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Student-AwardDrabenderhöher holt den Silber-Oscar

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Herren lächeln in die Kamera.

Der kanadische Regisseur Jason Reitmann (l.) überreichte Jens Kevin Georg den Preis.

Nach dem Gewinn des silbernen Student-Awards kann Regisseur Jens Kevin Georg aus Wiehl-Drabenderhöhe nun auch beim Profi-Wettbewerb antreten.

Dabeisein war hier wirklich alles. Dass er mit einer Trophäe nach Hause gehen würde, das wusste Jens Kevin Georg (30) nämlich schon vorher. Nun ist es der silberne Studentenpreis geworden, Gold ging an zwei Tschechen, Bronze an einen US-Studenten. Der Drabenderhöher Filmstudent darf damit auch bei den Oscars ins Rennen gehen, die am 2. März 2025 in der Kurzfilm-Kategorie verliehen werden. Am 17. Januar gibt die Academy die Nominierungen bekannt.

Die feierliche Studentenpreisverleihung wurde im Sinne einer internationaleren Ausrichtung erstmals nicht in Los Angeles, sondern in London abgehalten. Zu Beginn der Zeremonie nennt Akademie-Geschäftsführer Bill Kramer die jungen Preisträger „die nächste Generation der globalen Filmemacher“. Rund 740 Film-Unis aus aller Welt hätten mehr als 2600 Beiträge eingereicht, von denen jeweils drei in den Kategorien Dokumentation, Animation, Erzählfilm und Experimentelles ausgezeichnet würden.

Junge Leute in Festkleidung jubeln auf einer Bühne.

Am Ende der Gala in London kamen alle Preisträger zum Gruppenfoto zusammen.

Laudator bei den Erzählfilmen ist der kanadische Regisseur Jason Reitman, der schon mit George Clooney gedreht hat. Der Studenten-Oscar werde der Karriere der Preisträger einen ordentlichen Schub geben, verspricht der prominente Kollege. Alle Preisträger und ihre Filme werden per Einspieler kurz vorgestellt. Jens Kevin Georg sagt in seinem Beitrag über den Ort seiner Kunst: „Im Kino können alle Menschen, ungeachtet der Klasse oder Lebensphase, zusammenkommen und eine gemeinsame Erfahrung machen.“

Diese Aufnahmen zeigen ihn in zivil in seinem Drabenderhöher Dachzimmer. Als der prominente kanadische Regisseur Reitman dann als zweiten Preisträger Jens Kevin „Jorg“ auf die Bühne des „Odeon Luxe“-Kinos am Leicester Square ruft, erscheint er im dunklen Anzug mit Fliege.

Im Kino können alle Menschen, ungeachtet der Klasse oder Lebensphase, zusammenkommen und eine gemeinsame Erfahrung machen.
Jens Kevin Georg über den Ort seiner Kunst

Nach Handshake und Foto bedankt sich der sichtlich aufgeregte Absolvent der Filmhochschule Babelsberg in flüssigem Englisch für die Ehrung. Und wie es üblich ist, würdigt er den Beitrag seines Teams und seiner Unterstützer. Der seit den Dreharbeiten kräftig gewachsene Darsteller Philip Kapell bekommt eine Umarmung. Auch seine Familie sei im Saal, sagt Georg und dankt ihr für die Unterstützung. Er stamme aus der Arbeiterklasse. „Meine Familie arbeitet Tag für Tag sehr hart, ohne dafür irgendeinen Applaus zu bekommen.“

Preisträger dankt seiner Wiehler Familie

Als er im vergangenen Jahr während der Arbeiten an seinem Film wieder mal total pleite war, hätten ihn seine Eltern großzügig zu Hause aufgenommen. „Das Filmemachen ist nichts für proletarische Menschen wie mich, sondern für reiche Leute. Ich werde alles dafür tun, mit meiner Arbeit, mit meiner Stimme und mit der Unterstützung, die ich jungen Filmemachern geben kann, dass sich das ändert.“

Im Gespräch mit dieser Zeitung berichtete Jens Kevin Georg im September, dass er zur Konfirmation seinen ersten eigenen Camcorder bekam und in der Film-AG des Wiehler Bonhoeffer-Gymnasiums bald Gleichgesinnte fand. Das professionelle Handwerkszeug eignete sich Georg dann an der Technischen Universität in Lemgo an, dort studierte er Medienproduktion, bevor er an die Filmuniversität Babelsberg in Potsdam wechselte.

Seit zwei Jahren ist Jens Kevin Georg zurück in Drabenderhöhe, er hat einen Masterstudiengang für Drehbuch und Regie an der Kölner Medienhochschule drangehängt. Derzeit arbeitet er an dem Drehbuch für seinen ersten Langfilm. Dieser hat mit seinen Wurzeln in Rumänien zu tun. Wie viele Drabenderhöher Familien gehören Georgs Eltern zu den Siebenbürger Sachsen. Deren Auswanderung nach der Wende möchte er zum Thema machen.


Der Film „Kruste“

„Kruste“ erzähle davon, wie es ist, ein Außenseiter zu sein, sagte Jens Kevin Georg bei der Gala in London. Der 25 Minuten lange Kurzfilm handelt von dem zwölfjährigen Fabi, der sich in den Sommerferien auf Opas Hof endlich als vollwertiges Familienmitglied beweisen soll. Nur mit der ersten, richtigen Wunde, die dann zu einer Narbe verkrustet, wird man in Fabis Familie akzeptiert. Fabi will dazugehören – oder doch nicht? Als er vor eine waghalsige Herausforderung gestellt wird, muss er sich entscheiden. Der Film kann über die Mediathek von 3sat kostenlos angesehen werden.