Auch bei einem Blackout muss das Amtsgericht Bergisch Gladbach rechtsstaatliche Standards halten.
JustizWie sich das Amtsgericht Bergisch Gladbach auf einen Stromausfall vorbereitet
Wenn der Strom in diesem Winter wirklich einmal großflächig für mehr als zwei, drei Stunden ausfallen sollte, dann ist nicht nur Holland in Not, sondern auch der Rheinisch-Bergische Kreis. Doch rüsten sich für diesen Fall der Fälle nicht nur die Bevölkerungsschützer und die Polizei, sondern auch die Richterinnen und Richter. Denn auch die werden dringend gebraucht – um rechtsstaatliche Standards auch in Zeiten der Dunkelheit zu gewährleisten.
Die Bevölkerungsschützer im Kreishaus, in den Rathäusern und bei den Feuerwehren haben, wie mehrfach berichtet, schon einiges getan, um sich vorzubereiten: mit 75 Notfallinformationspunkten im Kreisgebiet wie mit Nottankstellen für Einsatzfahrzeuge, mit reaktivierten Analog-Funkgeräten aus der technologischen Steinzeit wie mit hochmodernen Satellitentelefonen.
Rhein-Berg: Auch Polizei bereitet sich vor
Und auch die Polizei bereitet sich vor, hat die Erfahrung mit früheren Stromausfällen in anderen Ländern doch gezeigt, dass solche Notsituationen nicht bei jedem und jeder Bürgersinn und Hilfsbereitschaft wecken, sondern bei einigen auch Hass, Habgier und Gewalt.
Und dabei kommt die Justiz als dritte Gewalt ins Spiel: Denn die Polizei darf zwar einiges, um Gefahren abzuwehren und die Guten vor den Bösen zu schützen, aber nicht alles. Wenn es etwa um das Einsperren geht, sehen Grundgesetz und Gesetze hohe Hürden vor: Ein Richter bestimmt.
Im Normalbetrieb, ohne Stromausfall, gibt es für die Kernzeiten den Haftrichter und für die Randzeiten schon seit zweieinhalb Jahren in Bensberg ein „zentralisiertes Bereitschaftsdienstgericht“, zuständig für den kompletten rechtsrheinischen Teil des Landgerichtsbezirks Köln.
Fünf Richter wechseln sich ab
Fünf Richterinnen und Richter wechseln sich ab und sind an Werktagen außerhalb der Justiz-Kernzeiten zuständig für Haftbefehle und Co aus den Amtsgerichtsbezirken Bergisch Gladbach, Gummersbach, Wipperfürth, Wermelskirchen und Leverkusen. Diese Einrichtung hat sich nach dem Urteil der Gerichtsdirektorin bewährt: Die Kolleginnen und Kollegen seien gut eingearbeitet und spezialisiert.
Tatsächlich haben die fünf Richterinnen und Richter, aktuell drei aus Bergisch Gladbach und zwei aus Wipperfürth, während ihrer ungewöhnlichen Arbeitszeiten – (von 6 bis 7.30 Uhr und von 16 bis 21 Uhr, am Wochenende von 6 bis 21 Uhr)) gut zu tun, und ihre Arbeit wird mehr. Amtsgerichtsdirektorin Johanna Saul-Krickeberg: „Im Jahr 2021 hatten wir insgesamt 495 Verfahren.“ Im Jahr 2022 waren es am 20. Dezember schon 529 Verfahren. Die Amtsgerichtsdirektorin: „Ich nehme mal an, dass noch 10 bis 15 Verfahren dazu kommen.“
Für den Fall eines Blackouts soll für die fünf Richterinnen und Richter nun aber keineswegs ein Extra-Vorrat an Taschenlampen und Batterien angeschafft werden. Vielmehr wurde justizintern eine andere Dienstorganisation vorbereitet, denn, so Saul-Krickeberg: „Bei einem mehrtägigen Stromausfall kommen die Anträge aus den verschiedenen Amtsgerichten gar nicht mehr hierhin.“
Damit werde im Krisenfall jedes Amtsgericht seine eigenen Fälle wieder selbst übernehmen. Für den Gladbacher Amtsgerichtsbezirk – also für die Städte Bergisch Gladbach, Rösrath und Overath sowie die Gemeinden Kürten und Odenthal sowie ausnahmsweise auch für Wermelskirchen – baut die Bensberger Justiz mit „einigen Amtsrichtern, die in der Nähe der Polizei in Bergisch Gladbach wohnen, ein Gerüst von Richtern auf“.
Diese werden bei Bedarf auf die Polizeiwache fahren und in dem offiziell zum Gericht gehörenden Vorführzimmer die einzelnen Fälle abarbeiten, indem sie die Delinquenten anhören, Haftbefehle erlassen oder bei Betrunkenen die Dauer von Ingewahrsamnahmen festlegen - falls denn der Strom wirklich einmal lang ausfallen sollte.