Am Sonntag wird in Wipperfürth-Kreuzbergs Oberbergs erste Stolperschwelle verlegt. Sie erinnert an 44 Frauen, die vom NS-Regime wahrscheinlich alle ermordet wurden.
StolperschwelleErinnerung an 44 Opfer des NS-Terrors in Wipperfürth
Der 9. Juni 1942 hat für die Geschichte von Wipperfürth-Kreuzberg eine besondere Bedeutung. 44 Frauen, die als Patientinnen im Liebfrauenkloster lebten, wurden an diesem Tag in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt (PHP) Galkhausen weggebracht.
Die Frauen mit leichten geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen kamen dann fast alle in andere Anstalten weiter östlich und wurden sehr wahrscheinlich allesamt ermordet. „Eine der Bewohnerinnen, die regelmäßig für das Kloster im Dorf Besorgungen machte, wurde schreiend in ein Polizeiauto gezerrt und blieb ebenfalls verschwunden“, erinnert sich ein Zeitzeuge.
Damit diese Frauen und das Verbrechen an ihnen nicht in Vergessenheit geraten, wird am Sonntag, 3. November, vor dem ehemaligen Kloster an der Westfalenstraße 5, eine „Stolperschwelle“ verlegt – die erste in Oberberg überhaupt. Gunter Demnig, Künstler und Initiator der „Stiftung Spuren“, wird die längliche Tafel aus Beton und Messing mit der Gedenkinschrift im Bürgersteig einlassen.
Vor 32 Jahren hatte der Kölner die allerersten Stolpersteine verlegt, mittlerweile liegen mehr als 100 000 Stolpersteine in fast allen europäischen Ländern. Jeder einzelne Stein erinnert an einen Menschen, der in der NS-Zeit verfolgt, ermordet, deportiert oder in den Selbstmord getrieben wurde. An Orten, wo vielen Menschen den Nazis zum Opfer fielen – wie in Kreuzberg – werden Stolperschwellen anstelle der Stolpersteine verlegt.
Ein Wipperfürther Bürger gab die Anregung
Friedhelm Alfer, Einwohner aus Wipperfürth, hatte im April 2021 bei der Hansestadt Wipperfürth einen Bürgerantrag gestellt, die Stadt möge den Opfern der NS-Gewaltherrschaft gedenken. „Diese Zeit darf nicht in Vergessenheit geraten“, sagt er. Der Rat votierte einstimmig für diesen Antrag und beauftragte Stadtarchivarin Sarah Zeppenfeld, zu recherchieren.
In einer mehrjähriger, aufwendigen Suche konnte sie unter anderem nachweisen, dass die Frauen aus Kreuzberg nach Galkhausen und von dort in andere Anstalten verschleppt wurden. Auch die Namen der Frauen konnte Zeppenfeld anhand von Akten herausfinden. Zu einer der 44 Frauen fand die Archivarin die Sterbeurkunde, als Todesursache wird als „angeborener Schwachsinn“ angegeben. Unterstützt bei der Recherche wurde die Archivarin von Ulrich Bürger aus Kreuzberg, der sich seit Jahren für die Aufarbeitung der Dorfgeschichte engagiert. Er hat auch die Geschichte des Liebfrauenklosters recherchiert.
Aufwendige Recherchearbeit
Ein Arbeitskreis, eingesetzt vom Stadtrat, hat Empfehlungen für weitere Gedenkorte erarbeitet. Voraussichtlich im Frühjahr 2025 soll zur Erinnerung an alle NS-Opfer auf dem Hausmannsplatz hinter St. Nikolaus ein Denkmal des Wipperfürther Künstlers Michael Wittschier aufgestellt werden.
Ende kommenden Jahres soll dann in Wipperfürth ein Stolperstein für Klara Raffelsieper aus Erlen verlegt werden, die 1941 in der Tötungsanstalt Hadamar ermordet wurde, als einer von fast 15 000 Menschen. Insgesamt ließ die NS-Regierung im Rahmen der sogenannten „Euthanasie“ in Deutschland und den besetzten Ländern ab 1939 zwischen 200 000 und 300 000 Männer, Frauen und Kinder umbringen.
Die Stolperschwelle wird am Sonntag, 3. November, vor dem Haus Westfalenstraße 5 in Kreuzberg verlegt. Treffpunkt ist um 13 Uhr auf dem Vorplatz der Feuerwehr, Westfalenstraße 30. Aufgrund der Parkplatzsituation bittet die Stadt alle Teilnehmer um eine Voranmeldung unter (0 22 67) 82 84 47 oder per E-Mail an sarah.zeppenfeld@mail-wipperfuerth.de