Das Aus der Basketballerinnen der Rheinland Lions ist seit einigen Tagen besiegelt. Soweit hätte es jedoch nicht kommen müssen.
Interview mit Sanierungsexperten„Die Rheinland Lions waren eigentlich gerettet“
Claus-Arwed Lauprecht ist Sport- und Sanierungsexperte. Der 59-Jährige arbeitete eng mit den Verantwortlichen des Basketball-Bundesligisten Rheinland Lions zusammen, um das Aus abzuwenden. Über das Scheitern dieses Vorhabens sprach Lars Heyltjes mit ihm.
Warum waren die Lions nicht mehr zu retten?
Claus-Arwed Lauprecht: Wir waren eigentlich bis Ende der Saison gerettet. Ende Dezember haben wir den Spielerinnen nach der 56:67-Heimniederlage gegen den BC Marburg mitgeteilt, dass die Lions die Saison beenden können. Die Finanzierung stand.
Was war ausschlaggebend?
Bei einem Treffen des AG-Vorstandes der Liga mit den Vereinen hat es eine Abstimmung geben, bei der sich eine überwältigende Mehrheit gegen einen Verbleib der Lions ausgesprochen hat. Ich habe in den vergangenen Monaten viel dazugelernt, manche Dinge sind für mich nicht nachvollziehbar.
So wie das endgültige Aus?
Ja, denn aus finanzieller Sicht hätte weitergespielt und die Gehälter hätten bezahlt werden können. Danach hat es im November noch lange nicht ausgesehen, da blickte man noch richtig düster in die Zukunft. Gemeinsam mit Lions-Gründer Martin Spicker, der sich um die Abwicklung der Insolvenz und das operative Geschäft gekümmert hat, während ich nach vorne geschaut habe, haben wir aber das Unmögliche möglich gemacht.
Wie groß ist Ihr Frust?
Riesig. Aber nicht nur wegen der geleisteten Arbeit, sondern auch wegen der Schicksale der Spielerinnen. Rheinland hatte Talente und Nationalspielerinnen unter Vertrag, für die diese Situation eine schwere Belastung dargestellt hat. Ich habe gespürt, was in ihren Köpfen vorging. Sie mussten um ihre Zukunft bangen, das hat sicherlich Spuren hinterlassen. Als wir verkündet haben, dass es weitergeht, war die Erleichterung bei allen groß. Aber die erneute und von uns nicht forcierte Kehrtwende nun wird bei einigen Spuren hinterlassen.
Wie ist es eigentlich zur Zusammenarbeit gekommen?
Ich war 2020 fast zehn Monate Interimsgeschäftsführer der DBBL GmbH, so habe ich Martin Spicker kennengelernt. Die Lions waren damals ja noch Zweitligist, der Kontakt ist nie abgerissen, wir haben uns respektiert. Im vergangenen September hat er mich dann gefragt, ob ich ob ich ihn bei der Sanierung unterstützen könnte.
Haben Sie sofort zugesagt?
Nein. Ich habe mich erst einmal mit der Philosophie des Clubs auseinandergesetzt und war fasziniert. Den Damen-Basketball fest im Rheinland zu verankern und jungen Talenten ein Sprungbrett für die Bundesliga zu bieten, hat mich überzeugt. Ich wollte helfen, das Projekt zu retten.
Handschellen von der Liga
Wie war im Herbst die Situation?
Wir haben neue Strukturen aufgebaut und einen Sanierungsplan aufgestellt. Mit Martin Spicker und auch Trainer Mario Zurkowski habe ich überlegt, wie wir neue Sponsoren akquirieren können. Zudem mussten wir aber die Kosten für die Spielerinnenetat senken. Wir haben auch neue Gönner gefunden, doch die Liga hatte uns enge Handschellen angelegt.
Inwiefern?
Wir sollten zuerst den Etat bis Dezember nachweisen, zeigen, dass die Finanzierung für das Jahr 2022 steht. Nachdem uns dieses Kunststück gelungen war, kam die nächste Herausforderung vonseiten der Liga: Wir sollten bis Ende Dezember den Nachweis erbringen, dass die wir aus finanzieller Sicht die Spielzeit beenden können. Doch auch das ist uns gelungen, dafür haben wir Tag und Nacht gekämpft. Umso ärgerlicher war dann das plötzliche und unnötige Aus.
Budget sah Neuzugänge vor
Trainer Mario Zurkowski hat mehrfach betont, dass sogar Nachverpflichtungen getätigt werden können.
Das ist korrekt. Nach den Abgängen der Leistungsträgerinnen Chatrice White, Mehryn Kraker und Aldona Morawiec war das auch nötig. Der Budgetplan hätte es erlaubt. Wir sind gerade rosigeren Zeiten entgegengegangen. Pünktlich zum Stichtag haben wir die Unterlagen bei der Liga eingereicht.
Wie konnten die Rheinland Lions in diese Situation geraten?
Vieles war auf Eventualitäten aufgebaut. Als wir potenzielle Kapitalgeber dann kontaktiert haben, war die Summe, die zusammengekommen war, doch überraschend gering oder konnte erst in 2023 aufgebraucht werden, was für die Situation zu spät war. Also musste die Rheinland Lions zum 1. November Insolvenz anmelden. Mein Lob geht an dieser Stelle an die damals vorläufige und heutige Insolvenzverwalterin Dr. Ruth Rigol. Sie hat aus meiner Sicht uns alle Türen offengehalten, dass wir die Saison zu Ende spielen können, wenn wir die Finanzierung für den Rest der Saison sichern können. Dafür mussten wir aber insgesamt Gelder im niedrigen sechsstelligen Bereich akquirieren und nachweisen.
Wie geht es denn jetzt weiter?
Die Vorgänge haben in mir die Kampfeslust erweckt. Ich will das Projekt fortführen und unbedingt umsetzen. Mir liegen bereits Anfragen anderer Vereine vor, Gönner haben sich bereits gemeldet. Es besteht großes Interesse, den Damen-Basketball im Rheinland zu etablieren.
Wird Bergisch Gladbach Standort des Vorhabens bleiben?
Das steht zum heutigen Zeitpunkt noch nicht fest. Das Kind wird einen neuen Namen erhalten, alles muss neu aufgebaut werden. Es gilt, Jahrespläne zu verfassen und etwas aufzubauen, um diese Vision zu erhalten. Eventuell könnte auch ein neuer Standort zu den Änderungen zählen. Das ist noch offen. Ins Auge fasse ich da Leverkusen, Bonn oder Köln. Martin Spicker wird dann aber nicht mehr an Bord sein.