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„Mehr Flächen gewünscht“Bürgermeister Urbach zum Flächennutzungsplan in Gladbach

Lesezeit 5 Minuten

Lutz Urbach im Gespräch: „Wenn der Plan fertig ist, fängt die Arbeit erst an.“

  1. Der neue Flächennutzungsplan soll am Montag im Stadtrat verabschiedet werden.
  2. Bürgermeister Lutz Urbach erklärt im Interview, was er daran gut findet, wo er die Schwachstellen des Plans sieht und wie er den Protest aus der Bevölkerung erlebt hat.

Bergisch Gladbach – Am Montag wird der neue Flächennutzungsplan im Bergisch Gladbacher Stadtrat verabschiedet. Über Hintergründe und Knackpunkte haben Gisbert Franken und Matthias Niewels vorab mit Bürgermeister Lutz Urbach (CDU) gesprochen.

Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis der F-Plan-Entwicklung im Sinne einer belastbaren Zukunftsperspektive für die Kreisstadt in den nächsten 15 Jahren?

Überwiegend ja. Alle wussten ja vorher, dass das ein sehr aufwendiges und komplexes, auch konfliktbehaftetes Vorhaben sein wird. Ich bin zufrieden, dass sich die ehrenamtliche Gladbacher Politik dieser enormen Aufgabe gestellt hat und sie auch zu einem Ergebnis geführt hat. Das ist nicht in allen Kommunen der Fall, die sich mit der Aufstellung eines neuen F-Plans befassen, und spricht für die Qualität unserer Politiker.

„Überwiegend“ heißt, es gibt einen oder mehrere Haken?

Ich bin mit dem Ergebnis nicht unzufrieden, aber es ist kein Geheimnis, dass ich mir mehr Flächenausweisungen gewünscht habe. Insbesondere im Gewerbebereich. Es hat leider Vorfestlegungen gegeben , die sich am Ende nicht als hilfreich erwiesen haben. Ich denke da etwa an Voislöhe. Das ist objektiv eine der am besten geeigneten Fläche für Gewerbeansiedlung, aber eine breite Mehrheit in der Politik hatte vor der Kommunalwahl zugesagt, die Fläche rauszunehmen und sich daran gehalten. Für die Glaubwürdigkeit ist das gut, für die Stadtentwicklung schlecht.

Was bieten Sie nach der Verabschiedung des FNP einem Unternehmen an, das einen Standort für seinen Betrieb sucht?

Das ist der Punkt: Das Gewerbegebiet Obereschbach ist ausverkauft, das erste Gewerbegebiet, das wir seit Jahrzehnten anbieten konnten. Und es sind überwiegend Gladbacher Firmen, die sich dort angesiedelt haben. Weil ihre alten Standorte zu eng wurden. Die wären sonst abgewandert.

Was ist mit Spitze?

Da hat die Politik sich festgelegt: nur als Interkommunales Gewerbegebiet, weil es natürlich für Kürten die bestgeeignete Fläche ist. Wir sind im Gespräch mit Kürten. Wir haben uns auch um ein kreisweites Konzept bemüht. Wir sind herumgereist und haben auch unter den kommunalen Spitzenbeamten und der Kreisverwaltung eine kreisweite Sicht entwickeln können. Aber leider ist es fast unmöglich eine kreisweite Vereinbarung zu bekommen, weil die Interessenvertreter, Verbände et cetera nicht mitspielen.

Wie sehen Sie die Situation bei den Ausweisungen von Wohngebieten?

Sicherlich bedeutend entspannter als beim Gewerbe, wenn ich auch da gerne mehr im Plan gesehen hätten.

Sind denn 68 Hektar nicht eine stattliche Fläche?

Gewiss, aber ich hätte lieber mehr Spielraum gehabt, denn es gibt ja noch ein Priorisierung und wenn wir dann die Wunschflächen mit den Realisierungsmöglichkeiten nebeneinanderlegen, stellt sich heraus, dass vieles nicht geht oder nicht bald geht. Der Plan ist das eine und die Fakten das andere.

Bergisch Gladbach in Zahlen

83

Quadratkilometer ist die Fläche der Stadt.

33

Quadratkilometer sind von Wald bestockt.

19

Quadratkilometer dienen der Landwirtschaft.

6

Quadratkilometer sind als Straßen und Plätze sowie als Bahnstrecken dem Verkehr gewidmet.

25

Quadratkilometer bleiben als Wohn-, Misch- und Gewerbegebiet.

113 085

Einwohner leben auf diesem Gebiet.

25 570

Gebäude stehen dort.

53 558

Wohnungen gibt es.

Neben Wohn- und Gewerbegebieten ist auch der Verkehr ein Thema des F-Plans. Wie soll die zusätzliche Fläche erschlossen werden?

Mit der Verabschiedung des F-Plans gibt es noch keine Baugenehmigung. Das wird in jedem Einzelfall über einen Bebauungsplan geregelt und in diesem Verfahren muss die Erschließung gesichert werden. Können wir das nicht, kann der B-Plan nicht zur Reife kommen.

Die Initiativen kritisieren, die Verkehrsplanung müsse zuerst erfolgen. Also ein Verkehrskonzept für die Gesamtstadt müsse zuerst aufgestellt werden, bevor einzelne Gebiete angefasst werde können.

Das kann man auch rumdrehen. Ich muss ja zuerst wissen, was ich in einem Gebiet vorhabe, bevor ich sagen kann, wieviel Verkehr da erzeugt wird und ob und wie ich den regeln kann. Die vorgegebene Systematik ist klar: Für Flächen, die im Flächennutzungsplan ausgewiesen sind, können Bebauungspläne erstellt werden. In den Bebauungsplänen muss zwingend die Verkehrserschließung geregelt sein.

Ein besonderes Problem ist die Erweiterung der Firma Krüger in den Neuborner Busch hinein. Ursprünglich wurde das skeptisch gesehen, nun steht es aber im F-Plan drin. Lässt sich die Stadt da vom größten Arbeitgeber erpressen?

So gehen wir nicht mit einander um. Aber wir haben natürlich Arbeits- und Ausbildungsplätze im Auge und auch Gewerbe- und Grundsteueraufkommen. Das Problem ist klar, wir wollen die Möglichkeit, Lösungen zu finden, offenhalten.

Bei den Gegnern des FNP wird überlegt, eine Wählergemeinschaft zu gründen und bei der Kommunalwahl anzutreten.

Ich freue mich über jeden der sich politisch engagiert.

Die Gegner des Flächennutzungsplans kritisieren, dass die 4435 Stellungnahmen der ersten Beteiligungsrunde und 2360 der zweiten seien einfach vom Tisch gewischt worden.

Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben den Entwurf zwischen der ersten und der zweiten Runde um mehr als die Hälfte eingekürzt. Viele Eingaben waren einfach nur Wiederholungen. Unter den viereinhalbtausend ursprünglichen Stellungnahmen waren auch 2830 Serienbriefe oder solche mit Unterschriftenlisten. Man kann es vorsichtig so sagen: Das Maß des Widerstandes steht unmittelbar im Zusammenhang mit der Betroffenheit. Wir haben das Engagement begrüßt und auch gefördert. Wir habe erheblich mehr an Bürgerbeteiligung angeboten als gesetzlich vorgeschrieben. Wir sind froh dass das auch genutzt worden ist.