Lithografische Ansichtskarten sind Raritäten. Ein neues Buch zeigt, was sich in Bergisch Gladbach erhalten hat.
Neues BuchHistorische Ansichtskarten zeigen das alte Bergisch Gladbach
Sie hatten nur eine kurze Blütezeit, dann verdrängte sie der Fotoapparat: Lithografie-Ansichtskarten sind kleine Kunstwerke und waren zwischen 1895 und 1905 unverzichtbarer Bestandteil eines jeden gelungenen Ausflugs.
Was heute gepostete Urlaubsfotos in sozialen Medien sind, das war Ende des 19. Jahrhunderts der kolorierte postalische „Gruß aus ....“ – Augenfälliger Beweis für Unternehmungslust und einen Hauch von Luxus. Einige dieser lithografischen Karten, farbige Drucke handgefertigter Zeichnungen mit Grüßen aus dem Bergisch Gladbacher Stadtgebiet, überstanden die Jahrzehnte.
100 alte Ansichten von Bergisch Gladbach
Hundert dieser historischen Raritäten, von Sammlern dem Stadtarchiv anvertraut, werden nun in einem Buch, das im November erscheinen soll, der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Idee wurde auf einer Ausstellung geboren, mit der das Stadtarchiv im vergangenen Jahr 50 historische Ansichtskarten präsentiert hatte. „Die hatte ein großartiges Feedback und wir wurden immer wieder angesprochen, ob es die Ansichten auch als Buch gäbe“, erklärt Archivleiter Dr. Thomas Schwabach die Entstehungsgeschichte.
Historiker aus Bergisch Gladbach erarbeiteten die Texte
Gemeinsam mit den Historikern Peter Lückerath und Professor Michael Werling, die schon die Texte für die Ausstellung erarbeitet hatten, stellte man jetzt das Buch zusammen.
100 lithografische Ansichtskarten, historisch und geografisch eingeordnet, umfasst der Band, der im Heider-Verlag gedruckt wird. Der ist bereits seit 1889 in der Stadt ansässig und hat vor mehr als 100 Jahren selbst zwei der nun wieder präsentierten Karten auf den hauseigenen Druckmaschinen produziert: Gladbacher Marktplatzszenen, naturgemäß „Lieblingskarten“ des heutigen Verlagschefs Hans-Martin Heider.
Viele Häuser sind aus dem Bergisch Gladbacher Stadtbild verschwunden
Manche Postkartenidylle von damals ist inzwischen längst der modernen Bebauung zum Opfer gefallen, vieles ist verschwunden oder so stark verändert, dass es zur Lokalisierung der dargestellten Örtlichkeiten den versierten Blick der Lokalhistoriker braucht. So etwa bei der Karte, die das nicht mehr existierende Lokal Heidchen zeigt.
„Die Gastwirtschaft lag zwischen Schildgen und Katterbach und hatte als Attraktion einen Baum, in dem sich oben zwischen den Zweigen eine Sitzbank für Gäste befand“, schmunzelt Peter Lückerath.
Die Karten waren Werbung für Bergisch Gladbach
Überhaupt waren die Karten, so Michael Werling, ein gängiges Werbemittel, mit dem Städte, aber besonders auch Ausflugslokale ihre Vorzüge präsentierten: Wer den verrußten Großstädten mit ihren dunklen Mietskasernen ins Grüne entfloh, der wollte informiert sein, was die „Sommerfrische“ so bot: Gondelteiche, Biergärten, Tanzsäle, Kegelbahnen oder Tiergehege sollten die Touristen locken.
Die Attraktionen sprachen sich herum und auf der „Cöln-Olper Chaussee“, einer wichtigen Verbindung durch das Bergische, „herrschte zeitweilig so großer Betrieb, dass zwei Firmen einen wohl von Pferden gezogenen Omnibus anbieten wollten“, berichtet Lückerath über den frühen Tourismus.
Viele Karten zeigen eine versunkene Welt, etwa die des „Luftkurortes Bockenberg“, andere scheinen immer noch wohlvertraut: Die Bensberger Silhouette mit Schloss und Kirchturm St. Nikolaus oder auch das Rathaus in Gladbach mit St. Laurentius lassen grüßen.