Perspektivwechsel: Wie erlebt man einen Weihnachtsmarkt eigentlich auf der anderen Seite der Theke einer Glühweinbude? Lilian Kraft durfte am Samstag beim Heimatverein Bielstein helfen – und berichtet.
Kalte FüßeSo erlebt man den Weihnachtsmarkt hinterm Tresen
Um halb acht geht es los. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde mit den Helfern hinter den Kulissen werde ich von Christoph Garten, Mitglied des Heimatvereins und Hauptverantwortlicher für meinen Glühweinstand, in die Holzhütte geführt. Er zeigt mir die Zapfanlagen, die Preisliste sowie die Box mit Wechselgeld und stellt mich kurz meinen neuen Kollegen vor.
Damit ist die Einarbeitung abgeschlossen – für mehr ist keine Zeit. Also krempele ich die Ärmel hoch und fange an, Uli und Lukas zu helfen – und krempele die Ärmel wieder runter. Es ist unfassbar kalt! Deshalb ist es auch angenehm, wenn mir der heiße Glühwein beim Verteilen mal über die Hand schwappt. Die Flecken aus der Jacke werden schon wieder herausgehen.
Winterschuhe taugen nichts
Erste positive Erkenntnis des Abends: Der Glühwein ist zwar heiß, aber die Chancen, dass ich mir Brandblasen hole, ist gering. Erste negative Erkenntnis des Abends: Meine Winterschuhe taugen nichts, bereits nach der Einarbeitung sind meine Füße so gut wie taub. Ansonsten arbeite ich mich langsam warm. Das liegt an den vielen Menschen, die möglichst schnell ihr Heißgetränk haben möchten.
Meine Erfahrungen aus der Gastronomie von vor ein paar Jahren kommen mir hier zugute, Glühwein zapft sich zum Glück ziemlich ähnlich wie Bier. Ich bin also nicht auf gänzlich unbekanntem Terrain unterwegs. Tatsächlich fabriziert meine Zapfanlage auch ähnlich viel Schaum, der beim Glühwein allerdings eigentlich nicht erwünscht ist. Ich schaue nach links: Uli bekommt das irgendwie besser hin.
Kurzzeitig gehen die Tassen aus
Nachdem ich den Bogen einigermaßen raus habe, beginne ich, selbst Bestellungen entgegen zu nehmen: Vier Tassen Glühwein, zwei mit Kinderpunsch und drei Tassen zurück. Während ich die Getränke bereite, rechne ich hektisch: Vier mal drei Euro plus Pfand plus zwei mal zwei Euro plus Pfand minus den Pfand der zurückgegebenen Tassen macht . . . Der Kunde grinst mich an und gibt mir das Geld passend, er hat schneller gerechnet als ich. Ich würde mich gerne rechtfertigen, dass dies mein erster Tag ist, aber der Weihnachtsmarkt hat erst vor ein paar Stunden aufgemacht, es ist für alle der erste Tag. Ich bin froh, dass wir nur zwei verschiedene Getränke anbieten.
Als ich nach einer gefühlten halben Stunde das erste Mal auf die Uhr gucke, sind anderthalb Stunden vergangen. Der Ansturm hat ein bisschen abgenommen. Zum Plaudern untereinander oder mit Kunden bleibt aber trotzdem kaum Zeit. Nur, wenn sich ein Kunde als Freund oder Bekannter herausstellt, werden kurz ein paar persönliche Worte gewechselt. Die längste Pause entsteht, als uns kurzzeitig die Tassen ausgehen.
„Haben Sie es vielleicht passend?“
Die häufigste Frage an diesem Abend bleibt jedoch: Haben Sie es vielleicht passend?
Nach zwei Stunden beende ich meine Schicht, trinke selbst noch einen Glühwein, habe das erste Mal Zeit, das Treiben um mich herum zu betrachten und genieße die letzten Lieder der Live-Musik von der Bühne gleich gegenüber, die ich bis jetzt nur ganz am Rande wahrgenommen habe. (lil)
Das war der 13. Bielsteiner Weihnachtsmarkt: Gegen 16 Uhr am Samstag wurde es schon eng rund um die Bielsteiner Burg – da hatte der Weihnachtsmarkt mit seinen 50 Buden gerade mal seit zwei Stunden geöffnet. Für Wiehls Bürgermeister Ulrich Stücker war klar: „Das hier ist der Markt der Märkte, wenn es um Weihnachtsmärkte in Oberberg geht.“
Das sahen die vielen Besucher wohl ähnlich. Der Markt profitiert in hohem Maße davon, dass fast ausschließlich örtliche Vereine und Institutionen – rund 15 an der Zahl – die Buden bestücken, sagt Dietmar Groß vom Heimatverein Bielstein, der den Markt zusammen mit der Dorfgemeinschaft Helmerhausen nach zwei pandemiebedingten Ausfällen in diesem Jahr wieder veranstalten konnte. Und so gab es oberhalb, unterhalb und vor der Burg etwa Wildspezialitäten vom Hegering, Glühwein vom MGV, Punsch vom Hospizverein, Weißen Glühwein vom Freibad-Förderverein oder Suppen von den Karnevalisten – das Angebot war groß, der Andrang auch. Manche Ware war am Samstagabend ausverkauft.
Und wenn man auch meinen könnte, dass die eisigen Temperaturen die Besucher schnell wieder ins Warme getrieben hätten: Je später der Abend, desto zahlreicher die Gäste. „Bei dieser Kälte schmeckt der Glühwein doch besser als bei 15 Grad“, sagte eine Frau und nimmt einen Schluck aus der Tasse mit dem dampfenden Getränk. Wem das als Maßnahme gegen Eisfüße nicht ausreichte, konnte sich notfalls im „Burgcafé“ des Frauenchors Oberbantenberg aufwärmen.
Auf der Bühne gaben sich die Interpreten die Mikros in die Hand: Chöre, Bands, Kinder und Posaunenchöre traten zum Beispiel auf. Das hörten sich nicht nur Bielsteiner an. Groß: „Wir haben den Eindruck, unser Markt hat sich weit über die Grenzen Wiehls herumgesprochen.“ (sül)