Rechtlich ist eine Feuerwerksverbotszone im Wohnpark Bensberg nicht umzusetzen. Anwohner blicken mit Angst auf die Silvesternacht.
SilvesterBöllerverbot in Hochhaussiedlung in Bergisch Gladbach ist gescheitert
Alle im Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung wollten das Gleiche: eine Feuerwerksverbotszone im Wohnpark Bockenberg – zugunsten der Menschen dort, die durch Böller und Raketen gefährdet werden. Doch das lässt sich rechtlich nicht umsetzen, weil das Sprengstoffrecht Bundessache ist. Anwohner in der Hochhaussiedlung blicken mit Angst auf die Silvesternacht.
Die Initiative, in dem dicht bebauten Hochhausgebiet das Feuerwerk zu verbieten, geht von Christiane Bertram aus, Opfer der Silvesterknallerei aus dem 15. Stock. Vor acht Jahren schlug, wie berichtet, eine Rakete bei ihr auf dem Balkon ein, entzündete eine Liege, die Fensterscheiben barsten, das Feuer breitete sich in der ganzen Wohnung aus. Noch heute ist sie traumatisiert. Den verheerenden Brand hat sie nur knapp überlebt.
„Ich bin fassungslos. Ich habe gehofft, dass irgendein Kompromiss gefunden wird. Aber dass jetzt gar nichts passiert, haut mich um“, sagt Christiane Bertram am Telefon. Sie fühle sich wie ein Luftballon, dem man die Luft abgelassen habe. Ihre ganze Kraft habe sie zusammengenommen, um etwas zu bewirken: „Es ist die Ohnmacht, die uns Anwohner so wütend macht.“ Dabei spreche sie für viele ihrer Nachbarn.
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In der Redaktion haben sich ebenfalls Bewohner gemeldet und Alarm geschlagen. Sie fürchten um ihre Sicherheit. Jedes Jahr aufs Neue schlössen sich meist jugendliche Feiernde auf Reginharstraße und Giselbertstraße zusammen und feuerten zum Teil gezielt Raketen und Böller auf Balkone der Hochhäuser ab.
Und auch, wenn man den Feiernden keine Absicht unterstellt, so können Thermik und Windverhältnisse in den engen Schluchten dafür sorgen, dass Feuerwerkskörper auf Balkone und in Fenster abdriften. Erst letztes Jahr, berichtet ein Wohnungseigentümer aus dem 18. Stock eines Hauses, setzte eine Rakete die Holzverkleidung eines Fensterrahmens in Brand.
Die Parteien im Ausschuss stellen sich alle hinter die Anwohner im Wohnpark. „Die Menschen fühlen sich dort wie im Krieg. Es muss doch eine Möglichkeit geben, die Knallerei einzuschränken“, sagt Markus Bollen (Grüne), „in Nachbarstädten funktioniert das doch auch.“ Fachbereichsleiter Dirk Cürten und seine Mitarbeiter haben die Böllerverbotszonen in den sieben Städten in Nordrhein-Westfallen genau unter die Lupe genommen, die Situationen seien nicht ansatzweise vergleichbar.
Statistik registriert nur zwei Brände in den vergangenen Jahren
Im Wohnpark entsteht kein übermäßiger gesundheitsschädlicher Feinstaub. Es gibt dort keine besonders brandempfindlichen Gebäude. Die Erfahrungswerte von Polizei und Feuerwehr weisen keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. In ihrer Statistik registrierte die Bergisch Gladbacher Feuerwehr seit 2013 nur zwei Brände. Die Kreispolizeibehörde analysierte die vergangenen drei Silvesternächte. Im Ergebnis sei es nicht zu mehr gefährlichen Situationen oder Straftaten durch das Abbrennen von Pyrotechnik gekommen als an anderen Orten in Bergisch Gladbach.
Der Prüfungsaufwand der Verwaltung hat sich nicht gelohnt. „Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Böllerverbotszone im Wohnpark Bensberg sind nicht gegeben“, sagt Cürten.
Polizei soll in Sivesternacht ausreichend Präsenz zeigen
Das Böllern in der Siedlung wird nicht verboten. Die Ausschussmitglieder bedauern sehr, dass ihnen die Hände gebunden sind. Man könne nicht einfach Dinge beschließen und dann warten, bis die erste Klage komme und alles wieder zurückgenommen werden müsse, fasst Andreas Ebert (SPD) das Dilemma zusammen.
Einstimmig wird ein schriftlicher Zusatz verfasst, dass Ordnungsbehörde und Polizei in den Silvesternächten in der Siedlung ausreichend Präsenz zeigen, um zu verhindern, dass Raketen auf Balkone geschossen werden. Mehr ist nicht drin.
Thomas Kunze (Bergische Mitte) wohnt selbst in einem der Hochhäuser. Er betont, dass für Hochhäuser in Bezug auf Brandschutz besondere Anforderungen getroffen werden müssten. Schon jetzt hingen in vielen Hausfluren Zettel, dass alles von den Balkonen weggeräumt werden müsse. Er fordert, dass die Polizei bei ihren Kontrollen die zündelnden Jugendlichen anspreche und nicht nur Streife fahre.
„Jetzt weiß ich nicht, was man jetzt noch tun kann“, sagt Christiane Bertram ernüchtert. Zum Ausziehen sei sie zu alt, meint die Rentnerin. „Wenn andere feiern, sitzen wir mit dem Feuerlöscher in der Hand und haben Angst.“