Wo Sonnenenergie versilbert wirdDrei Kommunen Oberbergs fördern Bau von Solaranlagen
Oberberg – „Das war der absolute Wahnsinn.“ Mit diesen Worten fasst Jürgen Seynsche, zuständiger Abteilungsleiter im Reichshofer Rathaus, zusammen, was nach dem 19. April passiert ist: An jenem Tag dieses Jahres ist in der Gemeinde das Förderprogramm für den Bau von Photovoltaik-Anlagen auf privaten Häusern und gewerblich genutzten Gebäuden offiziell gestartet. „Und keine drei Monate später war das Geld weg“, sagt Seynsche. Das heißt: Von insgesamt 125.000 Euro waren 124.900 Euro prompt ausgezahlt.
Reichshof, Nümbrecht und Morsbach fördern Bau von Solaranlagen
Reichshof, Nümbrecht und Morsbach, das sind zurzeit die einzigen Kommunen im gesamten Oberbergischen Kreis, die Förderungen mit Beträgen zwischen etwa 200 bis höchstens 1500 Euro anbieten, wenn Hausbesitzer die Sonne als Stromquelle nutzen wollen.
Und findet der Rat der Stadt Wiehl ebenfalls Gefallen daran, könnte im kommenden Jahr auch dort ein solches Förderprojekt umgesetzt werden. „Im Entwurf des neuen Haushalts sind jedenfalls 50.000 Euro dafür vorgesehen“, berichtet Stadtsprecher Volker Dick.
In Wiehls Nachbargemeinde Reichshof hat diese Summe indes nicht gereicht: Da waren zunächst 50.000 Euro für das Programm vorgesehen, der Rat aber legte ob der Menge an Anträgen auf Zuschuss weitere 75.000 Euro oben drauf. „Dass es so viele werden würden, damit haben wir nicht gerechnet“, blickt Jürgen Seynsche zurück. 95 Anfragen seien bis heute im Rathaus eingegangen. 88 konnten bisher berücksichtigt werden, nur ein Antrag sei abgelehnt worden.
Viele Anträge für Photovoltaik-Förderung
Die übrigen Anträge, sagt Seynsche, sollen 2022 bewilligt werden – sofern sich die Politik dafür ausspreche, das Programm fortzusetzen. „In allen Fällen haben die Antragsteller aber die Erlaubnis für einen vorzeitigen Baubeginn erhalten“, betont der Abteilungsleiter. „So können sie die Technik dann wahrscheinlich im Frühjahr installieren.“
Vorreiter ist die Schlossgemeinde Nümbrecht, die ihr Programm zum 1. Juli vergangenen Jahres an den Start gebracht hat: Nach Auskunft von Sachbearbeiterin Dr. Sandra Opitz stehen dafür 450 000 Euro zur Verfügung – das sind 200.000 Euro mehr als zum Auftakt geplant.
Von 222 Anträgen bisher, so Opitz, konnten 206 mit einer Gesamtsumme in Höhe von nahezu 365.000 Euro bedacht werden. „In 125 Fällen wurde das Geld ausgezahlt, 128 Anlagen sind übrigens schon aufgebaut.“
Förderung für Solaranlagen in Oberberg
Aggerenergie spricht von einem rasanten Trend
Von einem rasanten Trend zur Nutzung von Photovoltaik im Oberbergischen spricht unterdessen Vera Zielberg für den Energie-Lieferanten Aggerenergie: „Wir können uns vor Anfragen kaum noch retten.“
Seit dem Einstieg des Gummersbacher Unternehmens in diesen Bereich 2018 habe sich die Zahl der von der Aggerenergie gebauten Anlagen verdoppelt. Genauere Angaben dazu möchte Sprecherin Zielberg mit Blick auf den umkämpften Markt jedoch nicht machen.
Nur so viel: Vor allem seitdem es Förderprogramme gebe, habe diese Sparte deutlich zulegt – „nicht nur, weil es Unterstützung vom Land Nordrhein-Westfalen gibt“, betont Zielberg und nennt Beratungskooperationen etwa mit der Gemeinde Reichshof als Beispiel. Beraten, planen, verkaufen und installieren – das sind die Leistungen, die von der Aggerenergie angeboten werden. Aber: „Wer heute eine Anfrage formuliert, kann wahrscheinlich erst morgen bauen“, führt die Sprecherin aus. Will sagen: Es könnte zu Engpässen kommen.
Was gefördert wird
Die Höhe der Förderungen in Reichshof, Morsbach und Nümbrecht richtet sich unter anderem nach der Beschaffenheit der jeweiligen Photovoltaik-Anlage und nach deren Leistungen. So werden in Reichshof etwa auch Mini-Anlagen bezuschusst, die größeren müssen dagegen eine Mindestleistung von einem Kilowatt/Peak erbringen. In Nümbrecht müssen es dagegen mindestens fünf Kilowatt/Peak sein, dafür gibt es dort die Standardsumme von 1500 Euro.
Hilfe gibt es auch beim Oberbergischen Kreis. So rät Sprecherin Iris Trespe Interessierten dazu, zunächst das Solarkataster des Kreises im Internet aufzusuchen, um herausfinden, ob der geplante Standort überhaupt geeignet ist. „Danach sollte unbedingt ein Termin mit einem Energieberater folgen, zum Beispiel im Kompetenzzentrum auf Metabolon“, sagt Trespe. (höh)
Das macht auch den Bürgermeister stolz: Sind alle 206 Anlagen installiert, so rechnet Hilko Redenius vor, könnten mit deren Ertrag in Höhe von etwa 2,39 Millionen Kilowattstunden fast 598 Vier-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden. „Ich hoffe, dass sich die Politik für eine Fortsetzung entscheidet“, sagt Redenius. „Wir haben 200 000 Euro dafür im neuen Haushalt vorgesehen.“
Nicht lumpen ließ sich jüngst die Politik in Morsbach: In Oberbergs kleinster Kommune ist ein solches Programm am 1. April mit 25.000 Euro angelaufen, zuletzt haben die Mandatsträger daraus aber 40.000 Euro gemacht, aus einem anderen Förderprogramm wurden kurzerhand 1. 000 Euro abgezwackt.
„Von bis heute 33 Anträgen sind von uns 26 bewilligt worden“, führt Fachbereichsleiter Benjamin Schneider aus. „Die übrigen Anträge sind vorerst zurückgestellt, weil kleinere Nachbesserungen notwendig sind.“
Auch Waldbröl diskutiert über Förderung von Solaranlagen
In Morsbachs Nachbarstadt Waldbröl hält die Diskussion um die Etablierung von Förderungen bereits seit dem vergangenen Mai an, nachdem die Fraktion der Grünen einen entsprechenden Antrag an den Rat gerichtet hat. Dieser wurde damals in die Fachgremien verwiesen, erstmals soll in der Sitzung des Umweltausschusses am 30. November darüber beraten werden.
„Wenn Ende des Jahres feststeht, ob das Programm kommt, wie viel Geld und nach welchen Kriterien dieses verteilt wird, könnte es 2022 beginnen“, sagt Fraktionschefin Claudia Hein und richtet den Blick auf die anstehende Planung des städtischen Etats für das kommende Jahr.
Zweifel daran, ob eine derartige Unterstützung für Hausbesitzer der richtige Weg ist, hat bisher vor allem die CDU geäußert: Photovoltaik dürfe nicht als Rendite-Objekt gesehen werden, heißt es von den Christdemokraten, während die Ratskollegen von der FDP den Grünen-Vorstoß sogar ablehnen: Genossenschaftsmodelle etwa oder Erzeugergemeinschaften seien besser, urteilen die Liberalen.