Verwittert und vergessenDem altem Pfarrhaus in Herrenstrunden droht der Verfall
Bergisch Gladbach – Keine Wende zum Positiven: Der Niedergang des ehemaligen Pfarrhauses in Herrenstrunden scheint trotz aller Bemühungen des Bergischen Geschichtsvereins nicht aufzuhalten. Schon seit längerer Zeit macht das Gebäude einen verlassenen Eindruck: Der Briefkasten wird offenbar nur noch sporadisch geleert, der Weg zum Haus ist zugewuchert, das Holz der Haustür angefault, Schlagläden hängen schief in den Angeln und Schieferplatten der Fassade sind gebrochen. Nur die Dachpfannen scheinen makellos.
Trotz dieser unübersehbaren Zeichen des Verfalls lässt sich die ursprüngliche Eleganz des Gebäudes schräg gegenüber der Malteser-Komturei in Herrenstrunden noch erahnen. Seit Monaten versuche der Bergische Geschichtsvereins mit der Eigentümerin ins Gespräch zu kommen, sagt Thomas Klostermann vom Arbeitskreis Fachwerk und Denkmalpflege. Doch alle Versuche seien bisher gescheitert.
Seit 2015 steht das Haus unter Denkmalschutz
Seit 2015 steht das alte Pfarrhaus unter Denkmalschutz. „Noch ist das Haus keine Ruine, doch der Verfallsprozess nimmt an Tempo zu“, beurteilt Klostermann die Lage. Früher sei das Haus gut gepflegt worden, doch nach dem Tod des damaligen Eigentümers sei dies nicht mehr der Fall. Das Gebäude sei offensichtlich die meiste Zeit sich selbst überlassen.
Die Serie
Verwittert und vergessen
Verwittert und vergessen – unter diese Stichworte fallen einige Bauten in der Stadt Bergisch Gladbach, um die sich der Bergische Geschichtsverein Sorgen macht. Oft bemühen sich die Lokalhistoriker schon seit Jahren um den Erhalt eines Objekts oder um eine der historischen Substanz angemessene neue Nutzung. Denn Leerstand, das wissen die Denkmalschützer aus oft bitterer Erfahrung, ist immer ein hohes Risiko. Nicht selten gestaltet dann der Abrissbagger die Zukunft. (spe)
Das finden die Lokalhistoriker sehr schade. Es gehe nicht darum, dem Eigentümer Vorwürfe zu machen oder ihn in irgendeiner Weise unter Druck zu setzen, erläutert Klostermann, sondern darum, Wege zu finden, wie man das Haus schützen könne. Man wolle beraten und helfen, auch hinsichtlich von Fördermöglichkeiten im Denkmalschutz, den die Eigentümerin vielleicht in Anspruch nehmen könne.
Kontaktversuche scheiterten
Auch Kontaktversuche der Stadt Bergisch Gladbach als Untere Denkmalbehörde gingen bisher ins Leere. „Der Eigentümer ist bislang nicht zu ermitteln. Mehrere Versuche in irgendeiner Weise Kontakt aufzunehmen, waren erfolglos“, so Marion Linnenbrink, Pressesprecherin der Stadt. Auch Nachrichten, die man mit der Bitte um Kontaktaufnahme in den Briefkasten geworfen habe, hätten zu keiner Reaktion geführt.
Allerdings gäbe es auch „keine Anhaltspunkte, dass Gefahr im Verzug“ sei, meint die Untere Denkmalbehörde. Nach Ansicht der Stadt „kann das Objekt bislang nicht als verwahrlost bezeichnet werden“. Zudem sei nicht erkennbar, dass am Haus „Maßnahmen ergriffen werden, die dem Denkmalschutz zuwiderlaufen“.
Pfarrhaus war 1872 wichtiger Schritt in die Selbstständigkeit
Für Herrenstrunden sei das Alte Pfarrhaus, erbaut 1874, in besonderer Weise historisch relevant und ortsbildprägend, meint Dr. Johannes Bernhauser vom Geschichtsverein, der sich mit der Genese des Gebäudes auskennt. Nach der Säkularisierung 1806 und der Auflösung der Malteser-Komturei habe die Bevölkerung in Herrenstrunden ohne Seelsorger dagestanden und sei daher von Herkenrath aus betreut worden.
Der Bau des Pfarrhauses ab 1872 stand im direkten Zusammenhang mit den Bemühungen, als Pfarrei unabhängig zu werden. 12.000 Mark musste die Bevölkerung an Spenden sammeln, ein Grundstück wurde gestiftet, bis am Ende das Haus gebaut werden konnte. Mit seinen sieben Zimmern und zwei Mansarden wurde der damalige Neubau vom inspizierenden Bensberger Pfarrer für „recht anständig, aber doch nicht zu groß und zu kostspielig“ befunden.
Neben der ortsgeschichtlichen und baukulturellen Bedeutung habe das Gebäude auch einen herausragenden Stellenwert für den touristisch stark frequentierten Ortsteil Herrenstrunden, meint Klostermann. „Die regionaltypische Fachwerkbauweise mit ihrem Bergischen Farbendreiklang – dunkler Schiefer, weiße Fenster, schwarz-weißes Fachwerk und grüne Schlagläden – ist in Herrenstrunden selten geworden.“