In Bergisch Gladbach laufen zwar Aus- und Neubauvorhaben für Kitas. Die dürften aber nicht ausreichen.
„Eltern rufen weinend an“In Bergisch Gladbach fehlen 700 Kita-Plätze
Die Kita-Versorgungslücke in der Stadt wird immer größer. Zum Sommer fehlen in der Stadt laut Prognose 416 Betreuungsplätze für Kindergartenkinder. Das sind alarmierende Zahlen für berufstätige Eltern. Zwar laufen drei Neubau- und Ausbauvorhaben – aber die dürften bei weitem nicht ausreichen, um dem Defizit zu begegnen.
Denn unterm Strich sind es sogar insgesamt über 700 Jungen und Mädchen, die ohne Platz dastehen, rechnet man die 300 Kinder dazu, die aktuell auf der Warteliste stehen. Grob gerechnet fehlen im Stadtgebiet vier bis fünf große Kindertagesstätten.
Diese Zahlen muss die Stadt sehr ernst nehmen. Denn es könnte sich eine Klagewelle anbahnen im Zusammenhang mit den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr. Die Stadt ist verpflichtet, ausreichend Betreuungsplätze bereitzustellen. Doch die Gesetzeslage ist das eine – die Realität das andere.
„Die ersten Klagen gibt es schon“, berichtet Petra Liebmann, Abteilungsleiterin für Kinder,- Jugend- und Familienförderung, beim Pressegespräch im Bensberger Rathaus. Aber bisher gab es immer noch eine individuelle Lösung, etwa wenn ein Betreuungsplatz in einer Nachbarkommune vermittelt werden konnte. Mit den Absagen kämen viele Mütter und Väter nur schwer klar. „Es gibt Eltern, die rufen weinend bei uns an. Andere toben vor Wut. Das ist alles nachvollziehbar“, sagt Sabine Hellwig, Fachbereichsleitern für Jugend und Soziales.
Dezernent Ragnar Migenda spricht von einem bundesweiten Trend, was verzweifelte Eltern wenig trösten dürfte. Als Hauptgründe für die Kita-Lücke führt er an: gestiegene Geburtenraten in der Coronazeit, die zunehmende Zahl an Flüchtlingskindern, der Zuzug von Familien aus Köln, fehlende geeignete Grundstücke für Neubauten sowie den eklatanten Mangel an Fachkräften.
Letzteres könne nur mit Unterstützung von Land und Bund gelöst werden. Jeder einzelne Träger müsse für sich klären, ob etwa ungelernte Kräfte in Kitas eingesetzt werden sollen. Diese könnten beispielsweise beim Zähneputzen oder An- und Ausziehen helfen. Petra Liebmann sagt: „Das darf nicht auf Kosten der Qualität gehen.“
Bergisch Gladbach: Kita auf der Dach der Rhein-Berg-Passage?
„Wir können nur in kleinen Schritten vorankommen“, sagt Migenda, „dabei gibt es keine Denkverbote.“ Um Tempo zu gewinnen, schlägt er vorgefertigte Modulbauten vor, so wie sie aktuell als Erweiterungen für Grundschulen errichtet werden. Als pragmatische Lösung könne er sich sogar eine Kita auf dem Dach des früheren Kaufhauses Rhein-Berg-Passage vorstellen. Als Notlösungen kämen auch Container als Erweiterungen infrage.
Mit Hochdruck werde zudem permanent nach geeigneten Grundstücken oder Immobilien gesucht. Um Prozesse zu beschleunigen, kann sich Migenda vorstellen, dass die Stadt selbst als Bauherr und Betreiber von Einrichtungen auftritt. Bislang existieren in Gladbach keine kommunal-geführten Kindergärten. Alle Einrichtungen werden kirchlich, von freien Trägern oder Initiativen geführt.
Den Vorwurf, dass an vielen Stellen Baugebiete entstehen, ohne dass die Infrastruktur mitgeplant wird, lässt Migenda nicht gelten: „Bei großen Baugebieten wie auf dem Zanders-Gelände denken wir die Infrastruktur von vornherein mit.“ Die „hohen Nachverdichtungen in den Veedeln“ sorgten für die Probleme.
Bergisch Gladbach: Erhöhung der Gruppenzahl
IDie Stadt stellt insgesamt 4022 Plätze in Kindertagesstätten und 354 Plätze in der der Kindertagespflege bereit. Der Fehlbedarf an Betreuungsplätzen beläuft sich auf 416 Plätze in Kindertagesstätten: 82 Plätze fehlen bei den unter Dreijährigen, 183 bei den über Dreijährigen. Bedacht werden muss auch, dass in die städtischen Planungen bereits die Vergrößerungen von Kita-Gruppen eingerechnet wurden. Dies sind 80 Plätze, die mit den Trägern vereinbart werden konnten. Sollten die Träger künftig aufgrund von Personalmangel diese Plätze nicht mehr belegen wollen, läge das Defizit bei bis zu 496 Plätzen, plus die 300 Kinder, die bereits auf der Warteliste stehen. Am 9. März berät die Politik das Thema.