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Made in OberbergWiehler Firma Reiku will mit Kabelschutzsystemen in Neubau umziehen

Lesezeit 4 Minuten
Die Reiku-Chefs David Guitton und Peter Sailer halten ein Wellrohr.

Nonstop im Dreischichtbetrieb produzieren die Maschinen der Reiku-Chefs David Guitton (l.) und Peter Sailer Wellrohre.

Unscheinbar und doch voller Know-how sind die Produkte der Wiehler Firma Reiku, die sich bald vergrößert.

Die Produkte der Firma Reiku sehen unspektakulär aus. Auf den ersten Blick lassen sich die Kunststoffrohre nicht von der Ware in der Sanitärabteilung eines Baumarkts unterscheiden. Doch wenn man die Kabelschutzsysteme aus Polyamid anfasst, merkt auch der Laie Unterschiede. Erst recht beim Preis, denn in den schwarzen Wellrohren steckt teures Material und viel Know-how.

Die Wellrohrmaschinen laufen nonstop im Dreischichtbetrieb.

Die Wellrohrmaschinen laufen nonstop im Dreischichtbetrieb.

Das Kürzel „Reiku“ steht seit der Gründung durch Unternehmensvater Hans Hennemann im Jahr 1969 für „Reißverschluss- und Kunststoffummantelungen“. Solche wiederverschließbaren Leitungshüllen gehören noch immer zum Sortiment, dazu ist eine große Breite anderer Kabelschutzsysteme gekommen. Anfang der 1980er Jahre zog das Unternehmen von Gummersbach nach Wiehl um und übernahm das Firmengebäude von Unitechnik an der Robert-Bosch-Straße im Bomiger Industriegebiet. Dort ist es für Reiku längst zu eng geworden, darum steht wieder ein Umzug an, allerdings geht es diesmal nur um wenige hundert Meter. Auf der südlich angrenzenden Erweiterungsfläche des Industriegebiets will Reiku 2024 einen Neubau errichten.

Acht Millionen Euro werden dort investiert, und das ist in den Zeiten der Wirtschaftskrise umso bemerkenswerter, als Reiku den Besitzer gewechselt hat: Die beiden Eigentümerfamilien haben die Firma an die französische Delfingen-Gruppe verkauft (siehe unten).

Zwei Hände halten das kleinteilige Granulat.

Die Rohre werden aus hochwertigem Granulat hergestellt.

44 Beschäftigte hat Reiku, dazu zählen zwei Auszubildende und neun Geflüchtete. Als einziges oberbergisches Kunststoffunternehmen produziert die Firma nicht allein im Spritzgussverfahren, sondern vor allem per „Extrusion“: Die dickflüssige Kunststoffmasse wird unter Druck kontinuierlich durch eine formgebende Öffnung gepresst. Die Durchmesser der Rohre reichen von sieben bis 90 Millimeter. Theoretisch könnten sie unendlich lang werden. Tatsächlich werden sie je nach Durchmesser in etwa 50 Meter langen Strängen aufgerollt.

Von Sonntag, 22 Uhr, bis Freitag zur gleichen Zeit produziert das Unternehmen in dieser Weise auf zwei Wellrohrmaschinen nonstop im Dreischichtbetrieb. Es wäre unwirtschaftlich, die Maschinen an jedem Morgen neu aufzuheizen und einzustellen und dabei teuren Ausschuss zu produzieren, erläutert Geschäftsführer David Guitton.

Die Reiku-Wellrohre kommen in der Robotik zum Einsatz

Die Reiku-Wellrohre kommen in der industriellen Automation zum Einsatz, besonders in der Robotik. Dort schützen sie Kabelstränge, die ständig in Bewegung sind und nicht durch mechanische Beanspruchung, Hitze oder Feuchtigkeit beschädigt werden dürfen. Dementsprechend hochwertig müssen Grundstoffe und Verarbeitung sein. Im Jahr 2022 hat Reiku rund 300 Tonnen Granulat zu 2500 Kilometern Wellrohr verarbeitet.

Weitere 50 Tonnen Material kamen in Spritzgussmaschinen zum Einsatz, um das Wellrohrzubehör herzustellen. Halterungen, Verschlüsse und andere Kleinteile hat Reiku in großen Mengen und kleinen Tüten auf Lager, um auf Wunsch am gleichen Tag Ersatzteile liefern zu können. Zeit ist Geld. Die Kunden möchten die Kosten einer langen Maschinenstandzeit vermeiden. Vertriebschef Peter Sailer sagt: „Flexibilität und Service sind wichtig, damit heben wir uns ab von der Konkurrenz.“

Steigende Rohstoff- und Energiepreise machen Reiku wie allen Unternehmen der Kunststoffbranche zu schaffen. Dazu kommt der Fachkräftemangel. Letzterer spielt der Firma aber auch indirekt in die Karten. Denn wo es an Personal fehlt, werden Digitalisierung, Automation und Robotik umso wichtiger. Und diese Systeme müssen sicher vernetzt werden. Kabelschutz ist ein Zukunftsmarkt.


Neuer Eigentümer

Seit Ende März gehört Reiku zur Delfingen-Gruppe. Der in der Branche eingeführte Markenname Reiku bleibt aber erhalten. Dass der französische Konzern die Neubaupläne unterstützt, werten die Reiku-Geschäftsführer David Guitton (51) und Peter Sailer (59), die beide selbst seit mehr als zwei Jahrzehnten bei der Wiehler Firma sind, als Bekenntnis zum Standort Bomig. Sailer betont: „Unser Standort wird nicht nur gesichert, sondern ausgebaut. Das war den bisherigen Eigentümerfamilien wichtig.“

Delfingen ist ebenfalls ein Familienunternehmen. Die Gründerfamilie Streit ist Hauptaktionär und hält mehr als zwei Drittel der Stimmrechte. Gérald Streit ist Vorsitzender des Verwaltungsrats und als Geschäftsführer für die Führung verantwortlich. Guitton erläutert: „Delfingen war bisher auf den Kabelschutz in Autos spezialisiert und wollte im Bereich industrielle Automation wachsen. Da traf es sich, dass wir auch wachsen wollten.“ In einem größeren Verbund habe Reiku bessere Entwicklungsmöglichkeiten, könne Großaufträge abwickeln und den zunehmenden bürokratischen Anforderungen besser gerecht werden. Peter Sailer sagt: „Delfingen hat 4000 teils sehr spezialisierte Mitarbeiter, davon wollen wir profitieren.“