Neue SchiedsleuteZwei Wipperfürther sollen bei Nachbarschaftsstreit schlichten
Wipperfürth – Zwei Nachbarn streiten sich seit Jahren um den genauen Verlauf der Grundstücksgrenze und können sich nicht einigen. Ein typischer Fall für die Schiedsleute. Als vereidigte und neutrale Mittler können sie versuchen, beide Seiten zu einer Einigung zusammenzubringen. Klappt das, sparen die Beteiligten unter Umständen viel Geld für einen Prozess. Die Amtsgerichte werden durch Schiedsverfahren entlastet.
Und weil es beim Schiedsverfahren keinen Sieger und Verlierer gibt, sondern ein Kompromiss das Ziel ist, besteht die Chance, dass die Kontrahenten sich am Ende wieder auf Augenhöhe begegnen. Zehn Jahre lang haben sich Reinhard Stephanow und Jürgen Becker als Schiedsmänner in Wipperfürth ehrenamtlich engagiert. „Es hat immer Spaß gemacht“, betont Stephanow“, aber jetzt, mit 74 Jahren, sei es genug. Sein Kollege Jürgen Becker stimmt zu.
Neue Schiedsleute auf fünf Jahre gewählt
Der Stadtrat hat kürzlich in geheimer Sitzung für fünf Jahre ihre Nachfolger gewählt, eine Verlängerung ist möglich: Thomas Herweg ist 50 Jahre alt, er arbeitet als Technischer Betriebsleiter bei Bayer in Wuppertal. Thomas van Eimeren (60) ist Verwaltungsangestellter. Schiedsmann Van Eimeren ist bereits vereidigt worden und konnte so schon die ersten Schiedsverfahren begleiten.
Neben Nachbarschaftsstreitigkeiten – sie machen rund 90 Prozent der Fälle aus – kümmern sich die Schiedsleute auch um Straftaten wie Beleidigung, Hausfriedensbruch und einfache Körperverletzung. Voraussetzung: Die Staatsanwaltschaft hat den Fall vorher geprüft und entscheidet, dass kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung vorliegt.
Rund sechs Verfahren im Jahr
Ein Schiedsverfahren kann nur dann beginnen, wenn beide Seiten einverstanden sind. Stephanow und Becker haben sich dann mit den Beteiligten im Wipperfürther Rathaus getroffen – einem neutralen Ort – und versuchen, in ausführlichen Gesprächen eine Annäherung und eine Schlichtung herbeizuführen. Anfangs seien die Fronten oft sehr verhärtet und die Stimmung entsprechend frostig, doch in 60 bis 70 Prozent der Fälle seien die Schiedsverfahren erfolgreich, berichten die beiden scheidenden Schiedsleute. Und sie loben ausdrücklich die reibungslose Zusammenarbeit mit der Wipperfürther Verwaltung.
Die Zahl der Verfahren halte sich in Grenzen, im Schnitt seien es fünf bis sechs pro Jahr, während der heißen Phase der Corona-Pandemie waren es weniger. Bis zum Ausbruch der Pandemie nutzten die Schiedsleute für ihre Verhandlungen wegen der besonderen Atmosphäre des Raumes gerne das Trauzimmer, dann mussten sie in den Sitzungssaal des Rathauses ausweichen, um Abstand einhalten zu können.
Das könnte Sie auch interessieren:
Bürgermeisterin Anne Loth bedankte sich bei Becker und Stephanow für ihr Engagement und bei Van Eimeren und Herweg für die Bereitschaft, das Ehrenamt zu übernehmen. „Dazu braucht es Empathie, Sensibilität, Lebenserfahrung und gesunden Menschenverstand“, so Loth.
So erreicht man die Schiedsleute in Wipperfürth
Zwei Schiedsamtsbezirke gibt es in Wipperfürth: Den nord-westlichen Bezirk 1 und den süd-östlichen Bezirk 2. Die neuen Schiedsmänner Thomas van Eimeren und Thomas Herweg sind erreichbar per-E-Mail an schiedsamt@mail-wipperfuerth.de.
Die Einschaltung einer Schiedsperson ist in vielen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten auf freiwilliger Basis möglich, das heißt, immer dann, wenn ein Bürger von einem anderen verlangt, etwas zu tun oder zu unterlassen. Der Weg zu einer Schiedsperson hat den Vorteil niedriger Kosten und der kurzen Dauer des Verfahrens - etwa 14 Tage. Ein Gerichtsprozess dauert in der Regel wesentlich länger und kostet selbst beim niedrigsten Streitwert ein Vielfaches. Weitere Informationen zur ehrenamtlichen Schiedstätigkeit finden sich auf der Webseite des BDS - Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen (Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen).