Vor 38 Jahren gegründetBäckerei Horst schließt alle Filialen – Insolvenz
Bergisch Gladbach – Erstaunt bleiben die Kunden vor den Türen stehen, drücken vergeblich dagegen und gucken durch die Glasscheibe. Die Brotregale, Brötchenkörbe und Kuchenvitrinen sind leer, die Verkaufsräume dunkel. Der Betrieb „Mein Bäcker Horst“ in Bergisch Gladbach ist geschlossen. Inhaber Roland Horst hat Insolvenz angemeldet.
Das Familienunternehmen führte über Jahrzehnte drei Filialen in den Stadtteilen Heidkamp und Refrath – dort auf der Dolmanstraße und im Wohnviertel In der Auen – sowie seit Anfang 2018 drei Filialen in Köln-Dellbrück und Dünnwald. Auch Hotels und Kioske in Bergisch Gladbach und Umgebung, darunter das Grandhotel Schloss Bensberg, sind von der Bäckerei viele Jahre beliefert worden. „Der heiße Sommer im letzten Jahr hat mir den Start in Köln kaputt gemacht“, erklärt Roland Horst. 2007 hat der 51-jährige Bäckermeister von seinem Vater und Gründer des Unternehmens, Gottfried Horst, die Gladbacher Filialen übernommen. Im Januar 2018 hat er drei weitere Filialen in Köln – eine Dellbrück, zwei in Dünnwald – übernommen.
Der Umsatz sei hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben. „Wenn es zu warm ist, essen die Leute einfach weniger“, versucht Roland Horst den ausbleibenden Gewinn zu erklären. Die laufenden Personal- und Betriebskosten zu stemmen, sei zum Problem geworden. Schon im Laufe des vergangenen Jahres seien Schulden entstanden, sagt er. Schließlich hätten die Banken „nicht mehr mitgemacht“. Daraufhin meldete der Inhaber Insolvenz an. 36 Beschäftigte in Voll- und Teilzeit sind davon betroffen.
Ende kam unerwartet
Das Ende des Familienbetriebs kam für alle unerwartet. „Ich bin darauf nicht vorbereitet. Jeden Tag habe ich noch in der Backstube gestanden und morgens um 2.30 Uhr angefangen“, sagt Gottfried Horst.
Refrather Mühle
Die Bäckerei in der Refrather Mühle führt das Familienunternehmen Rasch aus Kürten-Bechen ab 1. Juni weiter. Seit 1992 besteht die Firma von Bäckermeister Arno-Heinz Rasch. Seine Frau Mäggy, Sohn Tim und Tochter Denise – alle Fachkräfte im Bäckereihandwerk – arbeiten im Betrieb mit. (dr)
Dem 76-jährigen Bäckermeister fällt es genauso schwer wie seiner Frau Brigitte, die immer im Geschäft mitgearbeitet hat, das Ende von „Mein Bäcker Horst“ zu akzeptieren. Den ungewöhnlichen, aber einprägsamen Firmennamen, hatten sie sich damals gemeinsam überlegt. Damals, das war am 1. September 1981, vor 38 Jahren, als sich das Paar mit eigener Backstube und Geschäft am Lerbacher Weg in Heidkamp selbstständig machte. Vor rund 30 Jahren übernahmen sie auch das Geschäft Refrather Mühle, In der Auen, und mehr als 20 Jahre führten sie die Filiale an der Dolmanstraße.
Der Abschied geht allen Beteiligten sehr nah. „Sogar die Kunden weinten“, erzählt Brigitte Horst. Stammkunden sind zum täglichen Einkauf und regelmäßig zum Frühstücken, Mittagsimbiss oder Kaffee und Kuchen in die drei Filialen gekommen. Auch für seine Plätzchen zur Vorweihnachtszeit – Spritzgebäck, Zimtsterne und Spekulatius – war Bäcker Horst bekannt. „Besonders die Spekulatius sind von Kunden überall hin verschenkt worden“, weiß Brigitte Horst, die unermüdlich die Zellophantüten für den Verkauf gepackt hat. Gottfried Horst führt seit Beginn seiner Ausbildung 1957 ein Rezeptbuch – ein persönlicher Schatz.
Die Geschäfte in Heidkamp und an der Dolmanstraße bleiben vorerst zu. Die Refrather Mühle wird Bäckermeister Arno-Heinz Rasch aus Kürten- Bechen übernehmen (siehe Infokasten).