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LückerathFlüchtlingsheim mit Platz für 286 Menschen – Skepsis und Unterstützung

Lesezeit 4 Minuten

Die Nachbarn interessierten sich für die Container, in die demnächst 160 Flüchtlinge einziehen werden.

Bergisch Gladbach – Noch sperren rot-weiße Flatterbänder die Treppenaufgänge ab. Grober Schotter liegt dort, wo der Kinderspielplatz hinkommt. Ein vier Meter hoher Erdwall dient als Sichtschutz: willkommen im neuen Flüchtlingsheim im Stadtteil Lückerath, das aussieht, als sei es aus grauen Bauklötzen zusammengesetzt. Die Reaktionen der Anwohner beim Tag der offenen Tür reichen von Skepsis bis Unterstützung.

Maximal 286 Menschen können auf dem Gelände an der Bergisch Gladbacher Straße am Lerbacher Wald leben. Die Wohnstätte besteht aus 310 Containermodulen, aufgebaut in drei zweigeschossigen Komplexen „Das sieht aus wie ein Ghetto“, sagt ein Mann.

Sehr eng in der Unterkunft

Man müsse bedenken, unter welchem Druck die Stadt 2015 in der Zeit des großen Zustroms gestanden habe, antwortet Marion Linnenbrink, Pressesprecherin der Stadt: „Wir konnten nicht absehen, wie sich die Situation entwickelt.“

Weitere Mitarbeiter der Stadtverwaltung wie Sozialarbeiterin Claudia Herzog oder Christiane Tillmann, Leiterin der Abteilung soziale Förderung, sind gekommen, um Fragen zu beantworten, sowie Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes, das die Betreuung übernimmt.

Aus Afrika, Afghanistan und dem Iran

Die meisten Besucher wollen wissen, wer einzieht. 160 Menschen aus den Leichtbauzelten in Katterbach sollen nach den Osterferien umquartiert werden: 95 allein reisende Männer und zehn Familien.

Sie stammen aus 29 Ländern, vor allem aus Afrika, Afghanistan und dem Iran, vereinzelt auch aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Für sie sei der Umzug aus der Gemeinschaftsunterkunft ein großer Schritt zu mehr Privatsphäre, sagt Marion Linnenbrink.

Auf 14,7 Quadratmetern gibt es Platz für zwei hintereinander aufgestellte Eisenbetten, zwei Schränke aus Metall, einen Kühlschrank, einen kleinen Tisch und zwei Stühle. Einziger Farbtupfer: ein Mülleimer in Lila. Die Familienzimmer sind doppelt so groß.

Wichtigster Raum ist wohl die Gemeinschaftsküche, wo die Bewohner auf drei Herden selbst kochen können, ein oft geäußerter Wunsch. Dazu gibt es auf jeder Etage für jeweils 50 Bewohner einen Aufenthaltsraum, einen Waschraum mit Waschmaschinen sowie getrennt für Frauen und Männer Duschräume und Toiletten.

„Sehr spartanisch, aber zweckmäßig“, findet Brigitte Klein. Wie Pia Meister wohnt sie in der unmittelbaren Nachbarschaft. Zusammen mit ihren Kindern wollen die beiden Frauen sehen, wie die neuen Nachbarn leben.

Bei anderen Anwohnern bleiben Bedenken. „Es ist doch sehr eng hier“, meint Melanie Kaumanns. Sie gehört zur Bürgerinitiative, die sich vergeblich dafür eingesetzt hat, die Anzahl der Bewohner auf 150 Menschen zu begrenzen, um eine bessere Integration zu erreichen. Sie sagt: „Bis heute fühlen wir uns mit unseren Sorgen nicht richtig ernst genommen.“

Ehrenamtlicher Helferkreis

Eine Sozialarbeiterin der Stadtverwaltung, sieben pädagogische Betreuer des DRK sowie eine medizinische Fachkraft kümmern sich abwechselnd um die Asylsuchenden. Kinder, die noch nicht zur Schule gehen, werden in einem Extraraum betreut.

Einen ehrenamtlichen Helferkreis gibt es bislang nicht. Aber dafür machen einige Besucher konkrete Angebote wie Buja Over, stellvertretende Vorsitzende des TV Bensberg: „Wir haben eigens eine Stelle im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes geschaffen.“ Martin Höhl soll die Menschen im Container-Dorf für die sportlichen Angebote des Vereins interessieren.

Zum Schutz ist das Gelände eingezäunt. Hinzu kommt ein Sicherheitsdienst, der rund um die Uhr vor Ort ist. Um auf das Gelände zu kommen, muss man sich registrieren lassen. Das gilt auch für Kinder, die Spielplatz und Bolzplatz nutzen wollen, die in Kürze noch angelegt werden. Ziel ist es, so Marion Linnenbrink, dass diese Freizeitflächen in Hinblick auf die Integration auch von Kindern besucht werden, die in der Nachbarschaft wohnen.

„Die Registrierung wirkt als Hemmschwelle“, sagt eine Frau beim Hinausgehen. Sie ist skeptisch, dass Nachbarskinder zum Fußballspielen kommen werden. Georg Müller-Frank sieht die Zukunft des Containerdorfs dennoch positiv: „Das wird schon klappen. Wenn wir uns konkret mit den Leuten beschaffen, verlieren wir die Angst vor dem Unbekannten.“

Genehmigung für zehn Jahre

Die Kosten für die Wohnanlage belaufen sich auf 5,4 Millionen Euro. Darin enthalten sind 3,7 Millionen Euro für die Systembauten, 80.000 Euro für die Container der Fahrradwerkstatt und das Büro des DRK, 540.000 Euro für die Erschließungskosten inklusive Bodensanierung, 900.000 Euro für die Sanitär- und Heizungsanlagen sowie 200.000 Euro für die Gestaltung der Außenanlage mit Spielplatz und Bolzplatz. Dazu kommt die Pacht.

Für die Nutzung des 12.300 Quadratmeter großen Grundstücks erhielt die Stadt eine Baugenehmigung für zehn Jahre aufgrund eines Sonderbaurechtes , das seitens des Landes für die Errichtung befristeter Flüchtlingsquartiere eingeräumt wurde. Die Stadt hat die Fläche von der Besitzerfamilie für fünf Jahre gepachtet mit der Option einer Verlängerung auf weitere fünf Jahre.

Zurzeit leben 1446 geflüchtete Menschen in städtischen Unterkünften. Lückerath (286 Plätze) ist nach dem Gustav-Lübbe-Haus (140 Plätze) und dem Containerdorf in Paffrath (150) Plätze die dritte große Unterkunft. Die Leichtbauzelte in Katterbach (380 Plätze) sollen als Puffer vorerst stehen bleiben. Für Lückerath gibt es noch keine ehrenamtliche Helferinitiative. Wer sich engagieren möchte, kann sich bei Gabriele Atug-Schmitz, Koordinatorin für Flüchtlingsarbeit des Kreisdekanats, melden: (0 22 02)

2 51 57 74. (ub)

Gabriele.atug-schmitz@krbk.de