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AktionstageAnti-Gewalt-Woche: Bergisch Gladbacher Bürgermeister  sieht „Armutszeugnis“

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Pressekonferenz Gewalt gegen Frauen: BM Frank Stein und Judith Klaßen (Gleichstellungsbeauftragte).

Im Rathaus haben der Bergisch Gladbacher Bürgermeister Frank Stein und Gleichstellungsbeauftragte Judith Klaßen das Programm der Aktionstage vorgestellt.

„Leider aktuell“ nennt der Bergisch Gladbacher Bürgermeister Frank Stein die anstehende Woche „Gegen Gewalt an Frauen“ in seiner Stadt.

Die Zahl lässt erschauern: Beinahe jeden zweiten Tag verliert in Deutschland eine Frau ihr Leben, weil sie eine Frau ist. „155 Frauen und Mädchen wurden durch Partner oder Ex-Partner getötet“, sagt Judith Klaßen, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bergisch Gladbach, unter Berufung auf Daten des Bundeskriminalamtes für 2023. Im Fachjargon werde von „Femiziden“ gesprochen, wenn „Frauen getötet werden, weil sie Frauen sind“. In diesem Jahr liegt die Zahl dieser Verbrechen bereits bei 157.

Vom 25 bis 30. November gibt es aus diesem Grund in Bergisch Gladbach wieder Aktionstage „Gegen Gewalt an Frauen“. Bürgermeister Frank Stein spricht von einer „tollen Woche, die leider nichts an Bedeutung und Aktualität verloren hat“.

Der Verwaltungschef, der ja auch Ehemann und Vater ist, nennt ein aktuelles Beispiel aus seinem persönlichen Erleben: Wenn er abends noch einmal vor die Tür wolle, um durchzuatmen, sei das für ihn überhaupt kein Thema. „Papa, du kannst das“, habe seine 24-jährige Tochter gerade noch zu ihm gesagt, denn Papa Frank ist ja ein Mann, die Tochter dagegen eine Frau. Der Bürgermeister: „Für unsere Gesellschaft ist das ein Armutszeugnis.“

Im Pressegespräch im Rathaus lenkt Gleichstellungsbeauftragte Klaßen den Blick weg von dem selteneren bösen Fremden und hin auf die häufigere Form von Gewalt, nämlich die Gewalt in oder im Anschluss an Beziehungen. Zudem beschränkt sich die gemeinte Gewalt nicht auf Schläge und Tritte, sondern bezieht auch psychische Gewalt mit ein.

Digitale Belästigung als moderne Form der Gewalt

„Wir sind vielfältiger geworden“, erklärt Judith Klaßen mit Blick auf das einwöchige Programm. So gibt es unter anderem Kurse und Workshops zum digitalen Empowerment – Strategien, die Menschen helfen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Zielgruppen sind 16-plus-Frauen ebenso wie Frauen ab 60 Jahren. Niemand müsse hinnehmen, digital belästigt zu werden, sei es mit ungefragt zugeschickten Bildern von Geschlechtsteilen, sogenannten Dick Pics, oder mit Nachrichten, in der die angeblichen Enkelkinder dazu auffordern, ihnen Geld zu geben. Ein Krav-Manga-Workshop macht mit taktischer Selbstverteidigung vertraut, Partys in verschiedenen Jugendzentren, Kreativangebote und ein Filmabend runden das Programm ab.

Auch die Polizei Bergisch Gladbach zeigt Flagge

Neben dem inzwischen schon Tradition gewordenen Fahnenhissen am Morgen des 25. November am Rathaus gibt es einen musikalischen Auftakt. In der Rhein-Berg-Galerie wird an diesem Tag die Musikerin und Pädagogin für Gewaltprävention, Maria Enganemben, ab 13 Uhr auftreten. Mit ihrer Musik möchte sie Frauen stärken.

Ein großer Teil der Aktionen besteht daraus, öffentlich Zeichen zu setzen: „Deshalb freue ich mich darüber, dass in diesem Jahr neben den Flaggen vor den beiden Rathäusern und auf dem Zanders-Gelände erstmals vor dem Dienstgebäude der Polizei Flaggen gehisst werden“, so die Gleichstellungsbeauftragte. Weitere deutliche Zeichen wird es direkt in der Rhein-Berg-Galerie geben, wo Schaufensterpuppen und die „Orange Bank“auf das Thema aufmerksam machen werden.