück. Mit Geschichten vom Feldhandball der 50er-Jahre bis zum jüngsten Erfolg des VfL Gummersbach.
JubiläumsabendZeitzeugen verraten in Wiehl Anekdoten aus 100 Jahren Handball in Oberberg
Wenn sich Walter Leder und seine Feldhandballer bereit zum Anwurf machten, hatten sie ihr Aufwärmprogramm längst absolviert. Und was für eins. Im Sommer 1950 düste der Kader des TV Kotthausen noch mit dem Fahrrad zum Auswärtsspiel. Besonders emsig trampeln mussten die jungen Männer, wenn es gegen Benroth ging. Locker drei Stunden brauchten Leder und Co. damals für die Route, einmal quer durch Oberberg, bis in die Nümbrechter Ortschaft.
Walter Leder (95) aus Kotthausen erinnerte an den Feldhandball
Doch es half nichts: Allein die erste Kotthauser Mannschaft durfte vergleichsweise bequem auf der Ladefläche eines Lastwagens der Firma Kind reisen. Der Zweiten blieb nur das Rad. Ohnehin war nach dem Krieg noch viel Improvisation gefragt. Als Tornetze nutzte man Reste des Geflechts, das die Nazis vor der Sperrmauer der Aggertalsperre versenkt hatten, um den Staudamm vor britischen Torpedos zu schützen. Walter Leder, heute 95 Jahre alt, kam am Samstag als erster von acht Zeitzeugen beim Festabend des Handballkreises Oberberg zu Wort.
Um 100 Jahre Handball in der Region zu feiern, hatte der Vorstand um den unermüdlichen Udo Kolpe einen launigen Rückblick auf die Beine gestellt, der vor allem von den Kurzinterviews und lebendigen Erinnerungen profitierte. Nicht weniger als Leders Rückblick beeindruckte die rund 100 Gäste aus den Vereinen und Verbänden etwa die Erinnerungen von Kreisläufer Klaus Westebbe, der für den Übergang vom Feld- zum Hallenhandball stand und als einer von drei Gummersbacher Handballern in die Olympiamannschaft 1972 berufen wurde.
Westebbe schwärmt immer noch von der Atmosphäre im Olympischen Dorf – bevor palästinensische Attentäter Israels Team überfielen. Mit Westebbes Interview bekam der Abend plötzlich einen hochaktuellen Dreh. „Ich finde es bis heute gut, dass die Spiele weitergingen. Der Terror hätte sonst gewonnen“, sagte der Gummersbacher und erhielt dafür viel Applaus.
Als Co-Moderatorin hatte sich Udo Kolpe die neunjährige Anni Hühn zur Seite geholt, die selbst in der Jugend des CVJM Oberwiehl aufs Tor wirft, als Zuschauerin allerdings lieber die erste Nümbrechter Damenauswahl anfeuert. Auf lockere Art quetschten das Duo die Interviewgäste aus – zum Beispiel den früheren Redaktionsleiter Dieter Lange, der 1973 über das allererste Bundesligapartie des VfL Gummersbach berichtete und die Blau-Weißen unter anderem nach Moskau und Budapest begleitete.
Oder Heike Lepperhoff, die Ende der 1980er-Jahre das Format der Handball-Minis aus der Taufe hob, und Daniel Köpplin, der ein Spiel zwischen dem VfL und der Nationalmannschaft von Südkorea pfiff, bei dem Kyung-Shin Yoon auf beiden Seiten spielte. Die VfL-Handballer Mathis Häseler und Justus Hein wiederum wagten einen Blick in die Zukunft und plauderten über die Stimmung im Profikader nach dem Remis gegen die Füchse.
Oberberger trainieren aktuell in 127 Mannschaften
Landrat Jochen Hagt sprach in seinem Grußwort von einer unglaublichen Entwicklung, die die Sportart seit ihrer Premiere im Jahr 1923 zurückgelegt habe. „Der Handball hat seine Faszination in Oberberg nie verloren. Der VfL Gummersbach ist bis heute unsere bekannteste Marke.“ Hagt betonte auch, dass es die Menschen in den aktuell kreisweit 127 Mannschaften seien, die den Sport mit Leben füllten. Auch Annika Heider, Vizepräsidentin des Handballverbandes Nordrhein, und Hagen Jobi, Vorsitzender des Kreissportbundes Oberberg, stellten die Akteure in den Mittelpunkt. „Ohne fleißige Zeug- und Platzwarte ließe sich kein Spielbetrieb durchführen“, sagte Jobi.
Udo Kolpe schloss den Abend mit einem Spruch, den die im Februar verstorbene VfL-Legende Hansi Schmidt oft betont habe: „Das Tun interessiert, nicht das Getane.“ Folglich sei das vergangene Jahrhundert nun erledigt und die Feier zum großen Jubiläum der erste Tag, an dem die Arbeit für die nächsten 100 Jahre Handball im Oberbergischen Land beginne, so Kolpe.
Mit goldfarbenen Handbällen hat der Handballkreis Oberberg (HKO) Kurt Spychiger aus Waldbröl und Wolfgang Sielaff aus Gummersbach in den Ehrenamts-Ruhestand verabschiedet. Spychiger war fast 30 Jahre lang Rechtswart des HKO. Durch geschickte Verhandlungen habe er es in dieser Zeit nur zu einem einzigen Fall kommen lassen, der tatsählich entschieden werden musste, lobte Udo Kolpe. Wolfgang Sielaff wiederum ist eine echte oberbergische Schiedsrichter-Legende, der sich im März nach über 3500 Partien zurückzog. Beiden übereichte Kolpe den „Dankeschön-Pokal“ des Handballkreises.