AboAbonnieren

Seltener FundWas Bielsteiner Bier in der blauen Flasche macht

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Flaschen Erzquell Pils, links die sehr seltene blaue, rechts die normale braune Flasche.

Sehr seltener Anblick: Zwar keine Blaue Mauritius, aber eine sehr rare blaue Flasche Erzquell Pils.

Sehr selten zieht man eine Flasche Erzquell Pils oder Zunft Kölsch aus dem Kasten, die nicht aus braunem Glas ist, sondern aus blauem. Wieso?

Für den durstigen Kunden ist es vielleicht ein Kuriosum, für Axel Haas von der Erzquell Brauerei ist es eher ein Ärgernis, wenn das Zunft Kölsch oder Erzquell Pils aus Bielstein und Mudersbach (Kreis Altenkirchen) nicht aus einer der altbekannten braunen Flaschen fließt, sondern aus einer blauen. „Das passiert nur ganz selten“, sagt Geschäftsführer Haas: Nur dann, wenn sich die blaue Flasche erfolgreich an den Mitarbeitern vorbeigeschmuggelt hat, die von Hand die falschen Farben aus dem Meer der zurückkehrenden Mehrwegflaschen aussortieren.

Blaues Glas ist nicht ideal für Bierflaschen.
Dr. Axel Haas, Geschäftsführer Erzquell Brauerei

Warum eigentlich aussortieren? „Blaues Glas ist nicht ideal für Bierflaschen“, erklärt Haas. Braun schütze den Inhalt am besten vor der UV-Strahlung des Sonnenlichts, die sich negativ auf den Geschmack des Bieres auswirke. Die beiden Biermarken der Brauerei, Zunft Kölsch und Erzquell Pils, gibt es deshalb in beiden gängigen Größen (0,5 Liter und 0,33 Liter) nur in braunen Flaschen – eigentlich. Zu den ganz seltenen Ausnahmen kommt es, wenn sich eine blaue Flasche als Leergut irgendwie in einen Kasten der Erzquell Brauerei verirrt hat und dann selbst das händische Aussortieren übersteht.

Kritik am Trend zur Individualisierung

Es gibt auf dem Markt blaue Flasche, die von der Form her mit den braunen absolut identisch sind – es handelt sich um die sogenannte Vichyflasche, in der Branche auch NRW-Flasche genannt. Diese wird in blau von einem Mitbewerber der Bielsteiner Brauerei genutzt, die darin ein alkoholfreies Getränk abfüllt und verkauft.

Diesen Trend zu immer mehr Individualisierung sieht Axel Haas kritisch. Würden alle Biere in ein und derselben Flaschenform mit identischer Glasfarbe verkauft, wäre das hinsichtlich des Mehrweggedankens der Idealfall, weil es dann keinen Leergut-Tourismus bräuchte. Doch zuletzt machte bei manchen Sorten die Idee Schule, Bier in ganz individuellen Flaschen zu verkaufen, oder gar den Markennamen direkt als erhabene Prägung quasi unauslöschlich auf der Glasflasche zu verewigen, wie ein gläsernes Firmensiegel.

Embossing nennt sich das. „Ganz schlimm“, findet das der Brauerei-Chef. Denn: Diese Individualisierung Einzelner führt letztlich zu Mehraufwand für alle, weil jede andere Brauerei die Individualflaschen aufwendig aussortiert, während die ausgebenden Brauereien sie einsammeln – und dafür manchmal mit ganzen Sattelschleppern übers Land fahren, weiß Axel Haas.

Bestrebungen zu mehr Einheitlichkeit

Dass es immer wieder fremde Flaschen unerkannt bis in die Abfüllung schaffen, davon zeugen auch Fotos, die im Internet kursieren: Das Foto einer Flasche mit „Beck's“-Prägung und Schöfferhofer-Etikettierung ziert sogar den deutschen Wikipedia-Artikel über Bierflaschen. Axel Haas ist jedenfalls froh, dass es inzwischen in der Branche zunehmend Bestrebungen gibt, Bierflaschen wieder einheitlicher zu gestalten.

Ob sich in einem Kasten voller ungeöffneter brauner Bierflaschen vielleicht eine blaue versteckt hat, lässt sich je nach Lichtverhältnissen übrigens gar nicht so einfach feststellen. Erst, wenn der Inhalt einer Flasche zur Neige geht, beginnt das ungewöhnliche Blau langsam zu schimmern.