Neues Jahr, alte Sorgen: Die Tierheime müssen immer mehr Geld für Personal und Energie aufbringen. Der Wipperfürther Verein schlägt Alarm und droht mit Schließung.
Helfer brauchen HilfeOberbergische Tierheime kämpfen mit steigenden Kosten
Für Alma wird es ein gutes neues Jahr werden. Von Böllerlärm blieb sie im abgelegenen Tierheim Wipperfürth verschont. Grund zur Neujahrsfreude hat die dreijährige Hündin aber vor allem, weil sie bald ein neues Zuhause findet. Sie kam im September aus einem anderen Tierheim nach Wipperfürth und wurde dort von einem Pärchen entdeckt, das Alma ins Herz schloss, mit regelmäßigen Besuchen die anfängliche Scheu des Tieres überwand und es nächste Woche abholen wird.
Solche Erfolgsgeschichten sind es, die Nadine Hühnerbach (47) und Martina Müller (42) vom Vorstand des Tierschutzvereins Wipperfürth immer wieder zu ihrer ehrenamtlichen Arbeit motivieren. Weniger motivierend ist die zunehmend prekäre wirtschaftliche Situation des Heims, wie die beiden im Büro des ehemaligen Bauernhofs am Kaplansherweg berichten.
Wipperfürther Verein vermittelt im Jahr rund 200 Tiere
Mehr als 50 Tiere leben dort, dazu gehören zehn Hunde, 15 Katzen, allerlei Kaninchen und Meerschweinchen und ein Schwarm Wellensittiche. Zudem ein paar Ponys und Schafe, Dauerbewohner, die sich als Rasenmäher nützlich machen. Rund 200 Tiere werden alljährlich weitervermittelt.
Rasant gestiegene Kosten für Energie, Personal und Tierarztbehandlungen haben dazu geführt, dass inzwischen alle Rücklagen aufgebraucht sind. Rund 30 000 Euro kostet der laufende Betrieb im Monat. Und das Haus braucht dringend eine neue Heizung. Wie schon vor einem Jahr warnt der Verein, dass er das Heim schlimmstenfalls im Jahr seines 45-jährigen Bestehens schließen muss.
Ein Aufruf an die örtlichen Wirtschaftsunternehmen, sich als regelmäßiger Großsponsor zu engagieren, hatte nur sehr mäßigen Erfolg. Der Vereinsvorstand wird in den nächsten Tagen wieder in den Rathäuser vorstellig werden, um deren Unterstützung neu zu verhandeln. Die Vertragskommunen Engelskirchen und Marienheide zahlen derzeit einen Beitrag von 1 Euro pro Einwohner dafür, dass das Heim herrenlos aufgefundene oder von den Behörden beschlagnahmte Tiere aufnimmt. Lindlar gibt ab sofort immerhin 1,15 Euro. Nur die Stadt Wipperfürth zahlt einen Beitrag in Höhe von 1,30 Euro. Dieser Tarif ist im Wiehler Tierheim Koppelweide Standard. Dort haben neuerdings selbst die klammen Bergneustädter keine Sonderkonditionen mehr.
Das Wiehler Tierheim unterhält zudem Verträge mit Wiehl, Gummersbach, Reichshof, Nümbrecht und Morsbach. Vereinsvorsitzende Angelika Reiser sagt, dass die Fundtierbeiträge eine unverzichtbare, weil sichere Einnahmequelle bei der Haushaltsplanung ausmachen. Kleine Spenden und große Erbschaften seien wichtig, aber unkalkulierbar. „Man darf bei aller Ehrenamtlichkeit nicht vergessen, dass wir auch ein Unternehmen sind“, gibt Reiser zu bedenken. „Wir dürfen keinen Gewinn machen, müssen aber sicherstellen, dass wir über das nächste und auch das übernächste Jahr kommen.“
Appell an die oberbergischen Gemeinderäte
Die Wipperfürther Vereinschefin Hühnerbach betont die Verantwortung für ihre Mitarbeiter, drei von acht haben Vollzeitstellen. Dass sie angemessen entlohnt werden, sei wichtig, aber angesichts von mehr als 200 000 Euro Lohnkosten pro Jahr zunehmend schwierig. Ein kommunaler Beitrag von 1,80 Euro oder mehr wäre darum eine große Erleichterung, sagt Hühnerbach: „Dann könnten wir ruhiger schlafen.“
Am Ende ist es wie bei der Feuerwehr: Die Gesellschaft verlässt sich darauf, dass eine staatliche Pflichtaufgabe von Ehrenamtlern gestemmt wird. Insofern müssten die Gemeinderäte ein Interesse daran haben, dass die Tierheime nicht Pleite gehen, warnt Koppelweide-Chefin Reiser: „Denn dann haben die Kommunen ein echtes Problem.“ Um ihren politischen Einfluss zu verbessern, wollen die oberbergischen Vereine künftig enger zusammenarbeiten.
Nadine Hühnerbach geht davon aus, dass die steigenden Kosten immer mehr Menschen dazu bringen werden, sich von ihrem Tier zu trennen. Erst recht, wenn hohe Tierarztkosten drohen. Sie muss und kann nicht jeden Hund aufnehmen. Die Kapazitäten für unvermittelbare Tiere sind begrenzt. In Wipperfürth gibt es schon einen blinden Rüden und einen, der nur drei Beine hat. Dass Katzen oder Hunde in der Winterkälte vor dem Tierheim in Kartons abgesetzt oder heimlich angebunden werden, wie es immer wieder vorkommt, möchte die Tierfreundin aber nicht: „Wir reißen niemandem den Kopf ab, man kann immer mit uns reden und nach einer Lösung suchen.“ Und sei es, dass das Tier erst einmal bei den alten Besitzern bleibt und über die Homepage des Tierheims den potenziellen neuen Frauchen oder Herrchen vorgestellt wird.
So wie Shadow, ein vier Jahre alter Labrador-Mix, der sich mit Katzen gut verträgt. Wer könnte diesem treuherzigen Blick widerstehen?