Ruhig trotz Krach und StressWie man in Gladbach Besuchshunde ausbildet
Bergisch Gladbach – Spontane Umarmungen, ein scheppernd zu Boden fallender Kasten – Kira, Luna, Trixi und Co konnte nichts aus der Ruhe bringen. Und das ist oberstes Gebot bei der Besuchshundeprüfung des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB), zu der die tierischen Kandidaten aus Leichlingen, Wermelskirchen, Leverkusen und Bergisch Gladbach kamen.
Ausbildungsleiter Bernhard Boeck schaute sich bei der Begrüßung nicht nur die Vierbeiner an, sondern nahm auch den Menschen am anderen Ende der Leine in Augenschein. Die Prüflinge mit Fell – Schulterhöhe von 25 bis knapp 60 Zentimeter – schienen dabei etwas gelassener als die zukünftigen Ehrenamtler. Die Versicherung, dass der Eignungstest „eine für einen ausgeglichenen Hund durchaus bestehbare Prüfung“ sei, beruhigte da schon ein wenig, schließlich sollten weder zukünftige Ehrenamtler noch Hunde die Lust an der Sache verlieren.
Bergisch Gladbach: Hunde absolvieren brav Prüfungsparcours
Malteser-Pudel, Flat-Coated Retriever, Pudel Doodle, und Botimi (Bonner Tierheim Mix) wussten sowieso genau: Hier punkten Charakter und Klasse statt Rasse. Hinter den Prüfungsinhalten (Verhalten gegenüber Fremden, sowie bei optischen oder akustischen Umwelteinwirkungen, Fütterung aus der Hand, Körperkontakt und Verträglichkeit mit anderen Hunden) verbarg sich ein Prüfungsparcours, den alle Probanden souverän absolvierten.
Die Hunde ließen sich weder von Luftballons beirren, die dicht neben ihnen zerplatzten, noch beeindruckte sie eine Kiste mit Metallgegenständen, die scheppernd neben ihren Pfoten auf den Boden klirrte. Testbereich: Fenster „zugeknallt“, Besteckschublade auf die Erde gefallen – abgehakt.
Geduldübungen und Ruhe trotz Stress und Krach
Die spontane Umarmung durch einen „wildfremden“ Menschen, unkontrollierte, spontane Bewegungen, ein Zwicken in den Hunde-Popo oder der rappelnde Einkaufswagen (statt Rollator) in Richtung Hund unterwegs, wurden ebenso mit stoischer Ruhe ertragen. Auch ein großes wehendes Tuch zu unterqueren, ein plötzlich neben dem Hund aufgespannter Regenschirm oder ein seitlich vom Kopf hin und her wandernder Blindenstock ließ die Tiere gelassen bleiben.
„Extrem wichtig“ waren „Geduldsübungen“ beim Füttern direkt aus der Hand. Denn hier war Abwarten gefordert, allenfalls leichtes Stupsen – „jetzt gib es doch endlich her“ – erlaubt. Gierig schnappen oder mit der Pfote herumkratzen inakzeptabel. „Alleine schon der Kontakt mit den Krallen kann die Pergamenthaut alter Menschen sehr verletzen“ warnte Bernhard Boeck. In 20 verschiedenen Übungseinheiten wurden Alltagssituationen nachgestellt, in denen die Hunde „sich natürlich auch mal erschrecken“ durften. Wichtig waren grundsätzliche Reaktionen. „Bellen ist kein Ding, es darf nur mit den Zähnen keinen Körperkontakt zum menschlichen Gegenüber geben.“
Hunde für Kinder- und Seniorenheime
Wolle sich ein Mensch mit seinem Hund engagieren, müsse sich der Vierbeiner „im Gesamtpaket sozial verträglich benehmen“, so der ASB, der auch die Vermittlung eines passenden Teams in die Einrichtungen, die besucht werden sollen, übernimmt. Er findet den richtigen Hund für das Kinderheim, Seniorenheim oder Hospiz.
Seit 2013 bietet der ASB Eignungstests für den bundesweit anerkannten Besuchshundedienst an. In Bergisch Gladbach haben in diesem Jahr bereits elf Teams bestanden, ein weiterer Kurs folgt im Spätsommer.
„Jetzt darf ich Kira endlich mit zur Arbeit ins Jugendwohnheim nehmen“ freut sich eine Hundebesitzerin aus Wermelskirchen. Begleiterinnen und Begleiter Demenzerkrankter wollen mit ihren Hunden die ehrenamtliche Hilfe verstärken, denn Erkrankte tauten bei den Begegnungen mit Hunden plötzlich auf, erzählten freudig, auch wenn sie sonst nur noch schwiegen.
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„Immer, wenn ich mit Kyra meinen Vater im Seniorenheim besucht habe, dauerte es fast eine Stunde, bis ich in seinem Zimmer war, so viele streichelnde Hände und leuchtende Augen mussten wir bis dahin passieren“, erzählt ein Herrchen. Die Bitte aller Bewohner, bald wiederzukommen, war sein Grund „nun offiziell Freude zu schenken“. Die Gedanken aller neuen Freiwilligen im ASB-Besuchshundedienst sprach wohl Frank Böhm aus, als er seine knuffige Hundedame Trixi ins Auto lud: „Los, wir fahren – jetzt kannst Du was Gutes tun!“